2021 – Der etwas andere Jahresrückblick

Das Jahr 2021 hatte gerade begonnen, da bekam ich elektronische Post aus der Community. Und die hatte es in sich: Lagepläne von diversen Bunkern – mühevoll handgezeichnet nach vielen (teilweise nächtlichen) Stunden der Erkundung und Vermessung der Bauwerke. Die Fülle der Daten und Dokumente machte mich im ersten Moment sprachlos. Eine Auswahl der Dokumente wird auf den entsprechenden Seiten nach und nach eingearbeitet. Vielen Dank an dieser Stelle an Thomas Schwalger für diese immense Arbeit, für das zur Verfügung stellen der Unterlagen und die Genehmigung, das alles auch hier zeigen zu dürfen! Ganz großes Kino! Der Lageplan für den Typenbau der GSSD Jägerleitstelle wurde auf der GSSD-Bunker-Einstiegsseite schon eingearbeitet.

Nicht nur zum Anfang des Jahres gab es eine Reihe von „silent updates“ auf verschiedenen Seiten meines Blogs. Die inzwischen historisch zu nennenden Polaroid-Bilder aus dem Jahr 1995 von den beiden Feuerstellungen der FRA 4324 und der FRA 4351 in Retschow wurden endlich (und wie im letzten Jahresrückblick 2020 versprochen) in die bereits bestehenden Beiträge eingearbeitet – ich hoffe, es ist gelungen. Recht herzlichen Dank noch einmal an Martin Dostal für diesen Bilderschatz!

Fahrzeugdeckung Raketenleitstation

Fahrzeugdeckung der Raketenleitstation – Zustand etwa 1995 – Bild: Martin Dostal (c), mit freundlicher Genehmigung

Der Beitrag zum FuTB 23 in Pragsdorf musste schon kurz nach der Veröffentlichung aktualisiert werden. Insbesondere konnten Bilder zum alten Gefechtsstand eingearbeitet werden, der sich im Stabsgebäude befand. Bei meinem ersten Besuch des Geländes im Herbst 2020 hatte ich wegen zunehmender Dunkelheit keine Gelegenheit gehabt, hier noch vorbeizuschauen.

FuTB 23 GS alt 03

Den Beitrag zur FRA 4322 in Barth musste ich auch zum widerholten Male anfassen (ich glaube, es war die vierte oder fünfte Aktualisierung). Zum einen gab es einen sehr guten Kommentar aus der Community zu einem Detail der Raketenabschussrampen, das ich sehr gerne korrigierte. Vielen Dank an Torsten Krumm – das war ein gutes Beispiel zur Wichtigkeit von Zeitzeugen! Zum anderen habe ich endlich die Bilder einarbeiten können, die die Reste des ehemaligen Kasernenbereiches zeigen – es blieb so gut wie nichts übrig – die Abrissarbeiten waren hier gründlich.

FRA 4322 Barth - ehem A-Objekt 01

Warum zuerst die Gebäude abgerissen werden, die man schnell und sinnvoll hätte nachnutzen können (Wohn- und Unterkunftsgebäude, Küche und Speisesaal, Kinosaal, Heizhaus, Wasserwerk und ähnliches), wird mir ein Rätsel bleiben. Dieses Phänomen ist mir insbesondere in diesem Jahr oft aufgefallen.

Durch tolle – inzwischen ebenfalls fast historisch zu nennende Bilder – von Thomas Schwalger wurden die Artikel zur FRA 4331 in Barhöft und zum dortigen Gefechtsstand kurz nach der Erstveröffentlichung schon wieder aktualisiert. Thomas´ Bilder erlauben eine kleine Zeitreise, da sie teilweise tatsächlich Details zeigen, die so heute nicht mehr erhalten sind – als Beispiel fällt mir spontan die sogenannte Ehrenwand / Straße der Besten ein, mit den Ergebnissen der Gefechtsschießen und dem heute nicht mehr erhaltenen Wandbild.

FRA 4331 Barhöft A-Objekt 19

Ebenso konnte der Beitrag zum 3. Technischen Beobachtungszug (der ebenso in Barhöft stationiert war) durch die Bilder zum ehemaligen Kasernenbereich ergänzt werden.

