Liegenschaften NVA

Am 1. März 1956 wurde in der DDR die Nationale Volksarmee (NVA) gegründet. Sie war bis 1962 eine reine Freiwilligen-Armee. Der Gründungstag wurde jährlicher gesetzlicher Feiertag in der DDR.

NVA Tafel Tag der NVA klein

Erhaltene Tafel zum Tag der NVA im Technik-Museum Pütnitz

Die Struktur hat sich (naturgemäß) einige Male geändert. Im wesentlichen bestand die Nationale Volksarmee aus:

  • den Landstreitkräften (in Friedenszeiten geführt vom Kommando der Landstreitkräfte in Geltow – heute: Einsatzführungskommando der Bundeswehr)
  • den Luftstreitkräften (Luftstreitkräfte / Luftverteidigung, in Friedenszeiten geführt vom Kommando der Luftstreitkräfte / Luftverteidigung in Strausberg – heute: teilweise abgerissen und als Gewerbegebiet bzw. als Wohngebiet genutzt )
  • der Volksmarine (in Friedenszeiten geführt vom Kommando der Volksmarine in Rostock – heute: vollständig abgerissen und überbaut)

Offiziell seit 1973 nicht mehr Bestandteil der NVA waren die Grenztruppen (in Friedenszeiten geführt vom Kommando der Grenztruppen in Pätz). Sie unterstanden ebenfalls dem Ministerium für Nationale Verteidigung, galten aber seit 1973 als eigenständige militärische Einheit. Das hatte (natürlich) politische Gründe. Durch den „Schachzug“ der Ausgliederung aus der NVA unterlagen diese Einheiten nicht den im Rahmen von Abrüstungsverhandlungen vereinbarten Obergrenzen von Truppenstärken.

Relativ unbekannt war der Militärische Geheimdienst der NVA, die Militärischen Aufklärung mit Sitz in Berlin-Treptow (Tarnbezeichnung Mathematisch-Physikalisches Institut der NVA).

Unterstellt war die NVA dem Ministerium für Nationale Verteidigung der DDR (mit Sitz in Strausberg). Dem Ministerium gehörte sogar ein russischer General an, denn die NVA war natürlich eingebettet in die Strukturen des Warschauer Vertrages und Bestandteil der 1. Strategischen Staffel, die zum großen Teil aus Truppen der GSSD bestand. Die russischen Truppen waren nach offizieller Lesart die sozialistischen Waffenbrüder. Dies spiegelte sich selbst im Fahneneid wider, den jeder in einer feierlichen Zeremonie leisten musste.

Fahneneid der NVA

Noch erhaltener Fahneneid der DDR im Klubraum der FRA 232 Eichhof – von Einschusslöchern durchsiebt

Bis zu ihrer Auflösung 1990 waren die Standorte ein streng gehütetes Geheimnis. Berichtet wurde darüber nicht. Wenn, dann nur allgemein, so dass keinerlei Rückschlüsse zu ziehen waren. Heute geht man von mehr als 1.000 Objekten an mehr als 500 Standorten aus. Die Geheimhaltung ging soweit, das auf keiner zivilen Karte militärische Objekte verzeichnet waren. Nirgendwo – in keiner Stadt, in keinem Dorf – existierten Wegweiser zu Kasernen oder Hinweisschilder auf militärische Objekte. Zudem waren alle zivile Karten verzerrt und die Koordinaten waren systematisch falsch dargestellt.  Topographische Karten, die Standorte enthielten, waren „Vertrauliche Verschlußsache“ und für die allermeisten Menschen nicht zugänglich.

VVS aufgehoben

Das sich eine gesamte Armee selbst und ohne jeden Zwischenfall vollständig entwaffnete und auflöste (wie in der DDR mit der NVA 1990 geschehen), dürfte weltweit ein einmaliger Vorgang sein. Davon, das die NVA in die Bundeswehr integriert wurde, kann keine Rede sein. 1990 umfasste die NVA etwa 137.000 uniformierte und zivile Personen. In die Bundeswehr übernommen wurden nur 9.000 ehemalige Soldaten und Offiziere der NVA – im Dienstgrad zurückgestuft und für 60% des West-Soldes. Kein einziger General wurde in die Bundeswehr übernommen. Eine der bis heute nicht aufgearbeiteten Ungerechtigkeiten im turbulenten Geschehen rund um die deutsche Wiedervereinigung.

Alle Standorte der ehemaligen NVA wurden zunächst formal von der Bundeswehr übernommen. Offiziell waren es 972 NVA-Liegenschaften¹. Für die allermeisten hatte man jedoch keine weitere Verwendung. Vermutlich lag das unter anderem auch daran, das die meisten Objekte, insbesondere die Kasernen und Wohnobjekte, oft in einem mindestens renovierungsbedürftigen Zustand gewesen sein dürften. „Als die Bundeswehr nach der Wende die Liegenschaften in Ostdeutschland übernahm, äußerten sich viele Offiziere erschüttert über den Gegensatz zwischen den peinlich sauberen und geheizten Panzer- und Flugzeughallen und den schlimmen Sanitärbedingungen der Soldaten.„²

Recht schnell nach der Übernahme durch die Bundeswehr wurden die meisten Objekte geschlossen und oft sich selbst überlassen. 

30 Jahre nach dem Ende der DDR und damit der NVA sind viele Objekte inzwischen abgerissen – renaturiert, wie es im amtsdeutsch heißt. Genügend sind jedoch noch vorhanden, oft vergessen.

Oft genug blieben auch nur Betonplattenstraßen mitten im Wald.

FRA 4321 Abtshagen 03

FRA 4321 – Bereich des Raketenlagerbunkers

Quellen:

¹ Minister für Wirtschaft, Bau und Tourismus der Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern „Antwort auf die kleine Anfrage des Abgeordneten Udo Pastörs zur Schließung von Bundeswehr-Standorten und Konversions-Gemeinden“, Drucksache des Landtages Mecklenburg-Vorpommern Nr. 6/2431, 6. Wahlperiode, 08.01.2014

² Rogg, Matthias „Geschlossene Räume in der geschlossenen Gesellschaft: Das „Objekt“ Kaserne in der Nationalen Volksarmee der DDR“ in: matreierGespräche – Schriftenreihe der Forschungsgemeinschaft Wilhelminenberg, 2005, S. 242 – 259

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