Rostock – VEB Industriekooperation Schiffbau

Am östlichen Rostocker Stadtrand schlummern – etwas versteckt – die Überreste eines in Vergessenheit geratenen Unternehmens.

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Der etwa 50 Meter hohe gemauerte Schornstein ist einer der letzten in Rostocks Stadtbild.

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Bis zum Jahr 1971 zeigte der Name des Unternehmens noch an, was hier hauptsächlich produziert wurde: VEB Isolier- und Kältetechnik Schiffbau Rostock. 1971 wurden verschiedene Betriebe mit dem Kernbereich Isolier- und Kältetechnik zusammengelegt und unter dem Namen VEB Industriekooperation Schiffbau Rostock geführt. Ab 1979 gehörte der VEB Industriekooperation Schiffbau Rostock zum VEB Kombinat Schiffbau und war einer der bedeutendsten Zulieferer für die gesamte Werftindustrie der DDR.

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Am 25. April 1974 vermeldete das „Neue Deutschland“: „Eine neue, im Betrieb hergestellte Schweißanlage hat im VEB Industriekooperation Rostock die Arbeitsbedingungen der Werktätigen und die Qualität der Erzeugnisse weiter verbessert. Das Gerät zieht automatisch gerade Schweißnähte an Blechgehäusen von Schiffsklimaanlagen. In den sechs Betriebsteilen zwischen Thüringer Wald und Ostsee werden Klimaanlagen, Isolierstoffe und Decksplanken für Schiffneubauten gefertigt.

Das in Rostock hergestellte Schiffsklimagerät vom Typ KSG 60-3 wurde in fast jedem Schiffsneubau verbaut.

Zum Produktportfolio gehörten weiterhin:

  • Unter – und Überdeckbelüftungen
  • Elektrische Heizungen (diese wurden in einem Zweigbetrieb in Bad Doberan hergestellt und wurden nicht nur auf Schiffen verbaut, sondern auch in diversen Bunkeranlagen – sozusagen „dual use“)
  • Schiffstüren
  • Decksplanken und schiffbautypische Grobholzerzeugnisse (diese wurden in einem Zweigbetrieb in Sternberg hergestellt)
  • Wand – und Deckenelemente, Feuerschutzplatten
  • Schiffsbautypische Isoliermaterialien
  • Belege für Schiffsdecks auf PUR-Basis und Laderaumbeläge auf Basis von Gussasphalt

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Mit der Entflechtung des VEB Kombinat Schiffbau nach 1990 erfolgte eine Anpassung der Rechtsform an die neuen Gegebenheiten: aus dem VEB wurde eine GmbH, die Isolier- und Klimatechnik GmbH Rostock; Eigentümer war zu 100% die Treuhandanstalt. Statt auf Anpassung an die völlig geänderten wirtschaftlichen Gegebenheiten wurde durch die Treuhandanstalt auf schnelle Privatisierung gedrängt. Mit der Einführung der DM änderte sich die Kalkulationsgrundlage für Bestandsaufträge von einem Tag auf den anderen. Festpreisaufträge waren nun nicht mehr kostendeckend. Dazu fiel fast der gesamte bisherige Kundenstamm weg – hauptsächlich die sogenannten Ostblockstaaten (insbesondere die Sowjetunion als Hauptauftraggeber); diese mussten nun mit Dollar oder Deutscher Mark bezahlen, was sie nicht konnten. Schiffbau-Überkapazitäten im globalen Maßstab, die drastische Reduzierung der Schiffsneubauten auf den noch vorhandenen Werften taten ihr Übriges.

Das Ende kam dann schneller, als viele noch 1989/1990 dachten. Nach fast 30 Jahren Leerstand und mehreren Bränden ist das gesamte Gelände inzwischen völlig heruntergekommen. Inzwischen gibt es Pläne, das Gelände umzugestalten. Erste Abrissarbeiten laufen.

