Mit Abstand der größte Bunker in der „Bunkerstadt Alt Rehse“ ist der zentrale Nachrichtenbunker. Im offiziellen Sprachgebrauch war die Rede von Nachrichtenobjekt, oder vom Teilobjekt Null Fünf. Von Bunkern wurde nicht gesprochen.
Nachrichtentechnisch bezeichnet wurde der Nachrichtenbunker aus Gründen der Tarnung und Verschleierung der tatsächlichen Nutzung als Hilfsnachrichtenzentrale (HNZ-51), postalisch (also sozusagen die zivile Bezeichnung) war es die Übertragungsstelle-2 (ÜSt-2) Neubrandenburg. So konnten Schaltaufträge ausgelöst werden, Kabel verlegt werden und sonstige nachrichtentechnische organisatorische Handlungen durchgeführt werden, ohne den wahren Nutzer oder Zweck zu offenbaren.
Für die nachrichtentechnische Erschließung mussten viele Kabel neu verlegt werden; hier war zu Beginn der Bauarbeiten so gut wie nichts vorhanden. Beispielsweise enden die postalischen Sonderkabel SoK 312 und SoK 334 im Nachrichtenbunker Alt Rehse.
Die Kabel wurden nach der Aufgabe der Nutzung zwar alle im Bunker gekappt, dürften im Gelände allerdings noch heute vorhanden sein; ausgegraben hat die niemand.
Wie fast alle Bunker in Alt Rehse wurde auch der Nachrichtenbunker oberirdisch errichtet und später mit Erde angeschüttet. Hier wurden acht Röhren vom Typ FB-75 so verbaut, das sie die Form eines an der Längsseite gespiegelten Kreuzes haben. Genutzt wurden zu Zeiten der NVA ausschließlich die zentralen Röhren der Hauptachse; die zahlreichen Querröhren waren zum großen Teil leer und waren für den Ernstfall zur weiteren Nutzung vorgesehen und vorbereitet. Hier sollten mobile Funktruppen entfalten und für eine backup-Lösung für die drahtgebundene Kommunikation sorgen. Die Tore dieser Querröhren sind alles, was man heute von außen erkennen kann – die Natur hat das gesamte Bauwerk gut verhüllt.
Selbst auf dem Bunkerdach ist kein Durchkommen – brusthohes Gestrüpp und diverser Bewuchs versperren nicht nur die Sicht. Absolut gefährlich: Man sieht nicht, wo man hin tritt. Einen der Notausstiege kann man mit Mühe erkennen…
Das Zugangsbauwerk ist eher unscheinbar und sieht aus wie ein Geräteschuppen aus Holz.
Hinter der hölzernen Eingangstür ist ein sehr kurzer Gang, der nach links abbiegt und vor einer Gittertür endet.
Diese Gittertür konnte im Normalbetrieb nur von innen vom Diensthabenden über einen elektronischen Türöffner geöffnet werden. Zuvor musste man sich telefonisch anmelden; eine Kamera befand sich hinter der Gittertür und überwachte optisch den Eingangsbereich. Kamera und Telefon sind hier natürlich längst verschwunden. Reste der Kabelführung kann man noch erkennen und noch vier Bohrlöcher an der Stelle, an der sich die Kamera befand.
Nach der Gittertür biegt der Gang scharf nach rechts ab und führt in den Schleusenbereich – der eigentliche Hauptzugang in den Bunker.
Die Drucktüren sind hier noch alle vorhanden. Ebenso weitere kleine Details im Schleusenbereich, die sonst in den meisten Fällen nicht mehr erhalten sind. Hier die Halterungen für die Müllsäcke nebst noch erhaltenem Müllsack zur Entsorgung von kontaminierter Ausrüstung und Bekleidung in der Schleuse Nummer 2.
In der Schleuse Nr. 1 sind die Halterungen gerade noch erhalten, dafür existiert das Ablagebrett daneben noch.
Beim Blick zurück in Richtung Haupteingang / Ausgang erkennt man an den Drucktüren noch die Kontakte für die Türüberwachung. Beim Ein- und Ausschleusen waren nie alle Türen gleichzeitig geöffnet; zuerst musste Kammer eins betreten werden; erst nachdem die Eingangsdrucktür verschlossen war, wurde die zweite Tür geöffnet und die zweite Kammer konnte betreten werden. Nachdem auch hier die Zugangstür von Kammer eins verschlossen war, konnte die Zugangstür in das Schutzbauwerk geöffnet werden.
Am Ende des Schleusenbereiches befindet sich rechter Hand die Dekontaminationsdusche (die bei langen Dienstzeiten von der Bunkerbesatzung gelegentlich auch so mitbenutzt wurde) und der Sanitärbereich.
Warmes Wasser wurde hier in einem riesigen Wasserboiler bereit gestellt – wie das Typenschild verrät: Baujahr 1980.
