Malchin – Bahnhof

Der wirtschaftliche Aufschwung der Stadt Malchin beschleunigte sich sehr stark, als die Stadt endlich an das Eisenbahnnetz angebunden wurde. Gerade die kleineren Städte abseits der Bahn-Hauptstrecken kämpften um den Anschluss ihrer Städte an das moderne Verkehrsnetz. Welche Bedeutung die Eisenbahn für Malchin hatte, sieht man auch daran, das zum ersten Spatenstich für den Baubeginn der Bahnverbindung von Güstrow nach Neubrandenburg über Teterow und Malchin der damalige Malchiner Bürgermeister zugegen war. Der erste Spatenstich erfolgte im April 1862, schon kurze Zeit später, am 25.11.1864 erfolgte die feierliche Eröffnung der 87,7 km langen Strecke. Man vergleiche dies gerne mit heutigen Bauzeiten!  Malchin hatte nun nicht nur Anschluss an Güstrow und Neubrandenburg, sondern auch an die große weite Welt – über Neubrandenburg nach Stettin und über Güstrow und Bützow nach Hamburg und Berlin. Am Tag der Streckeneröffnung wurde auch das prächtige Bahnhofsgebäude Malchins eröffnet.

Malchin Bahnhof 001

Es galt als eines der schönsten Bahnhofsgebäude im Norden Deutschlands. Zunächst hatte sogar die Verwaltung der Großherzoglichen Friedrich Franz Eisenbahn seinen Hauptsitz in Malchin – in einem ebenso prächtigem Verwaltungsgebäude gleich neben dem Bahnhof. Beide Gebäude hatte der Schweriner Architekt W. Voss als „reichen Ziegelrohbau mit Renaissance-Formen“1) geplant. Die Wartesäle des Bahnhofes galten zwar als einfach, aber geschmackvoll dekoriert.

Malchin Bahnhofshotel 009

Die Bedeutung des Malchiner Bahnhofes wuchs mit der Eröffnung weiterer Strecken: 1879 nach Waren und 1907 nach Dargun (über Neukalen). Malchin war so zum Kreuzungsbahnhof geworden.

Malchin Bahnhof 008

Unmittelbar neben dem Bahnhofsgebäude befand sich die zunächst 460 Quadratmeter Lagerfläche1) umfassende Güterabfertigung, die ständig erweitert wurde. Der Güterumschlag hatte hier eine große Bedeutung; Malchin hatte einen Binnenhafen und in der Folgezeit siedelten sich weitere Betriebe an.

An das Bahngelände grenzte eine Maschinenwerkstatt an, die „mit den neuesten Werkzeugsmaschinen“1) ausgestattet war.

1876 wurde die Zugsicherungstechnik auf der Strecke verbessert. Bahnhofsabschluss-Telegrafen wurden vor die Einfahrtsweichen versetzt und mit Zugvorrichtungen versehen für eine Bedienung aus der Ferne. Der Bahnhof Malchin und seine Nachbarbahnhöfe Teterow und Stavenhagen wurden mit Läutwerken versehen2) .

Ebenfalls 1876 wurde im Empfangsgebäude eine Bahnmeister-Wohnung eingerichtet.

Für das Jahr 1913 sind am Bahnhof Malchin ein Stationsvorsteher I. Klasse, ein Güterexpeditionsvorsteher, ein Eisenbahnsekretär, zwei Eisenbahnpraktikanten, zwei Eisenbahnassistenten, drei Telegraphisten I. Klasse, ein Telegraphist II. Klasse, ein Güterbodenmeister, sechs Weichenwärter, drei Hilfsweichenwärter, ein Rangiermeister, ein Dampfpumpenwärter und ein Stationsnachtwächter verzeichnet.

1916 waren schon neun Weichenwärter am Bahnhof Malchin tätig, dafür nur noch zwei Telegraphisten I. Klasse.

Gleich neben dem Dienstgebäude der Eisenbahn befand sich ein Wasserturm.

Malchin Bahnhof 002

Das Personen- und Güterverkehrsaufkommen wuchs in den Kriegsjahren des zweiten Weltkrieges noch einmal beträchtlich an. Die verschiedenen Rüstungsunternehmen brauchten Arbeitskräfte, die landwirtschaftlichen Güter benötigten Erntehelfer. Alle waren auf die Bahn als Transportmittel angewiesen. Kurz vor Kriegsende verunglückte im Bahnhof Malchin ein Lazarettzug. Bei diesem Unglück starben 22 Menschen. Den zweiten Weltkrieg und den Malchiner Stadtbrand am 30. April und 01. Mai 1945, der die gesamte Innenstadt vernichtete, überstand der außerhalb des Stadtkerns gelegene Bahnhof relativ unbeschadet.

Von 1945 bis 1961 wuchs das Verkehrsaufkommen im und um den Bahnhof Malchin beträchtlich. Viele Gleise der Hauptstrecke von Rostock nach Berlin waren als Reparationsleistung demontiert worden, so dass der Bahnverkehr nur über die Nebenstrecke Güstrow – Malchin – Neubrandenburg geführt werden musste. Auch die Stadt Waren war wegen der Demontage der Mecklenburger Südbahn nur über Malchin zu erreichen. Eine große Zäsur stellte dann – wie bei vielen Strecken – die Zeit nach 1989 dar. Verkehrsströme verlagerten sich zusehends auf die Straße, Industriebetriebe verschwanden.

Am 01.Juni 1996 endet der Bahnverkehr auf den Nebenbahn-Strecken nach Waren (Müritz) und nach Dargun (über Neukahlen). Zum Ende des selben Jahres stellt das Reichsbahnausbesserungswerk, das seit 1864 seinen Sitz in unmittelbarer Nähe des Bahnhofes hatte, ebenfalls den Betrieb ein.

Der Bahnhof Malchin hat, ebenso wie die Strecke von Neubrandenburg nach Güstrow, weiter an Bedeutung verloren. In den Jahren 2020 und 2021 wurde das zweite Gleis im Bahnhof demontiert, der Mittelbahnsteig entfernt. Somit können im Bahnhof Malchin keine Zugkreuzungen mehr stattfinden. Das Land Mecklenburg-Vorpommern und die Bahn schieben sich gegenseitig den „schwarzen Peter“ zu.

Quellen:

1) Osthoff, Georg „Osthoff´s technische Reisebücher. Norddeutschland“, Leipzig, 1880

2) [Hrsg.] Verein Deutscher Eisenbahnverwaltungen „Deutsche Eisenbahn – Statistik für das Betriebs – Jahr 1876“, 28. Jahrgang, Berlin, 1878

„Großherzoglich Mecklenburg-Schwerinscher Staatskalender“, herausgegeben vom Großherzoglichen Statistischem Amt, Schwerin, 1913

„Großherzoglich Mecklenburg-Schwerinscher Staatskalender“, herausgegeben vom Großherzoglichen Statistischem Amt, Schwerin, 1916

Gerke, Kirsten „Pro-Bahn kritisiert Streckenumbau in Malchin“, Nordkurier, 01.06.2021 (online)

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