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Quellen:

„Schweißnähte automatisch“, Artikel im Neuen Deutschland, 25. April 1974, Seite 3

Lange, Wolfgang „Kälteanlagen für den Schiffbau der DDR“ Vortrag im Schiffbau – und Schifffahrtmuseum auf dem Traditionsschiff in Rostock für den Schweizerischen Verband für Kältetechnik, 12. Januar 2019

Lütkemeyer, Eva „Gezeitenwechsel an der Ostsee. Die Privatisierung des DDR-Schiffbaus „, in: Deutschland Archiv, 05.06.2020, Link: http://www.bpb.de/311111


wasWoStatus
VEB Industriekooperation Schiffbau Rostock – StammbetriebPetridamm 9-10,
Rostock
Industrieruine, teilweiser Abriss erfolgt
VEB Industriekooperation Schiffbau Rostock – Betriebsteil Schiffsklima-anlagenAm Walkmüller Holz,
Bad Doberan
abgerissen
VEB Industriekooperation Schiffbau Rostock – Betriebsteil Holzbau Brüeler Chaussee,
Sternberg
gewerbliche Nachnutzung

NVA – FRA 4323 Hinrichshagen

Die Bäderstraße, die Rostock mit Graal-Müritz verbindet, führt über mehrere Kilometer durch ein großes Waldgebiet. Bis 1990 waren große Teile dieses Küstenwaldes – Rostocker Heide genannt – militärisches Sperrgebiet. Unter anderem versteckte sich hier auch eine Flugabwehr-Raketenstellung. Die Kaserne (das sogenannte A-Objekt) befand sich unmittelbar an der Straße.

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Anfang der 1960er Jahre wurden die Gebäude errichtet und nach und nach bezogen.  Wie so oft musste auch hier die gesamte Infrastruktur aus dem Boden gestampft werden: Wasser- und Abwasserleitungen, Stromanschlüsse, Telekommunikationskabel, Wärmeversorgung, Straßen, Wege und alles Erforderliche für das fast autarke Leben der Soldaten. Übrig geblieben sind nur die Wohnblöcke für die Offiziere, die sich außerhalb des Kasernenzaunes befunden hatten.

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Man muss sehr genau hinschauen, um noch ein paar kleinere Relikte zu entdecken, z.B. die Hügel der Wasser – und Abwasserkavernen, einen Schachtdeckel oder Reste eines Kettengeländers.

Das eigentliche A-Objekt mit der Technischen Zone fiel schon Anfang der 1990er Jahre dem Abrissbagger zum Opfer.

In unmittelbarer Nähe (und etwas näher am A-Objekt, als sonst üblich) befand sich der Raketenlagerbunker. Dieser wurde nicht abgerissen, sondern nur mit Erde zugeschoben. So erhebt sich heute ein völlig zugewachsener größerer Hügel im Wald, von dem vermutlich nur die wenigsten wissen dürften, was sich darunter verbirgt.

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FRA 4323 Raketenlagerbunker 001

Surreal und deplatziert wirken die Hydranten im Dickicht des Waldes.

In dem Bereich, in dem sich die FB-3 Bunker des Technischen Zuges befanden, sind heute noch kleinere Hügel im Wald erkennbar.

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Auf dem Weg vom Raketenlagerbunker zur ehemaligen Technischen Zone liegt ein undefinierbares Relikt im Wald.

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Von der Technischen Zone blieb nichts übrig. Alles abgerissen. Auf einer großen Waldlichtung steht ein einsamer Strom-Verteilerkasten. Der Verteilerkasten ist neueren Datums, nutz aber sehr wahrscheinlich die ursprüngliche Kabelführung in das ehemalige Objekt. Auf der heute freien Fläche im Wald befanden sich bis 1990 einige Gebäude, die vom Militärischen Forstbetrieb genutzt wurden.