FRA 4331 Barhöft A-Objekt 09

Vielen Dank (nun schon zum zweite Mal in einem Artikel) für die freundliche Genehmigung, die Fülle an Material und den sehr, sehr angenehmen e-mail-Verkehr. Vielleicht schaffen wir es ja, eine gemeinsame Tour zu unternehmen. Die Fülle des zur Verfügung gestellten Materials auf den einzelnen Seiten einzuarbeiten, wird mich noch eine Weile beschäftigen. Gerne mehr davon!

Weiter geht es mit silent updates – die haben mich tatsächlich das ganze Jahr gut beschäftigt…

Der Beitrag zur Darßbahn konnte mit einer Streckenkarte bestückt werden – Dank eines Fleißwerkes, das unter der GNU Free License 1.1 (oder höher) veröffentlicht wurde, die das Kopieren, Bearbeiten und Verbreiten erlaubt – Danke an dieser Stelle an Martin Hoffman für den „Historischen Atlas der Eisenbahnstrecken in der Bundesrepublik Deutschland“ (auch wenn die von mir genutzte Version schon etwas älteren Datums ist – immerhin schon aus dem Jahre 2008).

Ein Zufallsfund ermöglicht(e) Einblicke in die Eisenbahngeschichte ganz besonderer Art: ein Kursbuch der Deutschen Reichsbahn aus dem Jahr 1951. So konnten die Beiträge zur Wismar – Karower – Eisenbahn und zur Teterow – Gnoiener – Eisenbahn mit Fahrplänen aus dieser Zeit illustriert werden. Ein schönes Stück Zeitgeschichte, wie ich finde.

Noch ein Zufallsfund, dieses Mal beim Recherchieren in dem reichhaltigen Aktenfundus der  „German Docs in Russia“, führte zu einem kleinen update der Artikel zu den Rostocker Heinkelwerken und zum Heinkelwerk in der Rostocker Bleicherstraße.

Die Fülle der „silent updates“ erklärt, warum die Zahl der neuen Artikel in diesem Jahr nicht so groß war, wie gewohnt, oder von mir selbst gewollt. An Orten, über die es zu berichten gibt, mangelt es nicht – auch Dank der Community und meiner Leserschaft.

Mit Erschrecken musste ich in diesem Jahr feststellen, das die Beobachtungsstelle Stavenhagen-Kölpin still und heimlich abgerissen wurde. Hier verschwand nicht nur ein Relikt des Kalten Krieges, sondern auch ein historisches Details dieser Bauwerke: diese Beobachtungsstelle enthielt noch die beschrifteten Peilscheiben im Originalzustand! In diesem Fall würde ich mir wünschen, das irgendjemand in der Lage war, diese zu retten.

Die markante Baumgruppe auf dem Hügel ist mit der Beobachtungsstelle nun verschwunden – nichts mehr erinnert an diesen Ort! 

Auf der diesjährigen „Verlustliste“ stehen wieder bekannte und unbekanntere Orte:

  • der alte Güterbahnhof in Duisburg (Abrissarbeiten laufen – hier entstehen die Sogenannten „Duisburger Dünen“ – ein Wohn- und Gewerbegebiet mit großzügiger Parkanlage)
  • die Teppichfabrik VEB Halbmond in Oelsnitz (abgerissen)
  • das lange leer stehende Haus des Sports in Warnemünde (komplett entkernt, umgebaut und gesichtslos – auch hier erinnert nichts mehr an die Geschichte dieses Ortes – leider kein Objekt für die Rubrik gelungen)
  • die bekannte und beliebte Tonhalle in Warnemünde (musste einem Neubau weichen) – die mutmaßlich letzten Bilder der Tonhalle:

Nachdenklich macht mich auf jeden Fall der gefühlte Hype um Lost Places – inzwischen haben viele Lokalzeitungen Artikel-Serien zu Lost Places. Schlagzeilen in der Art „Die Top 10 / 15 / der Lost Places in … Berlin / Rostock / Leipzig / Dresden / Hessen / Nordrhein-Westfalen“ (und so weiter und so fort…) konnte man in diesem Jahr recht häufig lesen. Sogar im Fernsehen gibt es eine Dokumentationsreihe mit inzwischen mehr als 50 Folgen, die sich mit der Geschichte vor allem internationaler Lost Places beschäftigt.

