VEB Futtermittelwerk A. (Teil 2)

Dies ist der zweite Teil der Serie über das VEB Futtermittelwerk A. Der erste Teil der Dokumentation zu diesem Ort beinhaltete viel Hoffnung. Hoffnung darauf, dass dieser Ort noch möglichst lange in diesem phantastischen Zustand erhalten bleibt . Die Hoffnung währte ganze drei Monate. Dieser Teil der Dokumentation zeigt, wie schnell ein unberührter und gut erhaltener verlassener Ort verwüstet werden kann.

Ein Gastbeitrag von Alexander Köhler


Zur Erinnerung: das VEB Futtermittelwerk A. war einst ein Industriestandort in einem sehr guten Zustand. Ein unscheinbarer Lost-Place, dem leider innerhalb von kurzer Zeit ein großer Teil seines Charmes genommen wurde.

Nach drei Monaten statteten wir dem Futtermittelwerk einen erneuten Besuch ab. Von außen waren keine neuen Veränderungen zu erkennen – außer dass der Eingang zum Futtermittelwerk „bearbeitet“ wurde.

Bereits im Erdgeschoss waren verbrannte Dokumente zu sehen und die Versuche, Plastikflaschen und deren Inhalt anzuzünden.

VEB Futtermittelwerk A 216

Die Plastik-Flaschen sind die (aus dem ersten Teil bekannten) Behälter für die Rückstellproben und waren in der darüber liegenden Etage fein säuberlich in Schränken einsortiert. Über die Bodenluken wurden sie heruntergeworfen – warum auch immer.
Hier der ursprüngliche Aufbewahrungsort der Probenbehälter – Kontrastprogramm!

VEB Futtermittelwerk A 208

VEB Futtermittelwerk A 010

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Das Büro als ehemaliges Highlight wurde leider komplett verwüstet:

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Der gut sortierte Schreibtisch existiert leider auch nicht mehr

Ebenso wurden die Bilder an der Wand zerstört – die Scherben sind noch auf dem Boden zu finden. Genauso wie die Reste des Computers. Leider muss spätestens jetzt von mutwilliger und bösartiger Zerstörungswut ausgegangen werden.

VEB Futtermittelwerk A 248

Wieso man dieses schöne Relikt so zerstören kann, wird sich uns nie erschließen.

Weitere Räume wurden von Vandalen durch gewaltsames Öffnen von verschlossenen Türen zugänglich gemacht. Besonders markant und dreist: das Tatwerkzeug steht noch im Gebäude – wer bringt so etwas mit auf eine Erkundungstour?

VEB Futtermittelwerk A 256

Der nun geöffnete Bereich verbirgt Maschinenräume, die größer sind, als wir im ersten Moment erfassen können.

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Die angrenzenden Büros wurden leider ähnlich verwüstet wie das Büro im Hauptgebäude.

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VEB Futtermittelwerk A 270

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Unzählige Unterlagen, Akten und Dokumente aus den letzten 40 Jahren sind hier verstreut. Silobelegungspläne des Rohstofflagers aus den 1990er Jahren liegen auf dem Tisch, teilweise aus Aktenordern herausgerissen.

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An der Wand – fein säuberlich mit Streifen von Heftpflastern befestigt – hängt die Terminplanung der SED-Betriebsparteiorganisation für das Jahr 1978 (Dokument auf dem Bild anonymisiert). Die Heftpflaster kleben da seit 45 Jahren!

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Im selben Nebengebäude lauert hinter einer unscheinbaren Tür am Ende des Raumes mit der Beschriftung „Vorsicht Absturzgefahr“ eine der größten Gefahren:

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Hinter der Tür befand sich vermutlich einmal der Aufzug für diverse Rohmaterialien. Nach einem schmalen Steg geht es großflächig mehrere Stockwerke in die Tiefe. Bei Dunkelheit herrscht hier größte Gefahr!

VEB Futtermittelwerk A 224

Der gesamte Ort bietet noch einiges mehr, als in diesen beiden Beiträgen gezeigt werden konnte. Viele Dokumente und Maschinen sind zum Glück noch erhalten geblieben. Die Frage ist: wie lange?

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Dieser Beitrag soll zeigen wie schnell aus einem „Urbexer-Paradies“ ein weniger schöner Lost-Place wird. Die Hintergründe hinter der Verwüstung werden wir wohl nie verstehen. Hat die Verwahrlosung und Zerstörung einmal angefangen, ist sie kaum noch aufzuhalten, höchstens zu verzögern. An dieser Stelle daher nochmal unser Appell: Achtet bitte darauf, mit wem ihr die Koordinaten teilt – ansonsten können die Lost-Places ganz schnell so aussehen.