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Auch von diesen Gebäuden blieb fast keine Spur zurück; eine kleine Betonfläche mitten auf der Wiese mutet seltsam an..

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Unscheinbar und gut versteckt findet sich noch der Rest eines befestigten Kellers – das Gebäude oben drüber ist längst verschwunden. Etwas Tarnfarbe ist noch zu erkennen, auch so ein militärischer Forstbetrieb muss ja wenigstens etwas militärisches an sich haben. Der ehemalige Keller dient heute als Fledermausquartier.

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Von der Plattenstraße, die am Waldrand zwischen der ehemaligen Technischen Zone und dem Gelände des militärischen Forstbetriebes vorbei in Richtung Feuerstellung führte, blieb ein breiter Waldweg übrig.

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Der Ausbau der Feuerstellung – mehr als einen Kilometer vom A-Objekt entfernt im Wald auf der anderen Straßenseite – erfolgte in sogenannter Truppen-Eigenleistung.

Lageplan Feuerstellung FRA 4323

Die Stellung wurde 1962 bezogen, damals noch als 3. Flak-Abteilung des Flakregiments-18 (FR-18). Nach intensiver Ausbildung an der bis dahin neuen Technik erfolgte noch im selben Jahr (1962) das erste Raketen – Gefechtsschießen auf dem Staatspolygon in Ashuluk (Kasachstan). Die noch als Luftschutz zusätzlich vorhandene „herkömmliche“ Flak führte das erste Gefechtsschießen ebenfalls 1962 durch, allerdings „nur“ in Zingst auf dem Flak- und Artillerieschießplatz Sundische Wiesen. Beide Gefechtsschießen wurden bestanden; die Abteilung erhielt die Zulassung für das Diensthabende System. Am 25.September 1962 wurde das gesamte FR-18 (also auch die 3. Flak-Abteilung Hinrichshagen) in das Diensthabende System der Luftverteidigung der DDR integriert. Bis zum Jahr 1965 wurde der russische Flugabwehr – Raketenkomplex „Dwina“ genutzt. Ab 1965 wurde die verbesserte Variante vom Typ „Wolchow“ eingeführt – Flug-Reichweite bis zu 80 km. Dieses System war bis 1990 das meistverkaufte Raketensystem der Welt und war bis 1990 im Einsatz.

Eine Spurensuche im Bereich der Feuerstellung ist mühsam, da hier großflächig abgerissen und renaturiert wurde.

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Der Bereich der Zufahrt ist durch seine Erdaufschüttungen noch zu erkennen.

Die Hochspannungs-Sicherungsanlage (HSA), die das Gelände umgab, ist vollständig verschwunden. Einzig die geraden Schneisen im Wald zeigen den ehemaligen Verlauf noch an, zumindest solange sie noch nicht völlig zugewuchert sind. Die Natur hatte inzwischen 30 Jahre Zeit, sich ihr Territorium zurück zu holen.

Am nördlichen Ende der Feuerstellung befand sich wahrscheinlich die Radar-Stellung des Höhenfinders PRW-13. Einige wenige Reste kann man noch erahnen.

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Am westlichen Ende der Feuerstellung befand sich die mobile Richtfunktechnik.

Völlig mit Erde zugeschoben ist die sogenannte Mittelpunktsdeckung. Hier ist nur noch ein großer und bewaldeter Erdhügel zu finden. Hier muss einiges an Erde bewegt worden sein, das Bodenniveau scheint hier heute deutlich höher zu sein, als ursprünglich angelegt.

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Wie viel Erde hier angehäuft wurde, kann man am Zugangstunnel für das technische Personal noch erkennen.

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Südlich von der Mittelpunktsdeckung finden sich dann tatsächlich noch einige Kleinbunker vom Typ FB-3. Am Standort der ehemaligen Raketenleitstation liegen zwei FB-3 mit der Stirnseite aneinander – ein kleines Zugangsbauwerk mit Schleusenbereich ist mittig angeordnet.

