Gnoien – Bahnhof

Als am 11.November 1864 im Bahnhof Teterow die Bahnstrecke von Bützow nach Neubrandenburg eröffnet wurde, begannen nördlich und südlich der Strecke verschiedene Planungen für Nebenstrecken, die an dieses Haupttrasse anschließen sollten. Drei Jahre später führte die  Haupttrasse schon bis Stettin.

Der Anschluss Gnoiens an das Bahnnetz im Jahr 1884 trägt spürbarbar zur Entwicklung der Stadt bei. Schon 1886 erhält Gnoien als eine der ersten Städte Mecklenburgs eine eigene Gasanstalt und somit ein eigenes Stadtgasnetz, Gaslaternen, die Nachts die Dunkelheit erhellen – erst 1924 fließt der erste Strom nach Gnoien.

Im Bahnhofsgebäude befanden sich neben dem Warteraum und der Gepäckabfertigung ein Restaurant sowie die Diensträume des Bahnpersonals und insgesamt vier Dienstwohnungen: zwei große im Obergeschoss und 2 kleine im Dachgeschoss. Eine Posthalle und – fast ein Novum – eine Viehverladehalle befanden sich ebenfalls in dem großen Gebäude.

Gnoien Bahnhof 07

Für das Jahr 1916 finden sich in den Statistiken des Großherzogtums Mecklenburg-Schwerin insgesamt sieben Bahnangestellte für den Bahnhof Gnoien: der Stationsvorsteher, der Stationsgehilfe, ein Eisenbahnassistent, ein Expeditionsgehilfe, ein Weichenwärter, ein Güterbodenvorarbeiter und ein Gehilfenanwärter. Das war recht viel  Bahnpersonal für einen Bahnhof einer Nabenstrecke für die damalige Zeit. Eine Telegraphenverbindung nach Teterow scheint nicht bestanden zu haben – im Unterschied zum Teterower Bahnhof wird für Gnoien kein Telegraphist verzeichnet.

Weiterhin werden für den Bahnhof Gnoien vier Lokomotivführer, zwei Zugführer und ein Schaffner verzeichnet, jedoch kein Bahnsteigschaffner. Das deutet darauf hin, das nur zwei Zugpaare unterwegs waren. An nicht einzeln aufgeführtem Bahnpersonal gehörten sicher noch dazu: Lokomotivheizer (vermutlich auch vier) und Bremser für den Rangierverkehr.

Am 3. März 1907 kam es im Bahnhof Gnoien zu einem Eisenbahnunfall, bei dem ein Güterzug in den Lokschuppen krachte – der Lokführer hatte den Zug (vermutlich bei der Rückfahrtsfahrt) nicht rechtzeitig zum Halten bekommen. Diese Ereignis (verharmlosend als Zugentgleisung bezeichnet) wurde damals schon fotografisch festgehalten und vermarktet – in Form einer Ansichtskarte.

Zwischen 1936 und 1938 wurden sämtliche Bahnanlagen modernisiert, so auch der Bahnhof Gnoien. Das gesamte Bahnhofsgebäude wurde modernisiert, einschließlich Güterschuppen.

Den zweiten Weltkrieg überstanden die Bahnanlagen relativ unbeschädigt, so dass die Strecke 1947 schon wieder in Betrieb gehen konnte. Es grenzt schon fast an ein kleines Wunder, das die geplante Demontage der Bahnstrecke durch die russischen Besatzer irgendwie abgewendet werden konnte.

Für die lokale Wirtschaft war die Strecke nach wie vor von hoher Bedeutung. Davon zeugen auch heute noch die Überreste einiger Industrieanschlussgleise.

Bis zur Einstellung des Bahnbetriebes wurde ein Brennstoffhändler mit Kohle versorgt; die Reste des Gebäudes stehen neben der ehemaligen Gleistrasse am Nordende des Bahnhofes. Hier hätte sich eine Verlängerung der Bahnstrecke in Richtung Tessin angeboten – sie wurde jedoch nie realisiert.

Gnoien Bahnhof 06

Eine wahrscheinlich verlassene Siloanlage für landwirtschaftliche Produkte steht noch heute unmittelbar gegenüber des Bahnhofsgebäudes. Auch hierher führte ein Industrieanschlussgleis.

Gnoien Bahnhof 28

Dies spiegelt die Bedeutung des Bahnhofes für den Güterverkehr mit landwirtschaftlichen Produkten. Nach 1989 wurde ein großer Teil der Gütertransporte nach und nach auf die Straße verlagert; ebenso stieg die Zahl der PKW rasant an, was zu einer stetig sinkenden Auslastung der Strecke führte – im Personen- und im Güterverkehr. Am 31.05.1996 rollte der letzte Zug auf den Gleisen der Teterow – Gnoiener – Eisenbahn aus dem Bahnhof Gnoien.

Heute ist von den Gleisen nichts mehr zu sehen – sie wurden inzwischen komplett entfernt. Nur an ehemaligen Bahnübergängen kann man das Gleis noch erkennen.

Gnoien Bahnhof 05

Eine kleine Ironie: das Entfernen der Gleise dauerte länger, als der gesamte Streckenneubau…

Heute steht das Bahnhofsgebäude einsam auf einem zugewucherten Gelände.

Gnoien Bahnhof 01

Gras wächst stellenweise brusthoch; selbst der große mit Kopfsteinen gepflasterte Bahnhofsvorplatz wächst langsam zu. Ein Bauzaun umschließt das gesamte Gelände und gewaltige Büsche und dichte Bäume gestatten an manchen Stellen nicht mal einen kleinen Blick auf das ehemalige Bahngelände – die Stelle, an der der Wasserturm steht, ist nur zu erahnen.

Ein paar Laternen und etwas Kopfsteinpflasterstraße verleihen dem Ensemble ein wild-romantisches Aussehen und künden von besseren Zeiten.

Der Bahnhof ist heute in Privatbesitz und soll zu Wohnungen umgebaut werden. Bis es soweit ist, verfällt das denkmalgeschützte Gebäude leider weiter.

Quellen:

Bengelsdorf, Torsten „Legt sich Gnoien jetzt einen Bahnhof zu?“, Nordkurier, 31.07.2016

Bengelsdorf, Torsten „Pläne für Gnoiens Bahnhof“, Nordkurier, 04.07.2019

Schmidt, Arnim „Eisenbahnjubiläum in der Mecklenburgischen Schweiz (100 Jahre Nebenbahn Teterow-Gnoien)“, in: Modelleisenbahner, 12/1984

Jubiläumsbroschüre 750 Jahre Stadt Gnoien – Total Lokal, 23.06.2007

„Großherzoglich Mecklenburg-Schwerinscher Staatskalender“, herausgegeben vom Großherzoglichen Statistischem Amt, Schwerin, 1916

Internetpräsenz Dorfbahnhof Punkt de – hier gibt es auch noch Streckenbilder aus der Betriebszeit zu bestaunen

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..