Rostock – Bahnhof Schmarl

Schon 1886 wurde zwischen dem Rostocker Central-Bahnhof (heute Hauptbahnhof) durch die Lloyd-Bahn eine Bahnverbindung in das zum Badeort aufstrebende Fischerdorf Warnemünde eingerichtet.

Die Züge fuhren als Vorortzüge in recht dichter Folge; die hohe Bedeutung dieser Strecke wurde tariflich durch Tagesrückfahrkarten berücksichtigt.

Kurz vor Warnemünde zweigte ein Industrieanschlussgleis ab, das von der Arado Flugzeugwerke GmbH etwa ab den 1920er Jahren genutzt wurde.

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Mit dem Baubeginn der Heinkelwerke in Marienehe wuchs die Bedeutung der Strecke noch mehr. 1934 musste die Trassenführung der Bahnstrecke geändert werden – der Flugplatz der Heinkelwerke (der südlich des Dorfes Schmarl entstand) beanspruchte Platz. Das inzwischen nach Rostock eingemeindete Dorf Schmarl bekam einen neuen Bahnhof, der 1938 fertig gestellt wurde. Der Bahnhof Schmarl bekam ein Güterladegleis von 80 m Länge; das Bahnhofsgebäude in Klinkerbauweise beherbergte einen Warteraum, einen Fahrkartenschalter, ein kleines Stellwerk und Räume für die Gepäck- und Expressgutabfertigung.

Ein beschrankter Bahnübergang befand sich unmittelbar neben dem Bahnhofsgebäude.

Anfang der 1960er Jahre begannen die Planungen für eine neue Streckenführung.

Mit dem Bau von großen Plattenbau-Siedlungen entlang der Strecke (insbesondere der Ortsteile Evershagen und Lütten Klein) wuchs die Bedeutung dieser Bahnstrecke noch mehr. Jedoch lagen die neuen Wohngebiete zuweit abseits von der bereits existierenden S-Bahn-Strecke.

1970 wurde bereits eine Stichstrecke von Marienehe (als Abzweig von der Hauptstrecke) nach Lütten Klein eingerichtet. Diese Strecke wurde schrittweise bis nach Warnemünde verlängert, parallel zur „Stadtautobahn“, die weit westlich an Schmarl vorbei lief. Im Bereich des S-Bahn Haltepunktes Warnemünde Werft fädelte sich die Neubaustrecke in die alte Streckenführung ein.

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Haltepunkt Marienehe heute – rechts am Bildrand der Gleisrest, der in Richtung Heinkel-Flugplatz und Schmarl führte. Der Haltepunkt hatte damals keinen solchen Bahnsteig.

1974 wurde die neue S-Bahntrasse Richtung Warnemünde über Lütten Klein dann eröffnet und der Zugverkehr vertaktet.  Die alte Strecke über Schmarl wurde eingestellt und zurückgebaut – der Ortsteil Schmarl war von da an vom direkten S-Bahn-Anschluss abgeklemmt. Ironischerweise begannen 1975 die Bauarbeiten zur Errichtung einer neuen Wohnsiedlung im Bereich Schmarl – die nächstgelegenen Haltepunkte der S-Bahn waren Lütten Klein und Evershagen und nur durch längere Fußwege zu erreichen.

Teile der nördlichen Trassenführung wurden als Rangiergleis (aus Richtung Warnemünde) für die Warnow-Werft genutzt, die ab Anfang der 1950er Jahre auf dem Arado-Gelände errichtet wurde. Teile der alten Bahntrasse sind noch heute zu sehen und enden kurz vor dem Stadtteil Groß Klein.

Ein interessantes Relikt verbirgt sich hinter einem unscheinbaren Schild am Bahnhofsgebäude Schmarl.

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Im Untergeschoß des Bahnhofsgebäudes befand sich nicht nur die MITROPA (das typische Bahnhofsrestaurant), sondern auch der INTERSHOP – ein spezieller Laden, in dem man „Westwaren“ für „Westgeld“ kaufen konnte. Der INTERSHOP wurde bis in die 1970er Jahre von der MITROPA organisiert.

Ab den 1980er Jahren verfiel das Gelände rund um den ehemaligen Bahnhof Schmarl immer mehr. 1999 wurde er durch einen gemeinnützigen Verein wieder hergerichtet. Einige bahntechnische Relikte konnten dabei erhalten werden, auch wenn der heute dort abgestellte Eisenbahnwagen sich auf der ehemaligen Rückseite des Bahnhofsgebäudes befindet.

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Quellen:
Tack, Hans-Georg „Kleiner Bahnhof mit viel Geschichte“, Norddeutsche Neueste Nachrichten, 03.04.2017

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