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Erstaunlicherweise kann man noch einige kleinere Details erkennen, selbst ein Luftfilter russischer Bauart liegt hier noch herum.

Ungewöhnlich ist eine Art Gang in Richtung Mittelpunktsdeckung, leider fast völlig zugeschüttet. Die Bedeutung ist derzeit nicht bekannt.

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Von oben scheint der Gang mit Betonplatten abgedeckt gewesen zu sein.

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Auch im Bereich der Radarstellung für die Rundblickstation P-18 finden sich noch ein paar Kleinbunker vom Typ FB-3 unter großen Erdhügeln.

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Die taktische Bezeichnung der in Hinrichshagen stationierten Einheiten änderten sich noch einige Male – 1963 wurde aus dem FR-18 das FRR-18 – das Flugabwehr-Raketen-Regiment-18, entsprechend der neuen Technik – den Flugabwehr-Raketen; aus der 3. Flak-Abteilung wurde die FRA-183. Mit der Formierung der 43. Fla-Raketen-Brigade am 1.12.1971 als taktischer Verband wurde aus der FRA-183 die FRA-433. Anfang der 1980er Jahre wurde die neue taktische 4-stellige Nummerierung eingeführt und aus der FRA-433 wurde die FRA-4323. Die Bezeichnung FRA 432x bedeutete, dass diese FRA mit S-75 Raketen (Typ „Wolchow“) ausgerüstet war.

Mitten im Wald ragt noch ein Rohr aus dem Boden. Ob das noch aus der Nutzungszeit stammt, kann man nur vermuten.

Nach dem Ende der DDR und der NVA wurde der Standort formell von der Bundeswehr übernommen und kurz darauf geschlossen. Ab 1994 erfolgten in großem Umfang Renaturierungsarbeiten in der gesamten Rostocker Heide. Die EU spendierte üppige Fördermittel im Rahmen des Konver II – Programmes. Diesen Arbeiten fiel auch das Gelände der FRA – 4323 zum Opfer. Vor Ort erinnert hier nichts an die fast dreißigjährige militärische Nutzung des Geländes.

Rostock – Kaufhaus Schurig

Bis in die 1920er Jahre war Beton ein völlig neuer Baustoff. Er galt als modern und avantgardistisch. Der bekannte Architekt Paul Korff errichtete im Jahre 1910 eines der ersten Rostocker Gebäude in Stahl-Beton-Bauweise. In einer Top-Lage in der Innenstadt.

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Der gelungene Entwurf war von Anfang für die Nutzung als Mode-Kaufhaus ausgelegt. Zunächst betrieb der Kaufmann Franz Schurig hier sein Mode-Warenhaus. 1930 erwarb der Kaufmann Gustav Zeeck das Gebäude und verkaufte hier bis 1945 Teppiche. Durch die schweren Bombardements der Engländer in ihrem Krieg gegen die deutsche Zivilbevölkerung wurde 1942 die Rostocker Innenstadt fast völlig zerstört. Auch das Zeecksche Teppichhaus erhielt Bombentreffer und wurde schwer beschädigt. Nach Kriegsende wurde das Gebäude notdürftig instandgesetzt und wieder als Warenhaus genutzt. In der DDR war es als Warenhaus Konsument bekannt. Nach der Wende und dem Aus für die staatlichen Konsumgenossenschaften der DDR (die die Warenhäuser unter dem Namen „Konsument“ betrieben) zog 1990 ein bekannter deutscher Schuhhändler ein. Anfang der 1990er Jahre erfolgte eine Sanierung des Gebäudes nach Korffs Originalentwürfen. Seit der Insolvenz des Schuhhändlers und der Schließung der Filiale im Jahre 2017 steht das Gebäude leer. Mehrere Anläufe zur Wiederbelebung des denkmalgeschützten Gebäudes scheiterten bisher.

