Neubrandenburg – Bahnpostamt

Früher, als Fracht noch überwiegend per Schiene transportiert wurde, da gab es sie (fast) in jeder Stadt mit Bahnhof: die Bahnpostämter.

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Hier konnte man allerdings keine Briefe aufgeben, Pakete verschicken oder Briefmarken kaufen. Sie dienten als Logistikzentren (so, wie sie heute auf der grünen Wiese in Autobahnnähe stehen). Hier wurden in der Hauptsache Postsendungen sortiert und verschickt. Ausgehende Post je nach Region in Postsäcke gefüllt, die dann per Bahn in das nächste Verteilzentrum, äh… Bahnpostamt, gingen. Bei den Zügen gab es sowohl reine Postzüge als auch Personenzüge, an die ein separater Packwagen angehängt wurde, in denen die Sendungen im Nahbereich transportiert wurden. Für die Verbindung von Neubrandenburg nach Neustrelitz lässt sich ein regionaler Postzug nachweisen, der Sonntag Nachts verkehrte (Po 2319).

In den 1980er Jahren wurde das Bahnpostamt Neubrandenburg im Fernverkehr vom Güter-Express Gex 2552 Erfurt – Berlin – Neubrandenburg – Stralsund (bzw. in umgekehrter Richtung dann Gex 2553) bedient, der neben Gepäck- und Gütersendungen auch Postsendungen transportierte. Dabei wurden die Wagen separat für die einzelnen Bahnpostämter bestückt. Beim Halt des Zuges in Neubrandenburg wurden die für Neubrandenburg bestimmten Wagen abgekoppelt und die für Erfurt, Berlin oder Stralsund angekoppelt (je nach Zuglauf-Richtung).

Ankommende Sendungen für die regionalen Zustellbereiche wurden dann tatsächlich mittels LKW in die Poststellen gefahren. Die Poststellen fungierten dann als lokale Verteilstellen, wobei nur Briefsendungen und Telegramme an die Empfänger zugestellt wurden. Pakete mussten von den Empfängern in den lokalen Poststellen abgeholt (bzw. aufgegeben werden) – erinnert sich heute in den Zeiten von Internetshopping noch jemand daran?

Die Bahnpostämter befanden sich meist im Bereich des Güterbahnhofes mit straßenseitiger Anbindung bzw. (bei kleineren Bahnhöfen) auch mal im Bahnhofsgebäude selbst. Das Neubrandenburger Bahnpostamt ist recht groß (Neubrandenburg war bis 1990 Bezirks-Hauptstadt) und schließt westlich direkt an das Bahnbetriebswerk an.

Erbaut wurde es Anfang der 1970er Jahre. Für die Entladung von Postsendungen aus den Waggons wurde hier sogar eingehauste und überdachte Bahnsteige errichtet – so waren die Sendungen vor Witterungseinflüssen geschützt. Auch der Schutz vor Diebstahl dürfte durch die (ab)geschlossene Halle deutlich verbessert worden sein. Das gesamte Gelände war durch Zaun, Stacheldraht und Zugangskontrolle gesichert.

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Vermutlich haben hier auch Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit gesessen und Postkontrollen durchgeführt (sprich Briefe mitgelesen, Pakete geöffnet).

Sehr schön erkennt man heute noch die LKW-Verladerampen (rechts daneben die überdachten Bahnsteige).

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Nach 1990 wurden viele der Bahnpostämter recht zügig geschlossen; mit zunehmender Verlagerung der Transportwege von der Schiene auf die Straße verloren sie bald gänzlich ihre Bedeutung. Im Mai 1997 wurde deutschlandweit der Postverkehr auf der Schiene komplett eingestellt.

Seit dem Jahr 2000 steht das Bahnpostamt Neubrandenburg leer und verfällt vor sich hin.

Quellen:

„Städtebaulicher Rahmenplan der Stadt Neubrandenburg“, 2010

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