NVA – Nachrichtenbunker FRA 4322 Barth

FRA 4322-10Unscheinbar schaut eine kleine Öffnung aus dem mit dichtem Grün bewachsenen Erdhügel links des Weges.  Halb verschüttet mit Erde und im Sommer durch dichten Bewuchs mit Büschen kaum zu erkennen. Hier, am Rande der Feuerstellung der Flugabwehrraketenabteilung 4322, befand sich der Nachrichtenbunker. Von hier bestand sowohl per Funk als auch per Draht Verbindung zum vorgesetzten Brigadegefechtsstand in Rövershagen und zu den benachbarten Raketenabteilungen. Der Eingang erinnert an den „Standard-Bunkertyp“ der NVA: den FB-3. Inzwischen muss man sich bücken, um hinein zu gelangen. Ein paar Stufen führen hinab. Vom Schleusenbereich ist nichts mehr zu erkennen, die Türen fehlen. Vermutlich hat es gar kein wirkliche Schleuse gegeben – die nackten Betonwände zeigen keinen Hinweis auf irgendwelche Einbauten.

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Unten angekommen entpuppt sich der vermeintliche FB-3 als verwinkelter L-förmiger Bau aus verschiedenen Bunkerteilen. Der FB-3 typische Eingangsbau bildet dabei den querliegenden Kopfbau. Kurz hinter der Treppe befindet sich auf der rechten Seite der Zugang zu einem Bunkeranbau. Er entpuppte sich bei näherer Betrachtung als Bunker russischer Bauart vom Typ SBU. Dieser – ebenfalls aus Fertigteilen gebaute Bunker – war bis zur NVA-weiten Einführung des DDR-Typs FB-3 Mitte der 1960er Jahre ein häufig genutztes Standardbauwerk.

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Auch hier fehlt die Tür. Nur ein Stück braun gestrichener Metallrahmen blieb übrig. Der Blick fällt in einen schlauchartigen Bau. Die gewölbte Deckenkonstruktion ruht auf senkrechten Wandelementen – ein Charakteristikum für den Bunker russischer Bauart – der zwar aufwändiger zu bauen war als der deutsche FB-3, durch seine geraden Wände jedoch etwas mehr Platz bot.

Ein gemauerter Inneneinbau teilt die lange Röhre – der Gang daran vorbei ist recht schmal. FRA 4322-13Hinter der gemauerten Wand befand sich die Rangierverteilung für die Nachrichtentechnik. Die traurigen Hinterlassenschaften von zwei Metallrahmen und einer vergessen Anschaltdose sind alles, was hier übrig blieb. Die klassische Kabeleinführung fehlt hier ebenso – entweder wurden die Kabel direkt auf dem blanken Beton verlegt oder durch einen heute nicht mehr vorhandenen geständerten Holzfußboden geführt. Das gesamte Bauwerk macht einen sehr desolaten Eindruck. Schutt liegt fast überall herum, die Wände sind alle nackt, die Räume des Bauwerkes sind sämtlich ausgeräumt. FRA 4322-17Am Ende der russischen Bunkerröhre erkennt man heute, das die Türöffnung deutlich höher liegt, als das derzeitige Niveau des Fußbodens – dies deutet darauf hin, das hier tatsächlich ein geständerter Holzfußboden verbaut war, der zum einen den Fußboden auf die Türhöhe anhob und zum anderen darunter Platz bot für Kabel und Rohre und sonstige Installationen.

Die Arbeitsplätze der Nachrichtensoldaten (z.B. Fernschreib-Arbeitsplätze und Telefonvermittlung) befanden sich sehr wahrscheinlich entlang der geraden Wände; die Technik befand sich meist auf speziellen Metallregalen.

Die hintere Tür des russischen Bunkers führt in einen separaten und sehr individuellen Anbau, der ebenfalls aus Betonfertigteilen besteht, jedoch kein Standard beim russischen Bunkertyp darstellt. Betonfertigteile, wie sie üblicherweise für den Bau von Splitterschutzstollen auf Flugplätzen Verwendung fanden, bilden hier zwei nebeneinander liegende Kammern.FRA 4322-18

Auch hier weist nichts auf die frühere Nutzung hin – vermutlich handelte es sich hier um den Aufenthalts- und Schlafbereich für die im Schichtdienst arbeitenden Nachrichtentruppen.

Parallel zur russischen Bunker-Röhre und erreichbar vom Haupteingang des Bauwerkes aus, befinden sich weitere Anbauten. Diese sind nur noch gemauert und bestehen nicht aus Betonfertigteilen – die Stahlträger zwischen den Ziegelsteinen sind gut zu erkennen.

Vermutlich war dies eine Art angebauter Unterstand für mobile Technik und die mobile Netzersatzanlage. Die wie ein Garagentor aussehende Zufahrt wurde erst viel später zugemauert, um den Zugang in das Bauwerk unmöglich zu machen.

Der Bunker, Baujahr 1960, war bis zum Ende der Nationalen Volksarmee im Jahre 1990 in Dienst. Nach der Aufgabe des Geländes wurde er sich selbst überlassen und über die Jahre völlig ausgeräumt.