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Rostock – VEB Warnowerft

Rostocks letzter größerer industrieller Lost Place befindet sich in exponierter Lage: gegenüber des heutigen Kreuzfahrerterminals in Warnemünde.

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Auf dem Gelände der ehemaligen Kröger-Werft begann nach dem zweiten Weltkrieg mit einfachsten Mitteln der Bau von Holzkuttern, die allesamt als Kriegsreparation in die Sowjetunion geschafft wurden. Die von den russischen Besatzungstruppen völlig demontierte ehemalige Kröger-Werft wurde nun wieder aufgebaut – unter dem Namen Bootswerft Warnemünde. Bis 1947 war sie Betriebsteil der Reparaturwerft Wismar, im Jahre 1948 wurde dann der VEB Warnowwerft Warnemünde gegründet. Fortan wurden hier nun auch Hochseeschiffe gebaut.

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Der Haupteingang ist seit mehr als 70 Jahren der gleiche, und hat sich wenig verändert.

Die alten Reparatur- und Montagehallen sind noch gut erhalten. In einigen liegt sogar noch Strom an – manche Laufkatze funktioniert noch heute.

Die schiere Menge an Gebäuden und Werkhallen überrascht – ebenso der Zustand der Gebäude. Manchmal scheint es, als wären die Arbeiter nur kurz in der Pause verschwunden.

Dieser Teil des Geländes scheint seit vielen Jahren verlassen und vergessen zu sein. manche Szene scheint aus einem Endzeitfilm zu stammen.

Die Gebäude und der Turm der ehemaligen Werksfeuerwehr sind noch gut in Schuss.

Eine herrliche Aussicht hatte man bestimmt von einem der Funktionsgebäude (vermutlich das ehemalige Betriebsambulatorium)

Beim Volksaufstand am 17. Juni 1953 wurde auch in der Warnowwerft gestreikt, es gab zahlreiche Verhaftungen. Eine der Forderungen der streikenden Werftarbeiter war die Schaffung von Wohnraum. Dies führte im April 1954 zur Gründung der ersten Arbeiter-Wohnungsbaugenossenschaft (AWG) in der DDR: der Arbeiter-Wohnungsbau-Genossenschaft Warnowwerft Warnenünde. Die ersten Wohnungen entstanden auf dem ehemaligen Arado-Flugplatz im heutigen Ortsteil Hohe Düne.

1959 wurden mehrere Werftstandorte zur Vereinigung Volkseigener Betriebe (VVB) Schiffbau zusammengefasst. Aus dieser VVB wurde 1979 das Volkseigene Kombinat Schiffbau Rostock gebildet.

Mit dem Bau des Rostocker Überseehafens 1957 bis 1960 wurde auch der Seekanal für den Hafenanschluss errichtet. Kanalseitig entstanden so auch bei der Warnowwerft neue Kaianlagen, hauptsächlich für Schiffsneubauten. Das alte Hafenbecken wurde nun als Anleger für Reparaturen genutzt.

Wie in sozialistischen Betrieben üblich, musste auch die Warnowwerft für eigentlich staatliche Aufgaben nicht nur die finanzielle Verantwortung übernehmen. Die Warnowwerft betrieb unter anderen eine Betriebs-Poliklinik mit 21 angestellten Ärzten, Kinderkrippen und Kindergärten, Arbeiterwohnheime, Ferienlager, eine große Betriebskantine und war Trägerbetrieb für eine Betriebssportgemeinschaft (BSG Motor Warnowwerft Warnemünde). Lehrlinge wurden an einer betriebseigenen Berufsschule ausgebildet, Schüler aus den Rostocker Polytechnischen Oberschulen wurden in den Fächern „Produktive Arbeit“ und „Einführung in die Sozialistische Produktion“ unterrichtet.

Das ehemalige Lehrgebäude ist eines der neueren Bauten auf dem Gelände, wenn auch heute in einem heruntergekommenem Zustand.

