Borkow – Bahnhof

Das ländliche Mecklenburger Dörfchen Borkow war lange Jahre ein echtes Hinterland-Örtchen. Die erste richtige Ortsverbindungsstraße wurde erst 1870 gebaut – Borkow lag zufällig an der Chaussee-Trasse, die Sternberg mit Dobbertin verband. Anschluss an die große, weite Welt erhielt Borkow durch den Bau der Wismar – Karower – Eisenbahn, die im Jahre 1885 den Ort erreicht.#Titel Bahnhof Borkow

Kolportiert wird, das ein Bahnhof mit regulärem Halt in Borkow zunächst nicht vorgesehen war. Allerdings soll der Borkower Gutsbesitzer jedesmal die Notbremse gezogen haben, wenn er in Borkow aussteigen wollte – so soll Borkow dann doch zu seinem Bahnhof gekommen sein. Vermutlich ist dies jedoch nur eine nette Geschichte – wirft man einen Blick über die umfangreichen Gleisanlagen, die im Borkower Bahnhof noch heute vorhanden sind, so schien der Bahnhof doch eine größere Bedeutung gehabt zu haben – zumindest für den lokalen Güterverkehr.

Geschadet hat es dem Ort sicher nicht. Durch die Bauarbeiten wurden zunächst Arbeitsplätze geschaffen, und die Verkehrswege erleichterten den lokalen und regionalen Handel. Schon 1895 siedelte sich unmittelbar gegenüber vom Bahnhof eine genossenschaftlich organisierte Molkerei an, die ihre Produkte nun per Eisenbahn transportieren konnte.

Die Verladerampe ist noch heute deutlich zu erkennen.Borkow Bahnhof 01

Allerdings ist für das Jahr 1916 nur ein einziger Bahnangestellter im Bahnhof Borkow verzeichnet: der Stationsvorsteher. Das legt die Vermutung nahe, das der Bahnhof erst viel später seine heutigen Ausmaße angenommen hat.

Für den Güterverkehr wurde in Fahrtrichtung Karow ein Güterverladebereich gebaut, zu dem eine noch heute gut erkennbare Straße aus Kopfsteinpflaster führt.Borkow Bahnhof 15

Falls es hier Lagerschuppen gegeben haben sollte, sind diese inzwischen vollständig verschwunden.

Der Personenverkehr erlebte einen Aufschwung vor allem seit der Einführung der Sonntagsrückfahrkarte, die eine deutliche Ersparnis bei den Ticketpreisen brachte. Der Bahnhof war jedoch nie viel mehr als nur nur ein kleiner Flachbau aus Ziegelsteinen und hatte nur einen einzigen Bahnsteig. Noch heute ist er deutlich zu erkennen.Borkow Bahnhof 07

An der Hinterkante des Bahnsteiges verliefen die Stahlseile, die zur mechanischen Bedienung der vielen Weichen dienten. Die Bedienung erfolgte aus einem kleinen turmartigen Stellwerk heraus, das direkt an das Bahnhofsgebäude angebaut wurde. Erstaunlich, das von dieser Technik noch so viele Reste erhalten sind!

Den zweiten Weltkrieg überstand die Strecke unbeschädigt. Großer Beförderungsbedarf scheint auf der Gesamtstrecke in der Nachkriegszeit nicht bestanden zu haben. Der Fahrplan weist für das 1951 nur zwei durchgehende tägliche Zugpaare zwischen Wismar und Karow aus, die auch in Borkow Halt machten.

Wann genau das parallel zur Hauptstecke in Richtung Karow laufende Güter-Hauptgleis gebaut wurde, lässt sich heute nicht mehr ermitteln.

Am 03. Oktober 1987 – zum 100 jährigen Jubiläum der Wismar – Karower – Eisenbahn befuhr ein Sonderzug die Strecke – von Bad Doberan kommend über Wismar bis nach Borkow und zurück bis Dabel. Als Sonderzug war der normalerweise auf der Strecke Rostock – Berlin verkehrende Städteexpress „Stoltera“ eingesetzt. Wegen der fehlenden Elektrifizierung allerdings nicht mit einer Elektrolok, sondern mit einer Dampflok bespannt. In Borkow war an diesem Tag Volksfeststimmung und die Sonderfahrt nicht nur ein Erlebnis für alle Eisenbahnfreunde.

Borkow Bahnhof 23

Bahnhof Borkow – Ausfahrtgleis in Richtung Sternberg / Dabel

Am 01. Juni 1996 wurde der Personenverkehr auf dem Teilstück zwischen Sternberg und Karow eingestellt. Borkow liegt genau dazwischen, so dass der Bahnhof Borkow bedeutungslos wurde. Borkow Bahnhof 08

Heute ist der ehemalige Bahnhof Rastplatz und gleichzeitig Endpunkt für die Draisinen-Strecke, die zwischen Damerower Forst und Borkow als touristische Attraktion auf dem ehemaligen Streckengleis der Wismar – Karower – Eisenbahn betrieben wird.Borkow Bahnhof 17

Das Bahnhofsgebäude überstand dem allseits grassierenden Abrisswahn und wird heute als dörfliches Gemeindehaus genutzt.

Borkow Bahnhof 20

Quellen:

[Hrsg.] Gemeinde Borkow „Chronik von Borkow“ (kleine Chronik anlässlich der 725-Jahr-Feier von Borkow), Borkow, 2008

„Großherzoglich Mecklenburg-Schwerinscher Staatskalender“, herausgegeben vom Großherzoglichen Statistischem Amt, Schwerin, 1916

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