Stark gelitten hat der Sanitärbereich; zumindest sind die Waschbecken alle noch intakt; die Spiegel über den Waschbecken wurden fein säuberlich abmontiert und sind verschwunden. Erhalten geblieben sind erstaunlicherweise die Ablageborde über den Waschbecken – typischer DDR-Look aus Kunststoff in der typischen Farbe.
Ein witziges Detail befindet sich bei den Toiletten: hier hängt noch der originale Vorhang! Eine Tür als Abtrennung gab es nicht. Eine kleine Wand aus Pappe diente als Trennung zur Nachbarkabine, die ebenfalls nur einen Vorhang hatte. Auch der DDR-typische Hochspüler mit der Kette zum Ziehen ist noch erhalten.
Noch auf der oberen Ebene, hinter dem Schleusenbereich links, befindet sich der Filterraum, der durch eine Drucktür zu betreten ist.
Ein weiterer Zugang war über eine Wartungsluke von der Schleusenkammer Nummer Zwei aus möglich.
Der Raum beherbergte den äußeren Bereich der Frischluftzufuhr.
Hier wurden auch die Luftfilter gelagert und bei Bedarf zwischen den Hauptlüfter und das Ansaugrohr angeflanscht. Bei einem der Haupt-Lüfter (L 5.2) ist die für den Filter vorgesehene Stelle gut zu erkennen, da hier der Platz für den Filter nur provisorisch abgedichtet wurde.
Bei einem anderen Lüfter (L 5.3) wurde der Filter durch eine Stück Rohr ersetzt.
Für den Fall, das die automatischen Verschlussventile versagen sollten, konnten die Zuleitungsrohre für die Frischluft auch manuell verriegelt werden.
Die Funktionsfähigkeit der Luftfilter konnte über eine spezielle Leitung getestet werden.
Vom Schleusenbereich führte eine steile Metalltreppe in das Zwischenbauwerk, dass die beiden Hauptröhren des Schutzbauwerkes verbindet..
Am Fuße der Treppe, linkerhand, befand sich der innere der Teil der Belüftungsanlage. Der Zugang ist hier nur durch eine Wartungsluke möglich.
Dieser Raum befindet sich genau unter dem Filterraum und beherbergt den inneren Teil der Belüftungsanlage für das Schutzbauwerk.
Am Fuße der Treppe fällt der Blick in den Eingangsbereich einer Tunnelröhre.
Die Tür links – noch vor dem Zugang in die Tunnelröhre – beherbergt den elektrischen Schaltraum.
Vom Zwischenbauwerk aus geht es nun in die Tunnelröhre. Der Innenausbau des FB-75 ist hier sehr gut erhalten – rechts die Bunkeraußenwand in Halbschalenform.
Hinter der lang gestreckten Innenwand auf der linken Seite verbirgt sich im Raum 7.2 die Übertragungstechnik („ÜT“ abgekürzt) – streng genommen das technische Herz, die eigentliche nachrichtentechnische Übertragungsstelle. An der Innenseite befand sich die gesamte Rangierverteilung.
Auf der gegenüberliegenden Seite – der Bunkeraußenwand – befand sich die Kabeleinführung.
Zwischen der Kabeleinführung und der Rangierverteilung befand sich noch eine Schaltschrankreihe, die heute leider verschwunden ist. Einige Abdrücke im Fußboden kann man noch erkennen.
Man kann noch gut erkennen, dass die Kabel im Bunkerinneren im bzw. unter dem Fußboden verlegt wurden. Die nach außen führenden Kabel wurden alle gekappt, viele Kabel und fast die gesamte Nachrichtentechnik sind inzwischen verschwunden. Insgesamt sieht es ziemlich „wüst“ und heruntergekommen aus.
Trotz der Verwüstung sind noch einige interessante Details erkennbar: druckluftlose Kabelmuffen; die Abdichtungen der Kabel und der Kabeleinführungen; ein 200-Doppel-Ader-Telefonkabelrest mit Bleiummantelung; die Beschriftung für einige Sonderkabel; Kabelverteiler mit Aufklemmschutz; die noch erhaltenen Leistungsübertrager für die Signalverstärkung.
Neben der Übertragungstechnik – im Raum 7.3 befand sich sehr wahrscheinlich der Raum der Telefonvermittlung. Zu sehen ist davon heute nichts mehr.
Im Raum 7.4 befanden sich Funkarbeitsplätze und der Fernschreiber.
Am Ende der Tunnelröhre befindet sich der Aufstieg zu einem Notausgang.
Die Funktion des Raumes hinter der Not-Leiter lässt sich heute nicht ermitteln, es könnte sich hier um den Sozialraum / Speiseraum der im 24-Stunden-Dienst arbeitenden Bunkerbesatzung gehandelt haben.
Ebenfalls am Ende der Bunkerröhre der Zugang zum Kopfbauwerk, in das die leeren Querröhren münden.
Die nach außen führenden Querröhren des Bauwerkes werden heute als Lager genutzt,
Zurück zur Haupt-Treppe und dem Zugang in die zweite Hauptröhre. Rechts von der Treppe die schon beschriebene Wartungsluke zum Lüfterraum unter dem Filterraum.