 

7 Gedanken zu „NVA – Nachrichtenbunker FRA 4322 Barth

  1. Hallo, wie erwähnt war ich 82 bis 85 dort. An solch einen speziellen Nachrichrenbunker kann ich mich im Moment nicht erinnern. Könntest Du die Lage in etwa beschreiben?
    Wenn man das Objekt betrat, befand sich links am Eingang ein kleines Wachhäuschen. Kurz darauf kam rechts die Richtfunkstellung. Dies war ein nach vorne offener Unterstand, in der sich der 13 t schwere Sattelauflieger der sowjetischen Richtfunkstation 5 Ja 62 befand. Der Unterstand war bewachsen und nach vorne mit einem Tarnnetz abgehangen. An der Rückseite dieses Unterstandes war ein kleiner „Bunker“ angebaut. Aufgrund fehlender Belüftungsmöglichkeit diente er aber nie dem Aufenthalt von Personen sondern nur als Lager.
    Folgt man der Objekstraße weiter, befand sich dann zur linken Seite eine Unterkunftsbaracke für die Besatzungen der Richtfunkstation und der beiden Funkmessstationen. Eine Funkmessstation (P18) befand sich rechts neben der Straße in etwa auf Höhe der Unterkunftsbaracke. Die andere befand sich auf einem Hügel links hinter der Baracke. Die technische Bezeichnung kenne ich nicht mehr, der Kosename ist nicht genderkonform. 😎.
    Die Straße führte dann einen Bogen beschreibend zum Gefechtsstand.

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    • Vielen Dank! Gut beschrieben. Ich war mir bis jetzt nicht sicher, ober hier tatsächlich „eigene“ Funkmeßstationen im Einsatz waren. Hier würde mich rein interessehalber das Zusammenspiel mit der FuTK in Rövershagen interessieren
      Die Unterkunfts-Baracke ist (natürlich) verschwunden, der Radarhügel dahinter ist aber noch vorhanden, wenn auch stark bewachsen und kaum als solcher zu erkennen. Der Kosename hatte etwas mit „Wackeln“ zu tun in Verbindung mit einem nicht veröffentlichungsfähigen Wort 😉
      Der Nachrichtenbunker liegt links vom Weg in Richtung Gefechtsstand / Führungsstelle – wenn ich mir alte Luftbilder anschaue, würde ich sagen, es muss nach der Unterkunftsbaracke gewesen sein.
      Das Wachhäuschen am Eingang der Stellung ist (natürlich) auch verschwunden, aber die Fahrzeugdeckung für die Richtfunkstation steht noch – halb mit Erde angefüllt, aber noch zu erkennen.
      Falls Du mal wieder „hier oben“ sein solltest, können wir gerne mal eine gemeinsame Runde durchs Objekt drehen 😉

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      • Hallo,
        Den Kosenamen hast Du richtig erkannt 😉.
        Über das Zusammenspiel der Funkmesstechnik mit dem Hauptgefechtsstand in Röverdhagen kann ich Dir leider nichts berichten, da ich damit auch nicht befasst war. Zum Bunkerinnenleben des Gefechtsstandes schreibe ich Dir im anderen Eintrag noch etwas. Aber bitte bedenken, daß Ganze ist 35 Jahre her, da kann einem die Erinnerung auch mal nen Streich spielen.

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      • Hi,

        ich war von 1981 bis 83 genau dort. Die Funkmesstation auf dem künstlichen Hügel, also die Radarstation mit dem etwas unanständigen Spitznamen, das war eine PRW-13, siehe Link unten.

        Sie wurde damals neu eingeführt, also in Betrieb genommen in dem Objekt. Ich gehörte zur ersten PRW-13-Mannschaft dort (die nur aus drei Leuten bestand).

        https://de.m.wikipedia.org/wiki/PRW-13

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  2. Ich habe von 1984- 1986 auf dem Gefechtsstand in Rövershagen als Soldat und Richtfunker gedient und konnte den Bunker auf den Fotos wieder erkennen.

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  3. Hallo Frank, was für eine spannende Entdeckung! Ich habe ja ein bisschen Klaustrophobie, umso besser für mich, dass Du dich hinein getraut hast und ich die Fotos sehen kann 😉. Klasse, was Du dazu recherchiert und geschrieben hast! LG F

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    • Hallo Frauke, vielen Dank für das Kompliment!
      Platzangst sollte man hier nicht haben – dieser Bunker war echt sehr beengt; auch wenn es nicht immer offensichtlich ist: kleine Gefahren lauern überall… hier z.B. an den Resten eines Holzverschlages / einer Tür – da steckten noch Nägel in einer recht „fiesen“ Höhe… oder die teilweise recht geringe Kopfhöhe…ohne entsprechendes Licht sollte man sich jedenfalls nicht in solche Bauwerke begeben! Ich bin immer wieder fasziniert, welche Hinterlassenschaften noch so in unseren Wäldern zu finden sind und welche Geschichte sie erzählen.
      Viele Grüße, der Frank

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