Liegenschaften MfS

Geheimhaltung, Zäune, Stacheldraht, Hochspannungs-Sicherungs-Anlagen, bewaffnete Posten – dies kennzeichnete alle Objekte des Ministeriums für Staatssicherheit. Von vielen Objekten wussten die meisten Menschen nichts. Die Geheimhaltung war immens. Über manche Objekte wurde hinter vor gehaltener Hand gemunkelt: „da drin sitzt die Stasi“… was genau „die Stasi“ dort machte, blieb oft ein gut gehütetes Geheimnis – bis heute.

MfS Postenturm in Waldeck

Man möchte meinen, das alle vom MfS genutzten Liegenschaften und Objekte bekannt sind – dem ist nicht so.

Das Informationszentrum beim Ministerrat der DDR gibt mit Stand 09.03.1990 insgesamt 2.066 Objekte an, von denen zum Stichtag 1.775 geräumt und an „andere Rechtsträger“ übergeben wurden. Nur wenige Seiten weiter – im selben Bericht (!) – ist die Rede von insgesamt 7.729 Objekten. Einen Monat später – am 12.04.1990 – ist schon die Rede von 9.200 Objekten, darunter:

  • 931 Dienst-, Funktions- und Büroobjekte
  • 734 Wohnobjekte
  • 208 Erholungsobjekte (z.B. Ferienheime)
  • 5.380 konspirativ genutzte Objekte in Wohnungen oder im öffentlichen Bereich
  • 89 Sportobjekte (der Sportverein „Dynamo“ war der Sportverein des MfS)
  • 70 spezielle Objekte (unterirdische Führungsstellen – vulgo Bunker – und Nachrichtenzentralen)

Der Grundstückswert alle Objekte wurde auf etwa sechs Milliarden Mark der DDR geschätzt.

Wer geglaubt hat, das sich 85.000 hauptamtliche Mitarbeiter eines weit verzweigten Geheimdienstes so ohne weiteres selbst auflösen und einfach verschwinden, der irrt.

Am 13.03.1990 hält das Informationszentrum beim Ministerrat der DDR beispielsweise fest:

Besonders große Probleme bereitete im Verlauf der Kontrolle zur Auflösung des ehemaligen Amtes [für Nationale Sicherheit] die Neugründung von Betrieben aus dem Stasi-Vermögen, so zum Beispiel der Ingenieurbetrieb für wissenschaftlichen Gerätebau. Dieser Betrieb ist aufgrund eines Ministerratsbeschlusses vom 13. Januar 1990 überhastet und ohne ausreichende Information der Bevölkerung aus mehreren Betriebsteilen des ehemaligen MfS/AfNS gegründet worden. Dieser Betrieb besteht neben seinen drei Hauptwerken

  • Berlin-Köpenick
  • Leipzig-Beucha
  • Berlin-Hohenschönhausen

jeweils mit außergewöhnlicher technischer Ausstattung sowie aus einer Vielzahl kleinerer Produktions- und Lagerstätten. Dazu kommen noch mindestens 16 Erholungsobjekte mit einer Gesamtkapazität von 4.000 Betten, ein Kinderferienlager mit 454 Plätzen sowie eine unbekannte Anzahl Wohngrundstücke.

So entstand […] ein Ingenieurbetrieb […], in dem nach wie vor über 1.500 ehemalige Mitarbeiter des MfS und vor allem seiner nachgeordneten Betriebe aus alter Struktur tätig sind.

Am 08.02.1990 nahm das Komitee zur Auflösung des MfS/AfNS seine Arbeit auf. Das Komitee bestand aus insgesamt 186 Personen (davon gehörten 69 dem ehemaligen MfS/AfNS an), deren Aufgabe es war, den Geheimdienstkraken MfS/AfNS aufzulösen. Zu diesem Zeitpunkt war die Stimmung in der DDR sehr aufgeheizt, verlief die Auflösung des MfS bis dahin doch eher schleppend und wenig transparent.