Noch im Zwischenbau – Blick zur Treppe, linkerhand der Raum mit der Kühl- und Brauchwasseraufbereitung (Raum 1.10). Die gesamte Bunkertechnik (Lüftung, Strom, Wasser, Abwasser) befand sich im sogenannten Zwischenbau zwischen den beiden Hauptröhren des Bunkers. So brauchten die Wartungstechniker nicht in die Nachrichtenbereiche (was die meisten auch nicht durften).
Die Brauchwasseraufbereitung sieht aus, als wäre sie noch vollständig erhalten. Alle Tanks unbeschädigt, die Kabel und Schalttafeln unzerstört.
Der erste Blick in die Bunkerröhre 1 zeigt, das hier der Verfall schon stärker fortgeschritten ist. Teile der äußeren Wandverkleidung sind bereits herunter gefallen und bedecken den Fußboden teils knöchelhoch.
Auffällig sind die Gittertüren vor allen Räumen. Dieser Teil des Bauwerkes war Sicherheitsbereich. Hier befanden sich die Arbeitsräume der sogenannten Spezialnachrichten – SND, oder auch nach der russischen Bezeichnung, SAS genannt.
In vereinfachter Umschrift Sasekretschiwanije Awtomatitscheskoje Swjasi – in etwa zu übersetzen mit Automatische Chiffriergeräte. Als Bestandteil des Nachrichtenwesens bestand die Aufgabe des SAS- und Chiffrierdienstes (so eigentlich die offizielle Bezeichnung in der DDR) in der Gewährleistung der gedeckten Truppenführung über Nachrichtenverbindungen. Praktisch wurden entweder Nachrichten direkt chiffriert oder verschlüsselt oder codiert übertragen – über Fernsprechverbindungen, Fernschreibverbindungen; über Funk-, Richtfunk oder kabelgebundene Verbindungen; mobil oder stationär. Die „SAS-Truppen“ waren eine geheime „Truppe“ innerhalb der Nachrichtentruppe. Die Geheimhaltung war so groß, das selbst heute kaum jemand darüber spricht. Nicht nur die Geheimhaltung war groß, auch die Paranoia – deshalb auch die Gittertüren hier vor den Arbeitsräumen. Doch damit nicht genug: vor den Türen befanden sich noch dicke Vorhänge, die zugezogen sein mussten, bevor die Tür geöffnet wurde. Es durfte kein Unbefugter auch nur einen Blick werfen können auf Unterlagen oder Technik. Erstaunlich, das die Halterungen für die Türvorhänge noch heute erhalten sind.
So ganz durchdacht war das Sicherheitskonzept wohl nicht. Die Sicherungen für diesen geheimen Sicherheitsbereich befanden sich auf dem Flur. Hier hätte man recht einfach allen den Strom abschalten können. Zumindest war der Sicherungskasten plombiert – die Reste kann man an der rechten Seite noch erkennen.
Der Diensthabende Offizier des Bauwerkes (wahrscheinlich eher der DNZ, der Diensthabende der Nachrichtenzentrale) hatte ebenfalls sein Dienstzimmer in diesem Bereich – im Raum 2.2. Zu sehen ist davon heute nichts mehr außer einem leeren Zimmer.
In den anderen Räumen befanden sich Arbeitsplätze für die SAS-Fernschreiber und SAS-Fernsprecher nebst separaten Räumen für die Technik; der Chiffrierraum und eine kleine Kurierzentrale, in der Fernschreiben aufgenommen und ausgegeben wurden. Das erfolgte durch eine spezielle Klappe, die sogenannte VS-Luke. Neben der Kurierzentrale befand sich der Bereich der Fernschreiber.
Ein kleiner Werkstattbereich für einfache Reparaturen befand sich wahrscheinlich ebenfalls unter den Räumlichkeiten.
Auffallend ist der noch heute gut erkennbare besondere Schallschutz in diesen Räumen. Dafür gab es besondere Vorgaben, die Abhören verhindern sollte.
Der allgemeine Zustand der Räume ist jedoch eher schlecht.
In der Übertragungstechnik in der Bunkerröhre Eins war sogar noch ein Telefonverteiler für den Bereich SND beschriftet. Damit sich niemand auf die Telefonleitung „aufklemmen“ konnte, waren die Kontakte mit einem entsprechenden Schutz versehen.
Am Ende der Bunkerröhre befindet ich wieder ein Aufgang zu einem Notausstieg und der Zugang zum Kopfbauwerk, in den die Querröhren münden.
In einer dieser Querröhren befindet sich noch ein Zugang zum Notausstieg (derselbe Notausstieg, wie im SAS-Bereich).
Die Röhren sind leer und man schaut von hinten auf die Eingangstore.
Die hin und wieder anzutreffenden phosphoreszierenden Türkennzeichnungen stammen aus der Zeit der Bundeswehr – Nutzung.
Seit dem 01. Juli 1998 steht die Bunkeranlage leer und wartet auf eine sinnvolle Nachnutzung.