Bis 1986 wurden in der Warnemünder Warnowwerft 320 Schiffe mt insgesamt mehr als 3,5 Millionen Bruttoregistertonnen gebaut.

In Spitzenzeiten fanden mehr als 6.500 Menschen auf der Warnowwerft Arbeit und finanzielles Auskommen. Davon bleiben nach 1990 etwa 500 übrig, nach diversen Privatisierungsversuchen, die den Steuerzahler eine Menge Geld gekostet haben. Manche erinnern sich noch an die verschiedenen Namen, die die traditionsreiche Werft seit dem führte: Kvaerner, Wadan, Aker-Warnowerft, MV-Werften.

Die letzte Nutzung einiger Gebäude schien im Jahre 2017 gewesen sein, als die offshore-Plattform DolWin Gamma hier gebaut und ausgeschifft wurde. Folgeaufträge gab es nicht; es scheint, als hätten die Arbeiter ihre Arbeitsplätze von jetzt auf gleich verlassen – einige Hinterlassenschaften zeugen noch heute davon.

Nun gehört das Gelände dem Bund, der hier ein Marinearsenal unter dem alten Namen Warnowwerft betreiben will.

Noch heute sind einige Kräne, die zu DDR-Zeiten gebaut wurden, in Betrieb.


Wichtiger Hinweis!

Das Gelände ist nicht öffentlich zugänglich und gehörte bis Anfang 2022 zum Betriebsgelände der MV-Werften. Nach der Insolvenz der MV-Werften wurde das Gelände Anfang 2023 offiziell vom Marinearsenal übernommen. Die Begehung des Geländes erfolgte im Jahre 2019 anlässlich eines Tages der offene Tür. Vielen Dank an dieser Stelle an die Organisatoren, das an diesem regnerischem Tag ein kurzer „Blick hinter die Kulissen“ möglich war!


Quellen:

Bruns-Kösters,. Holger „Engpässe in einem sozialistischem Musterbetrieb“, taz (online), 09.02.1990

Janz, Silke „Neuer alter Name: Warnemünde bekommt »Warnowwerft« zurück“, NDR (online), 17.08.2022

Rostock – Kreisbefehlsstand am Güterbahnhof

Unmittelbar am alten Rostocker Güterbahnhof gelegen wurde Angang der 1940er Jahre ein Luftschutzstollen unter einem kleinen Hügel angelegt. Er diente vorrangig dem Bahnpersonal des Güterbahnhofes als Schutz vor Luftangriffen.

Der Stollen wurde etwas später um einen Anbau erweitert und beherbergte den Rostocker Kreisbefehlsstand der Deutschen Reichsbahn.

Nach dem Krieg wurde der Eingang zum Stollen zugemauert – diese zugemauerte Stelle ist noch heute gut zu erkennen.

HRO - Kreisbefehlsstelle Titel

zugemauerter Eingang des Luftschutzstollens am ehemaligen Rostocker Güterbahnhof

Eine Sprengung kam nicht in Frage, zum einen wegen der Lage unmittelbar am Güterbahnhof, zum anderen, weil oberhalb des Hügels Wohnbebauung vorhanden war.

Ob die Kreisbefehlsstelle nach 1945 weiter Verwendung fand (in unmittelbarer Nähe dazu befanden sich die Bezirks- und Kreisleitung der SED), ist nicht mehr herauszufinden.

Der Notausstieg ist zumindest noch gut erhalten und sichtbar.

HRO - Kreisbefehlsstelle Notausstieg

Notausstieg der Kreisbefehlsstelle

Rostock – Autoglas Schutow

Die Zeiten, in denen diese Ecke des ehemaligen Messegeländes ein sehenswerter Lost Place war, sind lange vorbei. Um es deutlich zu sagen: ein Besuch lohnt sich definitiv nicht. Wer jedoch ohnehin vor hatte, einen kleinen Rundgang durch das Schutower Gewerbegebiet zu machen -quasi auf den Spuren des alten Messegeländes – der kann hier ruhig einen Blick riskieren.

