Ein eher unbekanntes Kapitel der jüngeren deutschen Geschichte. Die Armeesportvereinigung „Vorwärts“ (ASV) mit ihren lokalen Armeesportgruppen (ASG).
Die Nationale Volksarmee NVA der DDR wurde am 01. März 1956 gegründet; im Oktober 1956 wurde die Armeesportvereinigung „Vorwärts“ gegründet. In den einzelnen Standorten der NVA wurden lokale Armeesportgruppen (ASG) oder Armeesportklubs (ASK) gebildet.
Innerhalb der NVA wurde zwischen Dienstsport, Freizeit- / Breitensport und Leistungssport unterschieden. Der Dienstsport (Militärische Körperertüchtigung – MKE) war planmäßiger Bestandteil der Ausbildung jedes NVA-Angehörigen.
Sowohl der Breitensport als auch der Leistungssport (21 Sportarten wurden gefördert) gehörten zu den Aufgaben der ASV. Nicht wenige Leistungssportler der DDR trainierten (finanziert von der NVA) in Trainings- und Leistungszentren der ASV, beispielsweise Birgit Fischer (mehrfache Olympiasiegerin im Kanu), Wolfgang Hoppe (mehrfacher Olympiasieger im Bobsport) oder Henry Maske (Boxweltmeister), um nur einige zu nennen.
Die wichtigste Basis für die zentralistisch organsierte ASV waren die lokalen Armeesportgruppen (ASG), von denen zuletzt etwa 4.400 (vor allem im Breitensport) aktiv waren. Zu den beliebtesten Wettbewerben im militärischen Breitensport gehörte der Wettbewerb „Stärkster Mann der NVA“; die Zeitung „Volksarmee“ veranstaltete jedes Jahr eine Leserumfrage und suchte den „Armeesportler des Jahres“ – der letzte Titel ging 1989 an die Rennrodlerin Susi Erdmann.
Die Armeesportgruppe ASG Vorwärts Goldberg wurde wahrscheinlich mit Bezug der Goldberger Kaserne im Jahre 1964 gegründet. Alle Armeeangehörigen waren obligatorisch Mitglieder der ASV. Gestartet ist die ASG Vorwärts Goldberg mit den Sektionen „Fußball“ und „Volleyball“ – beide Sportarten waren – gerade im Freizeitsport – sehr beliebt. Während sich die Soldaten und Unteroffiziere im Dienstsport mit dem ungeliebten 3.000 m-Lauf und Kraftsport herum quälten, sah man die Offiziere oft auf dem Volleyballplatz.
Wann die Sektion „Kanu“ der ASG Vorwärts Goldberg gegründet wurde, lässt sich heute nicht mehr ermitteln. Die Lage der Kaserne unmittelbar am Goldberger See war geradezu prädestiniert für eine Wassersportart; warum die Wahl auf „Kanu“ fiel und nicht auf „Rudern“ hat wahrscheinlich mit Präferenzen einiger Armeeangehöriger zu tun.
Für die Sektion „Kanu“ wurde unmittelbar am Ufer des Goldberger Sees ein Trainingszentrum errichtet. Bauzeit etwa Ende der 1960er / Anfang 1970er Jahre. Die Bauarbeiten wurden in Eigenleistung durch das Pionierbataillon-8 (PiB-8) ausgeführt – die Pioniere hatten ebenfalls ihren Sitz in der Goldberger Kaserne.
Markant ist die heute noch erkennbare Gegenstromanlage.
Sie befindet sich in dem einzigen Massivhaus auf dem Gelände.
Alle anderen Gebäude – eher Bungalows – wurden in einfacher Bauweise aus Holz gebaut.
Treppen und kleine Wege verbanden die Bungalows. Durch die Lage an einem kleinen Hang hatten einige der Bungalows bestimmt einen schönen Seeblick; heute hat sich die Natur fast alles vom Gelände zurück geholt.
Im Sommer (speziell in der Ferienzeit) wurde das Gelände auch als Kinderferienlager genutzt.
Noch erhalten blieb auch der hölzerne Unterstand für die Kanus.
Die ASV als Organisationsform für den Breiten – und Leistungssport der Armeeangehörigen und ihrer Familienmitglieder überlebte die DDR und die NVA nur kurz. Am 31. Januar 1991 löste sich die ASV selbst auf.
Zu diesem Zeitpunkt war der Kasernenstandort Goldberg und die ASG Vorwärts Goldberg mit seinen drei Sektionen Fußball, Volleyball und Kanu schon Geschichte.
Das Gelände des Trainingszentrums fiel dem Vergessen anheim. Unklar dürfte hier auch die Rechtsnachfolge sein. So verfällt hier unbemerkt ein kleines Stückchen deutscher Geschichte in idyllischer Lage.
Quellen:
Biewald, Dietrich „Pioniere der 8. Mot. Schützendivision im Bild“, 2016
Weber, Frank „Sportversorgung des Massen-, Nachwuchs – und Breitensports der ASV Vorwärts“, 2012 (Veröffentlichung des Verbandes zur Pflege der Traditionen der Nationalen Volksarmee und der Grenztruppen der DDR e.V.)
Wittek, Heinz Günther (Generalmajor a.D.) „Die Armeesportvereinigung Vorwärts (ASV) der NVA der DDR“, 2012 (Veröffentlichung des Verbandes zur Pflege der Traditionen der Nationalen Volksarmee und der Grenztruppen der DDR e.V.)
was | wo | Status |
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Kanu – Trainingszentrum ASV Goldberg | Goldberg | verfallendes Gelände |