GSSD – Seekabelbunker Ahlbeck

Was sich da im Wald unweit des kleinen Städtchens Ahlbeck auf der Insel Usedom versteckt, ist schon echt beeindruckend!

Getarnt durch die Nebensächlichkeit des Ortes, zweigt eine Betonstraße von der Hauptstraße ab. Eine seltsam anmutende Schranke versperrt den Weg, zumindest für den rollenden Verkehr. Diese Schranke ist ein russisches Modell. Der normale Tourist ahnt vermutlich nicht, wohin die unscheinbare Zufahrt führt.

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Zunächst geht es durch das ehemalige Kasernengelände, von dem im Wesentlichen nichts mehr übrig blieb. Einige Lampen stehen seltsam deplatziert im Zufahrtsbereich herum, von der Straße aus schon nicht mehr zu sehen. Plattenstraßen, etwas Zaun, etwas mehr Stacheldrahtverhau und Reste eines Sichtschutzes aus Holz, gestrichen in der typisch russisch – grün-braunen Farbe.

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Seekabelbunker 03Fast schon am Ende des Plattenweges, der sich durch den Wald schlängelt, der Bunkerhügel. Erst zu erkennen, wenn man fast schon davor steht. Unvermutet fällt der Blick auf einen der vier Zugänge.

Was hier vor sich hin schlummert ist die bauliche Hülle eines russischen Nachrichtenbunkers. Hier wurde das Seekabel angelandet, das aus dem russischen Kaliningrad an Polen vorbei direkt nach Deutschland führte. Der Bunker wurde in der relativ kurzen Zeit von 3 Jahren zwischen 1979 und 1981 errichtet und unter großer Geheimhaltung in Betrieb genommen.

Das Bauwerk ist ein 1,5 – etagiges Bauwerk – der Hauptteil des Bauwerkes liegt etwa einen bis zwei Meter niedriger als das Niveau der Zugänge, des Sanitärbereiches und des Bereiches für die Wartungsmannschaft. In den tiefer liegenden Teilen des Bauwerkes steht etwa einen halben Meter hoch Wasser – vermutlich durch die mutwillige Zerstörung der Ventile für die Brauch-, Trink- und Kühlwassertanks.

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Die post-technische Bezeichnung dieser Nachrichtenzentrale war PP2, die russische Seite in Kaliningrad trug die Bezeichnung PP1. Vom Bunker in Ahlbeck aus bestand eine Anbindung per Kabel an die Übertragungsstelle 1 der Deutschen Post in Wolgast. Primär jedoch gingen von Ahlbeck aus die Kabel in das GSSD-interne Kabelnetz ab, das alle wesentlichen russischen Garnisionsstandorte miteinander verband.

Mitte der 1980er Jahre gelang es der NATO, das Ostseekabel anzuzapfen. Als dies bekannt wurde, verlor das Ostseekabel seine strategische Bedeutung. Es wurden meist nur noch belanglose Nachrichten über das Kabel weitergeleitet oder Informationen, die der NATO ohnehin bekannt waren.

Ende der 1980er Jahre erfolgte die nachrichtentechnische Sicherstellung des Bauwerkes durch die 132. Nachrichtenbrigade. Sie war dann auch die Brigade, die nach dem Abzug der russischen Truppen vom deutschen Territorium alle Nachrichtenverbindungen kappte und den Bunker außer Betrieb nahm.

Auch dieser Bunker ist leider völlig ausgeräumt. Hier finden sich nicht mal mehr Waschbecken, Toilettenbecken oder Lichtschalter.

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Nur die zwei schweren Türen der Eingangsschleuse liegen noch herum. Die Drucktüren wurden zwar aus ihren Angeln gehoben, aber durch die beengten Verhältnisse war es den Schrottdieben ohne schwere Technik wahrscheinlich nicht möglich, diese schweren Kolosse aus dem Bauwerk hinaus zu schaffen.

Der lange Zugangstunnel, der einst von zwei gegenüberliegenden Eingängen zur Eingangsschleuse des Bauwerkes führt, ist relative eng und teilweise schon sehr zugemüllt. Ganz typisch wieder diese grüne Farbe an der Wand. Von dem gefliesten Boden ist nicht mehr viel zu erkennen.

