US Army – NIKE Stellung D3 / 71 ADA Wurmberg (Pforzheim)

ADA – Air Defence Artillery. So wurde in den amerikanischen Streitkräften die Luftabwehrraketen-Truppen genannt. Im Gegensatz zur NVA der DDR gehörte die Luftabwehr zur Army und nicht zur Air Force. Wie ein Gürtel erstreckten sich die Luftverteidigungsstellungen auf dem Gebiet der ehemaligen Bundesrepublik von Nord nach Süd – von Flensburg bis zum Bodensee.

Die NIKE-Rakete war eine zweistufige Boden- Luft- Rakete, je nach Bautyp mit zwei Feststoffantrieben oder mit einem Feststoff-Antrieb in der erste Stufe und einem Flüssig-Antrieb in der zweiten Stufe. Konzipiert war sie zur Abwehr hochfliegender und Überschall-schneller Ziele und Bomberpulks. Bestückt wurde sie standardmäßig mit einem konventionellem Sprengkopf; aber auch die Bestückung mit nuklearen Sprengköpfen war möglich. Der konventionelle Sprengkopf erzeugte nach der Explosion  eine Wolke aus Metallsplittern, die das Ziel vernichten sollten. Ein direkter Treffer war somit nicht erforderlich. Als Kampfentfernung wurde eine Reichweite von 120 km angegeben bei einer maximalen Flughöhe von 30 km.

Prinzipiell waren alle NIKE-Standorte ähnlich aufgebaut: ein Unterkunftsbereich, ein Feuerleitbereich mit Radarstellung und der Abschussbereich mit Raketenbunkern – alles räumlich getrennt.

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Bereits im Jahre 1956 gab es amerikanische Pläne, eine NIKE-Stellung auf dem Pforzheimer Wallberg zu installieren. Proteste von Bürgern und der Gemeindevertreter verhinderten dies. Jedoch konnte nicht verhindert werden, das die Stellung nun nicht auf Pforzheimer Gemeindegebiet gebaut wurde, sondern etwas außerhalb – auf dem Wurmberg.

Im Dezember 1959 begannen die Bauarbeiten. Im Mai 1961 wurde sie ihrer Bestimmung übergeben.

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Mehr als 20 Jahre lang – bis 1983 – befanden sich hier in der NIKE-Stellung Wurmberg – in unmittelbarer Nähe zur Stadt Pforzheim – atomare Sprengköpfe. Insgesamt 30 Stück – zehn Stück pro Abschussstellung. Special Warheads genannt. 24 hatten eine nominelle Sprengkraft von 2 Kilotonnen, 6 Stück hatten eine Sprengkraft von 40 Kilotonnen. In den 1970er Jahren wurden die 40-Kilotonnen-Sprengköpfe ausgetauscht gegen 20-Kilotonnen-Sprengköpfe.

Der kommandierende US-Brigadegeneral soll die Pforzheimer Bevölkerung mit den Worten beruhigt haben, „die Stellung sei so sicher wie eine Tankstelle

Die konventionellen Sprengköpfe lagerten in einem separatem Munitionslager – etwas außerhalb der Feuerstellung. Sie dienten hier in Wurmberg lediglich als Reserve!

Entscheidungen über den Einsatz der nuklearen Sprengköpfe trafen ausschließlich die Amerikaner. Vorgesehen waren die atombestückten NIKE – Raketen zur Flugabwehr gegen aus Osten anfliegende Bomberverbände. Die Raketen sollten dabei zunächst über die feindlichen Flugzeuge geschossen werden, damit diese dann von oben herab den Gegner durch eine atomare Explosion vernichten sollten. Das dies über dem Gebiet der Bundesrepublik stattgefunden hätte – hier in einem Bereich von Pforzheim bis Nürnberg bzw. Augsburg – hat „die Amerikaner“ nicht interessiert. Auch hier spiegelt sich die abstruse und verquere Gedankenwelt des Kalten Krieges.

Das Gesamte Gelände der Wurmberger Feuerstellung (Launching Area) war extrem stark gesichert – Doppelzaunanlage, frei laufende Hunde auf dem gesamten Gelände, fünf Meter hohe Wachtürme und taghelle Beleuchtung des gesamten Geländes.

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Der Abschussbereich bestand aus drei Abschussbereichen: Alpha, Bravo, Charlie. Zu jeder gehörte ein größerer unterirdischer Raketen- Lagerbunker, in der jeweils 10 Raketen einsatzbereit gehalten wurden, vier Startrampen und jeweils ein Mannschaftsbunker. Die Mannschaftsbunker dienten dem Schutz des Bedienpersonals; von hier aus wären auch die Raketen gestartet worden.

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Der unterirdische Teil der Feuerstellung – einschließlich Raketenaufzug zu den Abschussplätzen – wurde zum großen Teil gesprengt; die Zugänge verschweißt.

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Dagegen hat man – bis jetzt – die sogenannten Warhead Buildings stehen gelassen. Hier wurden die Sprengköpfe gewartet und auf die Raketen montiert.

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Erhalten blieben auf dem Gelände die Überbleibsel einer Waschanlage für Militärfahrzeuge.

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Die gesamte Anlage war bis etwa Ende 1983 in Betrieb. Danach wurde sie noch bis Ende 1985 einsatzbereit gehalten, dann jedoch aufgegeben und verlassen.

Heute ist vieles verschwunden; das Gelände ist eingezäunt und wird als Viehweide genutzt.

Der ehemalige Feuerleitbereich (Integrated Fire Control Area) ist nicht mehr erhalten. Das Gelände wird von einem Recycling-Unternehmen genutzt.

Reste des Munitionslagers für die konventionellen Sprengköpfe findet man noch im Wald nördlich von Neubärental.

Quellen:

Internetpräsenz atomwaffena-z Punkt info

Stadtwiki Pforzheim-Enz, Beitrag „Nike-Station“

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