HRO - Schutow - Autoglas 02Der heute von viel grün umwucherte Betonklotz beherbergte in der Zeit nach 1989 zunächst eine Kfz-Reparaturwerkstatt mit angeschlossenem Gebrauchtwagenhandel. In der Nachwendezeit waren sowohl Werkstätten als auch Gebrauchtwagen Mangelware; alle wollten ein Auto und gefühlt kaufte sich auch jeder eines, meist als Gebrauchtwagen in oft fragwürdigem technischen Zustand. Als der Autoboom vorüber war, blieb wenigstens das Werkstattgeschäft, zumindest für eine Weile. Die etwas abseitige Lage in einem schon damals völlig herunter gekommenen Gewerbegebiet war schon grenzwertig. Mit dem Entstehen von neuen Autohäusern und somit auch Werkstätten in und um Rostock, verlor diese Werkstatt an Attraktivität und wurde Ende der 1990er Jahre geschlossen.

Heute dienen die Überreste als illegale Mülldeponie, nicht einmal mehr die Graffiti-Künstler wagen sich hierher. Wer einen Blick in das Innere riskieren möchte – hier ist nichts mehr zu sehen. Alles ist ausgeräumt und demoliert; selbst die einst abgehängte Zwischendecke ist inzwischen völlig eingestürzt, die dünnen Stahlseile der Aufhängung hängen wie leblose Tentakel nach unten.

Ob dieser Gebäude – Betonklotz schon vor 1989 hier stand, ließ sich bisher nicht ermitteln, vermutlich ja. Möglicherweise gehörte er zum gegenüberliegenden Heizkraftwerk, das ebenfalls kurz nach der politischen Wende aufgegeben wurde.

Rostock – Luftschutzstollen Dreiwallbastion

Die Rostocker Wallanlagen gehören zur mittelalterlichen Stadtbefestigung und wurden im Laufe der Jahrhunderte mehrfach umgestaltet.

Anfang der 1940er Jahre wurden in den unteren Erdwällen bei der Dreiwallbastion Luftschutzstollen angelegt. Hier handelt es sich um Luftschutzstollen in Hanglage, die sogar noch ein paar Meter tiefer in das Erdreich getrieben wurden. Der Luftschutzstollen diente vor allem dem Schutz der Zivilbevölkerung vor Luftangriffen.

Nach 1989 wurden die teilweise noch zugänglichen Eingänge unzugänglich gemacht und die Anlagen als Fledermausquartier genutzt.

Luftschutzstollen Dreiwallbastion

Ein Blick durch die Fledermaus-Einflugluke. Am Ende des kurzen Ganges befindet sich eine verschlossene Tür.

Rostock – Malix

Eine eher ungewöhnlicher Versuch: eine Cocktail- und Shishabar im Rostocker Statdteil Evershagen. Grundsätzlich eine gute Idee, doch der Standort hat wohl nicht viel hergegeben.

Im Januar 2017 eröffnet und schon wieder geschlossen. Dafür gibt es einen kleinen und versteckten innerstädtischen Lost Place mehr…

 

Rostock – Warnowkai Neptunwerft

Etwas abseits von der Helling und den großen Werfthallen der Neptunwerft schlummert der ehemalige Ausrüstungskai vor sich hin. Klappen im Boden führen zu Ventilen von Erdtanks; Reste von Elektroschaltkästen für die Stromversorgung finden sich in regelmäßigen Abständen.