Sofern es der geschichtlichen Dokumentation dient, kann dies durchaus nützlich sein – rücken diese Orte und ihre Bedeutung doch wieder in das Bewusstsein der Menschen. Wenn es am langen Ende dazu führt, das weniger abgerissen und mehr erhalten wird, kann dies nur ein Gewinn für alle sein. Viele dieser Orte stehen unter Denkmalschutz – hier einen verantwortungsvollen Umgang zu finden, ist definitiv keine leichte Aufgabe. Mir wurde das (wieder einmal) schmerzlich bewusst, als ich in diesem Jahr einige Guts- und Herrenhäuser besucht hatte, die sich trotz Denkmalschutz in einem mehr als beklagenswertem Zustand befinden.

Ganzkow Gutshaus 03

Wenn dieser „Hype“ nur der „persönlichen Nabelschau“ dient, dann bin ich definitiv kein Freund davon. Im Juli diesen Jahres war eine Karte einer Urbexer-Gruppe, die sich selbst als „Elite“ bezeichnet, mit Locations von Lost Places fast omnipräsent – Downloadzahl über 2 Millionen! Das macht mir Angst. Um die ohnehin schon oft arg gebeutelten Orte. Wenn dann auch noch Familienausflüge zu Lost Places gemacht werden und Familien mit kleinen Kindern ohne entsprechende Ausrüstung in Bunkern herumirren (leider zu oft erlebt), dann ist das eine Entwicklung, die ich nicht gut finden kann.

Überrascht hatte mich im Juli diesen Jahres eine Einladung vom derzeitigen Nutzer einiger Gebäude im Eingangsbereich des ehemaligen Schutower Messegeländes in Rostock

Das brach liegende Gebäude im Eingangsbereich, das zu Zeiten der Messe als Ticketverkaufsstelle und Souvenirshop diente wurde umgebaut und dabei kamen einige Spuren der vorherigen Nutzung(en) zum Vorschein. Hier war ich zum Besichtigen eingeladen und es wurde dabei natürlich etwas gefachsimpelt. Schön, das dieses kleine Gebäude vor dem Verfall gerettet werden konnte!

Bemerkenswert sind die noch erhaltenen charakteristischen Fensterscheiben der ehemaligen Ticketverkaufsstelle. Lange Jahre waren sie hinter Holzplatten verborgen.

Ostseemesse Ticketshop - 01

Im Inneren erinnert wenig an die vielfältigen Nutzungen.

Vielen Dank an Herrn Bauer für die Möglichkeit der Besichtigung!

Das Jahr war natürlich auch reich an Touren – viele Artikel müssen noch geschrieben werden, hunderte von Bildern warten noch auf die Bearbeitung. Es wird auch künftig auf diesen Seiten noch einiges zu lesen und zu entdecken geben.

Ein Blick auf die Seitenstatistik, die mich regelmäßig umhaut im August wurde ich von dieser Meldung überrascht:

100 k Besucher 2021-08-16

Aktuell steht der Zähler bei 44.000 Besuchern mit insgesamt mehr als 121.000 Aufrufen – das ist der Wahnsinn! Dieses Jahr haben damit 24.500 Menschen meine Seite besucht mit mehr als 65.000 Seitenaufrufen! Für diese kleine Seite und ganz ohne Werbung ist das unfassbar!

Weil wir gerade bei der Statistik sind: von den drei meist gelesenen Beiträgen in diesem Jahr waren zwei über militärische Hinterlassenschaften der NVA (und ebenso wie im Vorjahr auch in diesem Jahr die „Dauerbrenner“) FRA 4322 in Barth (Platz 1) und der Standort der 7. TBK in Wustrow (Platz 3). Nur knapp hinter Platz 1 liegt in diesem Jahr der Artikel über das VEB Faserplattenwerk in Ribnitz. Eine wichtige Anmerkung dazu: Der brach liegende Teil des Geländes des ehemaligen Faserplattenwerkes ist Privatbesitz, umzäunt und nicht zu betreten! Dies ist definitiv keine Aufforderung dazu, Zäune zu übersteigen oder zu beschädigen oder sich über das Betretungsverbot hinwegzusetzen! Mein Dank gilt insbesondere auch den vielen Zeitzeugen, die sich im Kommentarbereich zu diesem Artikel zu Wort gemeldet haben!

