Rostock – Hafenbahn Ost

Der gesamte Güterumschlag Rostocks hatte sich vom Mittelalter bis zur Eröffnung des Überseehafens im Jahre 1960 fast ausschließlich im Rostocker Stadthafen konzentriert.

HRO - Stadthafen

Der völlig de-industrialisierte Rostocker Stadthafen heute (Blick vom Kanonsberg Richtung Osten – die markanten Getreidesilos in Höhe Grubenstraße sind gerade so zu erkennen…

Als im Jahre 1847 die Eisenbahn nach Rostock kam, war dies ein absoluter Segen. Die Gleise endeten in Rostock in unmittelbarer Nähe der Innenstadt und unweit vom Stadthafen. Für den einsetzenden Personenverkehr wurde der Friedrich-Franz-Bahnhof errichtet. Primär war jedoch der Bahnanschluss für den Güterverkehr konzipiert. So entstand 1853 nicht nur ein direkter Gleisanschluss zum Rostocker Stadthafen, der direkt durch die Grubenstraße geführt wurde, sondern auch ein Güterbahnhof mit Stückgutboden, Ladestraße, Bahnbetriebswerk nebst Lokschuppen und Drehscheibe.

HRO - Hafenbahn Ost 01

Blick vom ehemaligen Güterbahnhof in Richtung Grubenstraße – auf dem heutigen Fußweg verlief das Gleis der Hafenbahn, vom Güterbahnhof unter der Brücke hindurch in die Grubenstraße

Die Grube war damals ein kleiner stinkender Bach, der die Abwässer zur Warnow transportierte und mittig der Straße verlief. Niemand war böse, als für den Bau des Gleises der Hafenbahn die Grube verrohrt und zugeschüttet wurde.

1889 wurde der westliche Abschnitt der Hafenbahn mit Anschluss an den Rostocker Centralbahnhof in Betrieb genommen.

1911 wurde die Strecke der Hafenbahn weiter nach Osten verlängert – sie führte vor dem Getreidespeicher entlang zur Holz-Halbinsel. 1913 erfolgte die Verlängerung der Hafenbahn in Richtung Osthafen über die eigens gebaute Petribrücke über die Warnow.

In den Folgejahren erlebte der Rostocker Stadthafen einen steilen Aufschwung, Kaianlagen wurden über viele Kilometer befestigt, die Hafenbahngleise wuchsen mit. Der Landtransport war über viele Jahrzehnte von der Eisenbahn dominiert.

1944 kam es zu einem Zugunglück in der Grubenstraße, als die Hafenbahn gegen die damalige klappbare Viergelindenbrücke (vor der Likörfabrik Kranstöver) prallte. Daraufhin wurde die Brücke abgerissen. Erst 60 Jahre später, als nach dem Abbau der Hafenbahn die Grube wieder als oberirdisches Fließgewässer angelegt wurde, erfolgte ein Nachbau der Viergelindenbrücke.

Insbesondere in der Zeit der deutschen Teilung wuchs die Bedeutung des Rostocker Stadthafens noch mehr und erreichte bald seine Kapazitätsgrenze. Dies führte zum Bau des Rostocker Überseehafens, der 1960 eröffnet wurde. Der Überseehafen erhielt einen eigenen Gleisanschluß und einen eigenen Güterbahnhof. Von da an nahm die Bedeutung des Stadthafens und der Hafenbahn stetig ab – insbesondere die Bahnkreuzung über eine der Hauptverkehrsstraßen (Grubenstraße / Am Strande) erwies sich als Verkehrshindernis.

HRO - Grubenstraße

Blick auf die berüchtigte Kreuzung Grubenstraße / Am Strande – hier musste die Hafenbahn die vierspurige Hauptstraße überqueren.

Zwischen 1945 und 1989 war der gesamte Bereich des Stadthafens Sperrgebiet und durch eine Mauer bzw. einen 3m hohen Zaun umgeben. Der Zutritt war streng verboten – das Gebiet des Stadthafens galt schon als Grenzgebiet. An der Einfahrt zum Hafengelände neben dem Getreidesilo stand ein Postenhäuschen, das die einfahrenden Züge kontrollierte.

Zwischen 1960 und 1989 wurden über den Stadthafen Rostock nicht nur Kohle, Holz, Kies und Stückgut transportiert sondern auch militärische Güter für die GSSD.

Mit dem Zusammenbruch der Industrie nach 1989 kam dann schnell das Ende für den Güterumschlag im Stadthafen und damit starb auch die Hafenbahn und letztlich auch der alte Güterbahnhof.

1991 fuhr die letzte Hafenbahn. Mit dem endgültigen Aus des Güterbahnhofes und dem Abschalten der Oberleitung 1994 war die Zeit der Rostocker Hafenbahn und jede Idee einer Nachnutzung endgültig vorbei.

 

2 Gedanken zu „Rostock – Hafenbahn Ost

  1. Hallo Frank, man merkt, Du hast viel Zeit und Mühe in Deine letzten beiden Artikel gesteckt! Sehr interessant geworden und mit Deinen Fotos hat man das Gefühl, mit Dir mitzulaufen ☺. VG

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    • Hallo Frauke, vielen Dank für das Kompliment!
      Ja, so soll es auch sein – ich finde, das ist ein sehr interessantes Stück Stadtgeschichte – leider ist nicht mehr so viel übrig geblieben – ich spiele hier sozusagen den virtuelle Tour-Guide – eine Runde durch die Stadt auf den Spuren der alten Hafenbahn ist eine wirklich schöne Runde, von denen nur wenige um die einstige Bedeutung wissen.

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