Splitterschutzzellen

Splitterschutzzellen, Ein-Mannbunker, Brandwachstand – es gibt verschiedene Bezeichnungen für diese „Kleinst-Schutzanlagen“.

Ich bin versucht zu sagen: typisch deutsch – gab es auch für Splitterschutzzellen (so die tatsächliche offizielle Bezeichnung) eine gesetzliche Regelung: die
„Richtlinien für den Bau von Splitterschutzellen und -schränken“.
Sie wurden in der Fassung von September 1943 vom Reichsminister der Luftfahrt am 12.11.1943 veröffentlicht und in Gesetz- und Verordnungsblättern öffentlich bekannt gemacht.
Hierin heißt es unter anderem:

„A Allgemeines.

  1. Splitterschutzzellen dienen dem Aufenthalt eines oder mehrere Beobachtungsposten während eines Luftangriffes. Sie schützen gegen Splitter von Sprengbomben, Volltreffer von Kleinstabwurfmunition und Bautrümmer. Zellen für mehr als 4 Personen sind nicht zugelassen.

B Gesamtgestaltung

2. Es sind ortsfeste oder versetzbare Ausführungsformen möglich.“

Geregelt wurden unter anderem Mindestanforderungen für die zu verwendenden Baustoffe, Bauformen und Abmessungen. Diese Richtlinie galt im Wesentlichen für den Werkluftschutz und den erweiterten Selbstschutz von Betrieben.

Deshalb findet man diese Bauwerke häufig in und bei Industriebetrieben.

Wie viele Splitterschutzzellen bis zum Kriegsende 1945 insgesamt gebaut wurden, wird sich nicht ermitteln lassen – vermutlich einige Hundert, wenn nicht sogar noch mehr.

Je nach Hersteller der Splitterschutzzellen variieren die einzelnen Bauformen etwas.  Deutsche Herstellerfirmen waren unter anderem:

  • Bayerisches Beton- und Eisenbetonwerk GmbH (München)
  • Brenner & Co. Zementwarenfabrik (Bonn)
  • Dortmund – Hörder – Hüttenverein AG (Dortmund)
  • DYWIDAG Dyckerhoff & Widmann KG (Cossebaude)

Bauhöhe: 2,36 m

Lichte Höhe: 1,81 m

Innen-Durchmesser: 1,09 m

HRO-FIKO-Splitterschutzzelle 03

In der DYWIDAG Produktbeschreibung aus dem Jahr 1941 heißt es:
„Die Zelle besteht aus einem ringförmigen Hauptteil mit Boden von 15 cm Wand- und Bodenstärke. Der ringförmige Hauptteil hat gemäß Vorschrift der Reichsanstalt der Luftwaffe für Luftschutz eine doppelte Stahlbewehrung, und zwar innen vier Matten Baustahlgewebe von 50 x 50 mm Maschenweite und 5 mm Drahtstärke und außen eine Matte Baustahlgewebe mit 200 x 200 mm Maschenweite und 5 mm Drahtstärke. Innere und äußere Bewehrung sind durch Verbindunsgeisen von 5 mm Drahtstärke miteinander verbunden. Der Boden enthält eine kreuzweise Bewehrung aus Stahl Dm 8 und 15 mm, die mit der Armierung des Ringes fest verschweißt ist.

Splitterschutzzelle WiesenwegRing und Boden werden in einem Arbeitsgang im Rüttelverfahren hergestellt, wodurch eine innige Verbindung zwischen beiden Teilen gewährleistet ist. Nach oben wird der ringförmige Hauptteil durch eine kegelförmige Kappe von 13 bis 48 bzw. 53 cm Stärke abgeschlossen, die eine kreuzweise Bewehrung aus Stahl Dm 8 mm aufweist. Durch die so ausgebildete Kappe wird auch nach oben hin ein besonders guter Splitterschutz gewährleistet. Die Kappe wird getrennt mitgeliefert und muß nach dem Aufstellen auf dem ringförmigen Hauptteil verschraubt werden. Es sind zu diese Zweck im ringförmigen Hauptteil sechs Bolzen, gleichmäßig auf den Umfang verteilt, einbetoniert. Die in der Kappe für die Verschraubung vorgesehenen Aussparungen müssen nachträglich, ebenso wie die Fugen, mit Zementmörtel vergossen werden.

HRO-FIKO-Splitterschutzzelle 02Im ringförmigen Hauptteil sind eine bzw. zwei gegenüberliegende Schlupftüren aus stahlbewehrten Beton von 60 x 80 cm Lichtweite etwa 40 cm über Zellunterkante vorgesehen, wobei die zweite Tür bei evtl. Verschüttung als Notausstieg gedacht ist. Die Türen können sowohl von innen als auch von außen durch Riegel verschlossen werden.Außerdem sind in etwa 1,65 m Höhe über Bodenkante zwei gegenüberliegende splittersichere Sehschlitze von 2 mm Höhe vorgesehen.

