Grimmen – Speicher Landwirtschaftlicher Ein- und Verkaufsverein

Im Jahr 1878 erreicht die Eisenbahn die mecklenburgische Kleinstadt Grimmen und hatte damit Anschluss an Berlin, Stralsund und Rostock. Eine weitere Bahnlinie, die Greifswald mit Tessin verband, führte durch Grimmen und entwickelte sich zu einer bedeutenden Strecke für das landwirtschaftliche Hinterland. Rund um den Grimmener Bahnhof Schützenplatz entwickelte sich bald darauf ein reges Industrie- und Handelszentrum. Im Jahr 1895 wurde von 96 Gründungsmitgliedern der Grimmener Landwirtschaftliche Ein- und Verkaufsverein gegründet, der schon bald unmittelbar an der Bahnlinie ein imposantes Speichergebäude errichtete.

Speicher Grimmen 02

Ökonomierat Carl Hecht aus Bartmannshagen gilt als Initiator dieses gemeinschaftlichen Unternehmens. Gründer und Vereinsmitglieder waren Landwirte und Agrarbetriebe aus Grimmen und der weiteren Umgebung. Das Ziel war die Produktion und die gemeinsame Vermarktung von landwirtschaftlichen Produkten. Innerhalb weniger Jahre entwickelte sich die Mitgliederzahl beträchtlich: 1913 hatte der Verein schon 538 Mitglieder, 1930 waren es schon 1.753. Was als Selbsthilfeverein für regionale Landwirte begann, entwickelte sich zur größten Selbsthilfeorganisation landwirtschaftlicher Betriebe in Vorpommern.

Der Baubeginn der markanten Speichergebäude in Grimmen war 1909. Er hatte das Fassungsvermögen von 3.000 Tonnen. Hier wurde vorrangig Kunstdünger, Kraftfutter und Getreide gelagert.

Speicher Grimmen 01

Welche Bedeutung der Verein für die lokale Wirtschaft hatte, zeigt sich beispielsweise auch daran, das nach Ablauf des Geschäftsjahres 1913/1914 vom erzielten Gewinn 15.000 Mark für wohltätige Zwecke zur Verfügung gestellt wurden. Ein Teil des Betrages wurde für unentgeltliche Düngemittellieferungen an bedürftige Landwirte bereit gestellt.

1930 unterhielt der Verein in Grimmen ein zentrales Verwaltungsgebäude, je fünf Speicher und Lagerschuppen, eine Mühle, eine Kartoffel-Flockenfabrik (1925 fertig gestellt) und eine Maschinenfabrik. Im weiteren Umland gehörten dem Verein mehrere Niederlassungen und im Stralsunder Hafen ein Speicher mit einer Kapazität von 5.000 Tonnen. In den Jahren 1937/38 beschäftigte der Grimmener Ein- und Verkaufsverein 106 Angestellte und bis zu 100 Arbeiter. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde der Verein aufgelöst. Mit der Demontage der Bahnstrecke zwischen Greifswald und Grimmen für Reparationszwecke verlor der Standort am Grimmener Schützenplatz einen großen Teil seiner Bedeutung. Als Gewerbe und Umschlagplatz wurde er bis nach 1989 genutzt – es bestand immerhin noch reger Güterverkehr auf der etwa 2 km langen Strecke zum Grimmener Bahnhof.

Heute wird ein Teil des imposanten Speichergebäudes als Markthalle für einen Flohmarkt nachgenutzt; ein Teil des Gebäudes steht leer. Das Gebäude steht unter Denkmalschutz.

Quellen:

Grohmann, Erhardt „Grimmen in alten Ansichten“, 1991

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