Zum Schluss dieses etwas anderen Jahresrückblickes bleibt nur noch eines zu sagen:

D A N K E ! D A N K E ! D A N K E ! 

Danke an alle meine Leser, regelmäßige Stammleser oder Spontanbesucher, egal ob Follower oder nicht. Danke für Eure Treue, Eure Kommentare, Euer feedback und Eure likes! Vielen Dank für die vielen ausgetauschten emails, Informationen und Gedanken. Vielen Dank für das Teilen Eurer Erfahrungen und das Mitteilen Eurer Meinung in den Kommentaren! Gerade persönliche Erfahrungen lassen Geschichte lebendig werden.

Allen Verfallsfaszinierten wünsche ich auch im kommenden Jahr viele schöne Touren, gelungene Fotos, und wenig Frust über Vandalismus!

Weiterhin viel Spaß beim Stöbern und Lesen auf meiner Seite sowie beim Entdecken spannender Ort, großer und kleiner.

Bleibt auf jeden Fall gesund!

 

2 Gedanken zu „2021 – Der etwas andere Jahresrückblick

  1. Hallo Frank, es war wirklich sehr interessant, Deinen Jahresrückblick zu lesen – und wie so oft sind wir einer Meinung, was den Hype und den Umgang mit Lost Places anbelangt. Die Karte hat wahrscheinlich inzwischen Gott und die Welt erreicht. Was mich daran am meisten geärgert hat ist, dass sie von einer Zeitschrift veröffentlicht wurde, die rein gar nichts mit Lost Places zu tun hat. Was das sollte, verstehe ich nicht. Vielleicht so damit bezweckt werden, dass alle Orte platt gerannt werden, damit es bald keine mehr gibt. Keine Ahnung. Auch die Medien (da stimme ich Dir voll zu) tragen einen großen Beitrag an der Popularität von Lost Places bei, zumal sie mit internationalen Orten ein „großes Abenteuer für jeden“ suggerieren. Umso schöner, dass Du Deine Orte noch besuchen konntest. Ich hoffe, dass du Deinen Spaß nicht verlierst und wünsche Dir ein gutes, erfolgreiches neues Jahr :). — Lieben Gruß, Frauke

    Gefällt 1 Person

    • Hallo Frauke,
      vielen Dank für die Wünsche zum neuen Jahr – Dir natürlich auch alles Gute und viele schöne Touren und Fotos!
      Noch habe ich den Spaß nicht verloren – was vielleicht auch daran liegen könnte, das mich die Lost Places und das Erkunden der Geschichte dahinter schon gefühlt ewig begleitet.
      Hypes gab es schon immer mal wieder – ich erinnere mich noch gut daran, das Ende der ersten Dekade der 2000er Jahre viele dieser Orte von Geocachern überrannt (und dadurch auch verbrannt) wurden; das hat sich zum Glück beruhigt.
      Stimmt – viele Medien suggerieren einen Hauch von Abenteuer für Jedermann – hoffentlich geht das nicht ins Auge und es kommt nicht zu Unfällen, weil man Familienausflüge (am besten noch in Badelatschen oder high heels) zu diesen Orten unternimmt.
      Ach, es kommt leider auch oft genug vor, das ich bei ausgesuchten Orten zu spät dran bin… manche Orte kenne ich dann auch nur aus der Community – aber deshalb machen wir das ja irgendwie auch: das wenigstens etwas bleibt, auch wenn die Orte schon längst nicht mehr existieren.
      Ich wünsche Dir einen guten Start ins neue Jahr – das Wetter ist ja im Moment nicht besonders einladend für Touren…
      Liebe Grüße
      der Frank

      Gefällt 1 Person

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..