Alle 15 Bezirksämter der Bezirksverwaltungen (BV) waren bis zum 28.02.1990 aufgelöst.

Die Demontage von Antennen jeglicher Art erfolgte recht zügig – sämtliche Antennen in den Objekten des ehemaligen MfS waren bis zum Ende August 1990 demontiert.

Bei der Übergabe von Dienstobjekten traten zum Teil erhebliche Probleme auf. Die neuen Nutzer hatten finanzielle Schwierigkeiten den Kaufpreis zu bezahlen bzw. waren der Auffassung, das sie diese Objekte unentgeltlich übernehmen können.

Die Liegenschaften des Ministeriums für Staatssicherheit bzw. deren Nachfolgeorganisation (Amt für Nationale Sicherheit) wurden in Übereinstimmung mit dem Einigungsvertrag zum 01.10.1990 der Treuhandanstalt übergeben. Eine Ausnahme bildeten Objekte, die durch das Komitee zur Auflösung des MfS/AfNS bereits an Kommunen zum Zwecke der sozialen oder öffentlichen Nutzung übergeben wurden.

Schon im März 1990 mussten sich die Auflöser des AfNS eingestehen, das sie hinsichtlich der Objekte keine vollständige Übersicht hatten, ebenso wenig wie über die Finanzen. Offiziell liest sich das dann so:

Der Stand der materiellen und finanziellen Abwicklung der Auflösung ist gegenwärtig nicht zu beurteilen, da nur von wenigen Bezirken Angaben vorliegen, die auch nicht ohne weiteres verdichtet werden können. Übersichten über die Erlöse beim Verkauf von Grundmitteln bestehen nicht durchgängig. Entsprechend den in anderen Bezirken getroffenen Aussagen erscheint es zweifelhaft, ob ein vollständiger und exakter Nachweis über die Finanzmittel möglich ist. Ursachen dafür waren schnelle politische Entscheidungen, fehlende oder verspätete zentrale Vorgaben sowie Verluste, die im Prozeß der Auflösung auftraten und aus heutiger Sicht nicht mehr abschätzbar sind

Die Durchdringung mit Stasi-Mitarbeitern war umfassend; in den Truppenteilen der Nationalen Volksarmee hießen die Stasi-Leute „Abteilung 2000“. Je nach Quelle waren zwischen 250 und 2.200 Mann hauptamtlich in sämtlichen Truppenteilen präsent. Erst zum 19.01.1990 waren alle Mitarbeiter der Abteilung 2000 aus den Truppenteilen herausgelöst.

Bis zum 20.02.1990 erfolgte die Auflösung von speziellen militärischen Sperrgebieten des Ministeriums für Staatssicherheit. Von diesen gab es 40 auf dem gesamten Gebiet der DDR (Frankfurt / Oder 18, Potsdam 6, Schwerin 4, Rostock und Magdeburg je 3; Neubrandenburg, Cottbus, Halle, Erfurt, Suhl und Leipzig je 1)

43 Schutzbauwerke (andere Unterlagen gehen von 50 oder von 61 geschützten Objekten aus), sind dem Ministerium für Staatssicherheit zuzuordnen. Darunter auch der Dienstkomplex 5000.

Die territoriale Struktur des Ministerium für Staatssicherheit entsprach der Verwaltungsstruktur der DDR. Die Verwaltungseinheiten der DDR waren seit 1952 Bezirke und Kreise. Ost-Berlin als Hauptstadt der DDR wurde als eigenständiger Bezirk angesehen. In jedem der 15 Bezirke der DDR gab es eine Bezirksverwaltung (BV) des MfS.

