Rostock – VEB Industriekooperation Schiffbau

Am östlichen Rostocker Stadtrand schlummern – etwas versteckt – die Überreste eines in Vergessenheit geratenen Unternehmens.

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Der etwa 50 Meter hohe gemauerte Schornstein ist einer der letzten in Rostocks Stadtbild.

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Bis zum Jahr 1971 zeigte der Name des Unternehmens noch an, was hier hauptsächlich produziert wurde: VEB Isolier- und Kältetechnik Schiffbau Rostock. 1971 wurden verschiedene Betriebe mit dem Kernbereich Isolier- und Kältetechnik zusammengelegt und unter dem Namen VEB Industriekooperation Schiffbau Rostock geführt. Ab 1979 gehörte der VEB Industriekooperation Schiffbau Rostock zum VEB Kombinat Schiffbau und war einer der bedeutendsten Zulieferer für die gesamte Werftindustrie der DDR.

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Am 25. April 1974 vermeldete das „Neue Deutschland“: „Eine neue, im Betrieb hergestellte Schweißanlage hat im VEB Industriekooperation Rostock die Arbeitsbedingungen der Werktätigen und die Qualität der Erzeugnisse weiter verbessert. Das Gerät zieht automatisch gerade Schweißnähte an Blechgehäusen von Schiffsklimaanlagen. In den sechs Betriebsteilen zwischen Thüringer Wald und Ostsee werden Klimaanlagen, Isolierstoffe und Decksplanken für Schiffneubauten gefertigt.

Das in Rostock hergestellte Schiffsklimagerät vom Typ KSG 60-3 wurde in fast jedem Schiffsneubau verbaut.

Zum Produktportfolio gehörten weiterhin:

  • Unter – und Überdeckbelüftungen
  • Elektrische Heizungen (diese wurden in einem Zweigbetrieb in Bad Doberan hergestellt und wurden nicht nur auf Schiffen verbaut, sondern auch in diversen Bunkeranlagen – sozusagen „dual use“)
  • Schiffstüren
  • Decksplanken und schiffbautypische Grobholzerzeugnisse (diese wurden in einem Zweigbetrieb in Sternberg hergestellt)
  • Wand – und Deckenelemente, Feuerschutzplatten
  • Schiffsbautypische Isoliermaterialien
  • Belege für Schiffsdecks auf PUR-Basis und Laderaumbeläge auf Basis von Gussasphalt

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Mit der Entflechtung des VEB Kombinat Schiffbau nach 1990 erfolgte eine Anpassung der Rechtsform an die neuen Gegebenheiten: aus dem VEB wurde eine GmbH, die Isolier- und Klimatechnik GmbH Rostock; Eigentümer war zu 100% die Treuhandanstalt. Statt auf Anpassung an die völlig geänderten wirtschaftlichen Gegebenheiten wurde durch die Treuhandanstalt auf schnelle Privatisierung gedrängt. Mit der Einführung der DM änderte sich die Kalkulationsgrundlage für Bestandsaufträge von einem Tag auf den anderen. Festpreisaufträge waren nun nicht mehr kostendeckend. Dazu fiel fast der gesamte bisherige Kundenstamm weg – hauptsächlich die sogenannten Ostblockstaaten (insbesondere die Sowjetunion als Hauptauftraggeber); diese mussten nun mit Dollar oder Deutscher Mark bezahlen, was sie nicht konnten. Schiffbau-Überkapazitäten im globalen Maßstab, die drastische Reduzierung der Schiffsneubauten auf den noch vorhandenen Werften taten ihr Übriges.

Das Ende kam dann schneller, als viele noch 1989/1990 dachten. Nach fast 30 Jahren Leerstand und mehreren Bränden ist das gesamte Gelände inzwischen völlig heruntergekommen. Inzwischen gibt es Pläne, das Gelände umzugestalten. Erste Abrissarbeiten laufen.

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Quellen:

„Schweißnähte automatisch“, Artikel im Neuen Deutschland, 25. April 1974, Seite 3

Lange, Wolfgang „Kälteanlagen für den Schiffbau der DDR“ Vortrag im Schiffbau – und Schifffahrtmuseum auf dem Traditionsschiff in Rostock für den Schweizerischen Verband für Kältetechnik, 12. Januar 2019

Lütkemeyer, Eva „Gezeitenwechsel an der Ostsee. Die Privatisierung des DDR-Schiffbaus „, in: Deutschland Archiv, 05.06.2020, Link: http://www.bpb.de/311111


wasWoStatus
VEB Industriekooperation Schiffbau Rostock – StammbetriebPetridamm 9-10,
Rostock
Industrieruine, teilweiser Abriss erfolgt
VEB Industriekooperation Schiffbau Rostock – Betriebsteil Schiffsklima-anlagenAm Walkmüller Holz,
Bad Doberan
abgerissen
VEB Industriekooperation Schiffbau Rostock – Betriebsteil Holzbau Brüeler Chaussee,
Sternberg
gewerbliche Nachnutzung

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