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VEB Futtermittelwerk A 253

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Die hier hausenden Vandalen haben ihre Geisteshaltung selbst dokumentiert.

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Die Zukunft dieses Ortes ist noch nicht geschrieben – noch während der Recherchen zum VEB Futtermittelwerk A. wurden mehrere Konzepte für die Nachnutzung erstellt und verworfen. Die Konzepte deckten die ganze Spannbreite ab: von stehen lassen über den Bau von Cafés, kompletter Abriss oder teilweiser Abriss mit Neubebauung. So gab es schon mehrere Sitzungen in verschiedenen Gremien, jedoch ohne finale Entscheidungen. Sogar Architektur-Studenten einer größeren Universität haben Entwürfe für die Nachnutzung eingereicht.

Vielleicht besteht bei diesem Ort tatsächlich noch die realistische Chance auf eine sinnvolle Nachnutzung, die nicht Abriss heißt.

VEB Futtermittelwerk A 238

VEB Futtermittelwerk A 244

VEB Futtermittelwerk A 268

Quellen:

Bilder und Text: Alexander Köhler, (c) 2020 – mit freundlicher Genehmigung

3 Gedanken zu „VEB Futtermittelwerk A. (Teil 2)

  1. Ich werde nie verstehen, warum Menschen so etwas machen. Ich habe selbst auch schon den einen oder anderen Lost Place mehrfach besucht. Teilweise ist es wirklich erschreckend wie rasend schnell die Orte immer weiter zerstört werden. Schade um diesen wirklich tollen Ort. Hoffen wir mal, dass er nicht weiter zerstört wird. Aber wie du schon geschrieben hast, wenn erstmal damit begonnen wurde, sinkt die Hemmschwelle immer weiter…

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  2. Vielen herzlichen Dank für den großartigen Beitrag!
    Es ist immer wieder traurig, zu sehen, wie sich der Zustand eines solchen Ortes innerhalb nicht allzulanger Zeit derart verschlimmert. Dem Vandalismus wirksamen Einhalt zu gebieten, dürfte schlichtweg unmöglich sein, ohne nicht damit auch die Möglichkeiten der echten Urbexer zu unterbinden, solche Objekte zu besuchen. Die Bemühungen, unerwünschte Besucher fernzuhalten, münden in der Regel dann in Bewachungen durch Sicherheitsdienste bzw. elektronische Kollegen (Bauwatch & Co.) – wobei von solchen Maßnahmen sicher auch aus Kostengründen oftmals abgesehen wird (sicherlich abhängig vom jeweiligen Objekt).
    Der einzige „Vorteil“, den das Treiben der Vandalen mit sich bringt, ist das Schaffen von Zugängen, die es zuvor nicht gab (wie auch im Artikel geschildert), Jedoch ist das ein hoher Preis angesichts der schlimmen Verwüstungen, die zu beobachten sind. Zudem verstößt das gewaltsame Öffnen/Eindringen ja auch eindeutig gegen die Regeln, die sich echte Urbexer auferlegt haben.
    Ich frage mich auch schon lange, was das für Menschen sind, die beschmieren, verwüsten und brandschatzen müssen. Vermutlich würden wir ihnen diese krankhaften Neigungen nicht ansehen, würden wir ihnen im Alltag begegnen.
    Eine zwar kühne These, aber ich behaupte, dass jeder von denen in irgendeiner Weise krank ist, psychisch krank. Ein Mensch normalen Verstandes tut so etwas doch nicht.
    Ok, es mögen vlt. gelegentlich auch Mutproben sein, wie sie unter Jugendlichen üblich sind. Aber wenn ich mich an solche Mutproben aus der Jugend erinnere, so hatten diese zwar waghalsige Aktionen zum Inhalt, nicht jedoch mutwillige, bösartige Zerstörung fremden Eigentums.
    Ich glaube wirklich, ein Großteil dieser Kreaturen wird angetrieben von irgendwelchen Problemen, Minderwertigkeitskomplexen, unbeschreibbare Wut, die tief im Innersten des Übeltäters schlummert.
    Es wird nicht aufzuhalten sein.
    Auch einen Ort dauerhaft geheimzuhalten, wird nicht funktionieren. Es wird immer irgendwann jemanden geben, der sich nichts Böses dabei denkt und aus Freude über seine Entdeckung diese mit anderen teilen möchte.
    Fluch und Segen des Internets…..

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