Neptunwerft - Kaikante

Rostock – Neptunwerft – ehemalige Kaikante und Gleisreste des Bahnanschlusses, im Hintergrund im Wasser Reste des Schwimmdocks

Entlang der Kaikante – auf einer Strecke von etwa einhundert Metern – finden sich noch Reste der Schienenführung für den Kran – und kurz dahinter Reste von Eisenbahnschienen; der ehemalige Gleisverlauf ist im Gelände noch ansatzweise zu erkennen. Hinter einem Zaun rosten die Reste eines demontierten Kranes, der eigentlich unter Denkmalschutz steht.

Geplant war eine Restaurierung und Wiederherstellung der Kaikante – bisher haben die umliegenden Baumaßnahmen diese seit 1991 ungenutzten Relikte verschont.

NVA – Standortübungsplatz Rostocker Heide

Wer heute durch Deutschlands größten zusammenhängenden Küstenwald wandert, stößt mitunter auf skurril anmutende Relikte.

Plötzlich steht der Rest eines größeren Tores mitten auf einer Wiese.Rostocker Heide 01

Oder aus dem Waldweg wird unvermittelt ein breites Stück Betonstraße, das ebenso plötzlich wieder endet.

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Heute weiß kaum noch jemand, das große Teile des östlich von Rostock gelegenen Waldgebietes bis 1990 militärisches Sperrgebiet waren. Von dem insgesamt 5.800 Hektar großen Gebiet wurden zuletzt 2.600 Hektar militärisch genutzt und waren für die Öffentlichkeit nicht zugänglich.

Weit mehr als 20 Millionen Mark der DDR sollen in der Rostocker Heide für militärische Anlagen verbaut worden sein.

Neben diversen kleineren Bunkern befand sich hier auch das Gelände der Flugabwehr-Raketen-Abteilung 4323 Hinrichshagen (mit den drei typischen Objekten: Kasernen- und Wohnbereich, Raketenlagerbereich und Raketenabschußstellung), das Küstenraketen-Regiment 18 mit Kasernen und umfangreichen technischen Einrichtungen sowie drei ausgedehnte Schießplätze. Heute kaum noch zu erkennen,  befanden sich die die Schießplätze versteckt im Wald:

  • zwei an der Wiethäger Schneise zwischen Hinrichshagen und Wiethagen
  • einer bei Rosenort (Nutzung von 1958 bis 1990)

Rostocker Heide 02Baracken standen unmittelbar neben den Schießplätzen – sie dienten der Munitionsausgabe und als Aufenthaltsmöglichkeit für die schießenden bei schlechtem Wetter – geschossen wurde prinzipiell bei jedem Wetter.

Nach dem Ende der DDR und der NVA begann ab 1994 die komplette Renaturierung. Die EU spendierte üppige Fördermittel im Rahmen des Konver II – Programmes. 66 Gebäude wurden abgerissen, 50.000 Quadratmeter Betonflächen wurden beseitigt, 5.8000 Quadratmeter Asbest entsorgt und mehr als 900 Kilogramm Waffenteile und Munitionsreste geborgen. Bunker wurden verfüllt oder zu Fledermausquartieren umgebaut.

Der letzte Schuß in der Rostocker Heide fiel am 21. Dezember 1999 – solange nutzte die Bundeswehr noch einen der ehemaligen NVA-Schießplätze. Heute ist auch dieser verschwunden.

Die Rostocker Heide wurde zum Naturschutzgebiet. Meist muss man sehr genau hinschauen, um die noch vorhandenen Spuren der einstigen militärischen Nutzung zu erkennen.

Manchmal liegt einfach nur Beton im Wald.

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In manchen Bäumen haben sich Soldaten mit den typischen „EK-Ritzungen“ verewigt. EK ist die militär-Umgangssprache für Entlassungskandidat und die Zahlen dahinter gaben an, wann die reguläre Dienstzeit des Betreffenden endete.

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Quellen:
Fox, Christoph „Auf den Spuren der Militärs“, Schweriner Volkszeitung, 28.04.2008
„Das Ende der NVA in Mecklenburg Vorpommern“; NDR info, 09.07.2020