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Der Schleusenbereich mit vielen kleinen Kammern führt auf einen kleinen Hauptflur, von dem wiederum viele kleinere Räume beinahe labyrintartig abzweigen. Viele Wanddurchbrüche sind das einzige, was von Kabeln und Lüftungsrohren übrig blieb.

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Blick vom Hauptgang des Wartungsbereiches zum Schleusenbereich

Gerade noch erkennbar ist der ehemalige Sanitärbereich.

Der Hauptgang im Wartungsbereich ist einer der Haupt-Zugänge zur unteren Ebene, die die Nachrichtenbetriebsräume, die Klimablöcke und die Netzersatzanlage beherbergten.

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Irgendjemand hat hier ein provisorisches Deckenkabel verlegt, vermutlich um hier unten Licht zu haben. Auch die eine oder andere bemalte Wand findet sich hier im Labyrinth der Gänge und Kammern. Alles in allem ist das Bauwerk in einem traurigen Gesamtzustand; durch die Wasserschäden ist alles feucht und es riecht muffig. Wirklich schöne Fotomotive bieten sich kaum noch. Dennoch ein interessantes historisches Bauwerk mit kaum bekannter Geschichte.

 

Quellen:
„Ostseekabel und Übertragungsstelle PP2“, veröffentlicht auf der Internetpräsenz Nachrichtenbetriebsamt Punkt de

4 Gedanken zu „GSSD – Seekabelbunker Ahlbeck

  1. Hi,
    die Schranke ist kein Überbleibsel von damals. Die wurde erst vor relativ kurzer Zeit gesetzt, damit Touristen das Gelände nicht zuparken. Die älteren und mittelalten ansässigen Ahlbecker wissen eigentlich alle von dem Bunker, wir waren damals, bevor er mit Wasser volllief, oft da unten und überhaupt viel auf dem Gelände unterwegs als die ganzen Gebäude noch standen. Der Zustand des Bunkers war damals noch so gut, dass man ihn ohne weiteres wieder hätte nutzen können. Schade drum, denn man hätte wirklich was draus machen können…
    Gruß Andy

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  2. Hallo Frank,
    unglaublich, wo irgendwelche Metalldiebe eindringen! Vor allem, dass die diese schweren Türen überhaupt aus den Angeln gehoben bekommen haben..!
    Spannender Bunker von der Geschichte her, und sehr schön von Dir beschrieben/recherchiert!
    Erstaunlich auch hier wieder, dass es ja Leute geben muss, die den Bunker entdeckt haben bzw davon wußten, sich dann Zugang dazu verschaffen konnten und den Gammel auch noch rausgetragen haben. Naja … 😀
    Liebe Grüße!

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    • Hallo Frauke, Danke für das Kompliment. Das Bauwerk fand ich auch sehr spannend. Es ist total faszinierend, was so alles im Wald herum steht und von dem kaum jemand weiß. Wer hat jedenfalls schon von russischen Seekabeln aus der zeit des kalten Krieges gehört, die in einem Tourismus-Hotspot im Wald in einem versteckten Bunker ankommen…. Und das das nach all den Jahren noch zu sehen ist… Bei den Metalldieben habe ich mich schon öfter gefragt, wie man derartige Türen überhaupt aus den Angeln heben kann ohne schwere Technik… die Dinger wiegen einige Tonnen! Leider ist das ein gängiges Bild… völlig ausgeräumte Bunker (und nicht nur die)… ich glaube, die meisten waren recht schnell nach dem Verlassen geplündert. Das sind vermutlich einheimische insider.. wer hat denn im Normalfall schon von solchen Bauwerken gewußt? Und das Anfang bis Mitte der 1990er … Wer weiß denn heute davon… und dabei gibt es heute Internet – aber selbst da findet man im Normalfall ja keine Standorte 😉
      Für mich war das ein spannendes Erlebnis, diesen Bunker gefunden und gesehen zu haben – und wenn dann noch ein wenig zu dessen Geschichte erzählt werden kann, dann ist dieses Bauwerk zumindest hier vor dem völligen Vergessen gerettet 😉
      Viele Grüße aus Rostock
      der Frank

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