Die Zelle muss nach dem Aufstellen gegen Kippen durch Verankerung mit dem Fußboden oder Fundament gesichert werden. Es befinden sich hierzu im Zellenboden sechs auf den Umfang gleichmäßig verteilte, durchgehende Löcher von ca 35 mm Dm. Die zur Verankerung erforderlichen Schrauben und Stahlplatten werden nicht mitgeliefert; sie müssen den örtlichen Verhältnissen entsprechend bauseitig angefertigt werden“

  • Fa. Carl Grab (Ludwigshafen)
  • Fa. Dietelgesellschaft mbH (Wien)
  • Fa. Dipl.-Ing. Karl Walter  Spezialbaugeschäft (Berlin – Dahlem)
  • Fa. H. Lüning & Sohn (Bremen)
  • Gebrüder Menk OHG (Westerburg)
  • Klöckner-Werke AG (Osnabrück-Eversburg)
  • Leonhard Moll Betonwerke GmbH & Co. KG (Hannover)
  • Nordwestdeutscher Betonbau Otto Höhne (Bremen)
  • Preußag – Züblin Schleuderbetonrohr GmbH (Schönebeck/Elbe)
  • TEAN Gesellschaft für technische Anlagen (Wien)
  • Westermann & Co. Betonwerk (Hannover)

Splitterschutzzellen gab es vermutlich überall in Europa – die Bauarten variieren da natürlich völlig.

Quellen:

Foedrowitz, M. „Einmannbunker. Splitterschutzbauten und Brandwachenstände“, 2007

Reichsminister der Luftfahrt; „Richtlinien für den Bau von Splitterschutzellen und -schränken“; veröffentlicht im Reichsarbeitsblatt, Teil 1 (RArbBl. I 7), 1944

Reiß, T. „Relikte des 2. Weltkrieges“, o.D., o.O.


Splitterschutzzellen – Wiesbaden

Bisher konnten in Wiesbaden noch vier Splitterschutzzellen lokalisiert werden: Nr. 1 liegt unbeachtet in der Wiesenstraße herum – hier dürfte es sich nicht um den originalen Standort handeln. Wie die Splitterschutzzelle (sehr wahrscheinlich Bauart DYWIDAG) hier her gekommen ist, ließ sich nicht ermitteln. Äußerlich ist sie noch recht gut erhalten, wenn auch leider sehr zugemüllt. Bemerkenswert…

weiter lesen…

Splitterschutzzelle – Elstal

Am gesicherten Zufahrtsbereich zum Olympischen Dorf von 1936 im brandenburgischen Elstal befindet sich diese Splitterschutzzelle in 6-eckiger Bau-Ausführung. Das olympische Dorf wurde anlässlich der in Berlin stattfindenden Olympischen Sommerspiele in den Jahren 1934 bis 1936 gebaut. Als Nachnutzer statt von Anfang die Wehrmacht fest – in unmittelbarer Nähe befand sich der Truppenübungsplatz Döberitzer Heide. Die…

weiter lesen…

Splitterschutzzelle – Enspel

Im stillgelegten und begehbaren Teil des ehemaligen Basaltsteinbruches  der Adrian Basalt GmbH & Co. KG auf dem Stöffel in Enspel ist noch dieses Exemplar einer Splitterschutzzelle erhalten. Wie in Steinbrüchen üblich, bot auch dieses Bauwerk Schutz bei Sprengarbeiten. Die Einstiegsöffnung liegt auf der dem Steinbruch abgewandten Seite.     zur Hauptseite Splitterschutzzellen

weiter lesen…

Splitterschutzzelle – Bad Marienberg

Im ehemaligen Basaltsteinbruch Marienberg I der Westerwaldbrüche AG (Bonn) befindet sich noch dieses Exemplar einer Splitterschutzzelle. Sie bot Schutz vor Gesteinssplittern bei Sprengarbeiten im Steinbruch. Die Türöffnung befindet sich an der dem Steinbruch abgewandten Seite. Der Herkunftsnachweis (das „Typenschild“) ist noch zu erkennen, es wurde gleich in den noch feuchten Beton gestempelt: Gebr. Menk Westerburg / Nassau…

weiter lesen…

Splitterschutzzellen – Rostock

In Rostock konnte ich bisher drei Splitterschutzzellen lokalisieren. Nr. 1 befindet sich auf dem Gelände der FIKO in Marienehe – da das Fischereikombinat (FIKO) erst nach 1945 auf dem Gelände der Heinkelwerke gebaut wurde, könnte es sich bei diesem „guten Stück“ noch um ein Überbleibsel der Heinkel-Werke handeln. Bei der Bauart dürfte es sich um…

weiter lesen…

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..