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MfS BV Rostock – rückwärtiger Blick auf Neubau und Altbau-Komplex, Mauer und Wachturm-Rest

MfS BV Neubrandenburg 003

  • BV Magdeburg (Georg – Kaiser – Straße / Kroatenweg)
  • BV Potsdam (Hegelallee 6 -10)
  • BV Berlin (Straße der Befreiung)
  • BV Frankfurt / Oder (Otto – Grotewohl – Straße 53)
  • BV Halle (Gimritzer Damm)
  • BV Leipzig (Dittrichring 22 – 24)
  • BV Cottbus (Am Nordrand 45 – gesamter Gebäudekomplex inzwischen abgerissen)
  • BV Dresden (Bautzner Straße 112-122)
  • BV Karl-Marx-Stadt (Kaßbergstraße)
  • BV Erfurt (Andreasstraße)
  • BV Gera (Hermann-Drechsler-Str. 1)
  • BV Suhl (Gebäudekomplex auf dem Friedberg)

Die Leiter der Bezirksverwaltungen waren dem Minister für Staatssicherheit direkt unterstellt. Den Bezirksverwaltungen unterstanden unter anderem die jeweiligen sogenannten Kreisdienststellen (KD).

Es ist davon auszugehen, das jede Bezirksverwaltung des MfS eine Ausweichführungsstelle hatte. Ob die Kreisdienststellen ebenfalls alle eine eigene Ausweichführungsstelle hatten, kann bezweifelt werden; der Leiter der Kreisdienststelle des MfS war zugleich Mitglied der sogenannten Kreis- Einsatzleitung (KEL). Zumindest für die jeweiligen KEL waren Schutzbauwerke vorgesehen, die jedoch bis zum Ende der DDR auch nicht alle gebaut waren. Weitere Details zum DDR-Bunkerbauprogrammm, zu Bunkertypen und Schutzklassen sind hier zu finden.

Quellen

„Protokollvermerk über die Beratung des Leiters des Komitees mit den Mitarbeitern für Objekte des Bereiches Materielle Fragen im Komitee am 24.09.1990“, in Bundesarchiv DO 104/17 (Regierungsbevollmächtigter / Komitee zur Auflösung des Amtes für Nationale Sicherheit der DDR – Handakten des Leiters des Komitees – Eichhorn)

„Aktenvermerk zur Arbeitsberatung mit den amtierenden Leitern der noch in Auflösung befindlichen Diensteinheiten III, VI, VIII vom 10.08.1990“ in Bundesarchiv DO 104/26 (Regierungsbevollmächtigter / Komitee zur Auflösung des Amtes für Nationale Sicherheit der DDR – Handakten des Leiters des Komitees – Eichhorn)

„Zusammenfassung der Abschlussberichte der Regierungsbeauftragten zum Stand der Auflösung der Bezirks- und Kreisämter des ehemaligen Amtes für Nationale Sicherheit , Stand 15.03.1990“ in Bundesarchiv DO 104/26 (Regierungsbevollmächtigter / Komitee zur Auflösung des Amtes für Nationale Sicherheit der DDR – Handakten des Leiters des Komitees – Eichhorn)

„Einschätzung der Lage in den Bezirken in der Zeit vom 09. bis 11.03.1990“, Informationszentrum beim Ministerrat; in Bundesarchiv DO 104/26 (Regierungsbevollmächtigter / Komitee zur Auflösung des Amtes für Nationale Sicherheit der DDR – Handakten des Leiters des Komitees – Eichhorn)

„Bericht über den Stand der Auflösung des zentralen AfNS vom 13.03.1990“, Informationszentrum beim Ministerrat; in Bundesarchiv DO 104/26 (Regierungsbevollmächtigter / Komitee zur Auflösung des Amtes für Nationale Sicherheit der DDR – Handakten des Leiters des Komitees – Eichhorn)

„Bericht über den Stand der Auflösung des MfS/AfNS vom 12.04.1990“, Informationszentrum beim Ministerrat; in Bundesarchiv DO 104/26 (Regierungsbevollmächtigter / Komitee zur Auflösung des Amtes für Nationale Sicherheit der DDR – Handakten des Leiters des Komitees – Eichhorn)

„Zur Auflösung der militärischen Sperrgebiete“; in: Bundesarchiv DO 104/6 (Regierungsbevollmächtigter / Komitee zur Auflösung des Amtes für Nationale Sicherheit der DDR – Handakten des Leiters des Komitees – Eichhorn)

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