WK II – L.Hpt.Mun.Anst. 2/IV Mockrehna

Ein riesiges Gelände im Wald zwischen Eilenburg und Torgau. Einhundert Jahre militärische Nutzung haben ihre Spuren hinterlassen. Ein weitverzweigtes Wegenetz, Bahngleise, unzählige Überreste von Munitionsbunkern, von Bäumen bewachsen;  verfallende Gebäude, mitunter kaum zu erkennen vor dichtem grün.

Mockrehna 01

Die ehemalige Munitionsanstalt Mockrehna versinkt verwahrlost, geplündert und ausgeweidet im teilweise dschungelartigem Wald. Umgangssprachlich Muna oder Luftmuna genannt, war die offizielle Bezeichnung Luftwaffen-Hauptmunitionsanstalt 2/IV (offiziell abgeküzt: L.Hpt.Mun.Anst.) die zweite ihrer Art im Luftgau IV.

Nur wenige der Ruinen sind heute noch eindeutig jener Zeit zuzuordnen.

Die Anfänge der militärischen Nutzung des Geländes scheinen in das Jahr 1912 zu weisen – in die Zeit des ersten Weltkrieges. Der Wald des Eilenburger Ratsforstes schien vermutlich ein gutes Versteck zu sein für ein Munitionsdepot – Straße und Eisenbahn waren ebenfalls ganz nah dran. Größere Bauaktivitäten fanden dann erst wieder ab 1935 statt. Ein Bahnanschlußgleis wurde vom östlich gelegenen Bahnhof Mockrehna direkt in den Wald gebaut.

Mockrehna Bahnanschlussgleis

Innerhalb weniger Jahre entstanden auf der 240 Hektar großen Fläche die für Munitionsanstalten typischen getrennten Bereiche: Wohnbereich, Verwaltungsbereich, Arbeitsbereich und Verladebereich.

Die recht großzügig anmutende Wohnsiedlung für Offiziere entstand ganz im nördlichen Bereich. Die meisten der Häuser hatten Vorgärten, Gärten zur Selbstversorgung und eine Art Veranda.

Mockrehna 07

Der bauliche Zustand ist als ruinös zu beschreiben. Viel der Gebäude sind von einem natürlichem Einsturz nicht mehr weit entfernt. Was die Zeit, Vandalen oder Schrottdiebe nicht schafften, holt sich die Natur zurück. Wald und Buschwerk sind stellenweise so dicht, das man kaum die Gebäude erkennen kann, selbst wenn man kurz davor steht.

Mockrehna 39

Südlich vom Wohnbereich war ein kleiner Verwaltungsbereich, dem sich ein extra abgesperrter Bereich anschließt: der sogenannte Arbeitsbereich, der Munitionsarbeitshäuser und Munitionslagerbunker enthält – wie viele es sind, lässt sich heute nicht mehr genau sagen – ca. 100 Munitionslagerbunker werden es gewesen sein, zwei Bahnverladestellen – davon eine in einem von hohen Splitterwällen und Stacheldraht abgetrennten Bereich innerhalb des Sicherheitsbereiches.

Die Munitionslagerbunker wurden meist oberirdisch errichtet und danach mit Erde überdeckt. Anschließend wurde die Erdaufschüttung bepflanzt – zur Tarnung gegen Luftaufklärung. Selbst von den Wegen aus sind sie heute kaum von weitem zu erkennen.

Mockrehna Munitionsbunker 01

Zuerst wurde hier nur Munition für die Luftwaffe gelagert – hauptsächlich Bomben und Flakmunition. Der Standort Mockrehna wurde deshalb zunächst als Luftwaffenmunitionsanstalt 4/IV geführt.

Die Bunker sind natürlich alle ausgeräumt; selbst die Türen fehlen. Nur nackte Böden und Wände, teilweise mit den leidigen Graffities beschmiert, sind noch zu sehen.

Ab 1941 begann der Bau einer Füllstelle für chemische Kampfstoffe im nordwestlichen Teil des Geländes. Hier wurde hauptsächlich Senfgas, das in den Werken der Orgacid GmbH in Ammendorf produziert wurde, in Bomben abgefüllt. Jede Bombe enthielt 90,2 Kg des schon bei Hautkontakt tödlichen Kampfstoffes. Von der Gesamtproduktion aller mit Senfgas gefüllten Bomben des Deutschen Reiches lagerte knapp die Hälfte in Mockrehna!

Mit der Erweiterung des Geländes um die Abfüllanlage für chemische Kampfstoffe und der Schaffung eines separaten Bereiches für die gezielte Vernichtung von Munition wurde die Anlage zur Luftwaffen- Hauptmunitionsanstalt 2/IV hochgestuft.

Das ganze Gelände war natürlich von Stacheldraht umgeben und wurde bewacht. Die Reste eines Wachgebäudes kann man noch erkennen.

Mockrehna 27

Entlang der Wege bzw. des Bahndammes stehen in größeren Abständen weitere Lagerbunker mit einer deutlich zu erkennenden Laderampe.

1945 wurde das Gelände zunächst von Amerikanern kampflos eingenommen. Eine nicht bekannte Menge an Kampfstoff- und Munitionsresten soll zunächst in einem nahe gelegenen Steinbruch „entsorgt“ worden sein.

Nach dem Abzug der Amerikaner und der Übergabe an die russischen Truppen wurde der gesamte Bereich der Munitionsanstalt wieder Sperrgebiet und wurde nun von den Besatzungstruppen als Artillerie-Munitionslager 3732 ASB genutzt. Mit Ausnahme der Füllstelle – die wollten die Besatzer auch nicht haben. Der Bereich blieb Sperrgebiet und wurde teilweise als Reparationsleistung zurückgebaut; was mit den Kampfstoffresten geschah, ist nicht sicher nachvollziehbar. Der von den russischen Truppen nicht genutzte Bereich der ehemaligen Füllstelle wurde später von der Nationalen Volksarmee vereinnahmt, ein Teil der Lagerbunker wurde als Munitionslager 13 genutzt.

Quellen:
„Endzeitstimmung in einer Geistersiedlung“; Torgauer Zeitung, 16.11.2012
Luftwaffendienstvorschrift 450 „Vorschrift für das Verwalten von Munition bei der Truppe“, Teil 2 „Verwalten bei den Luft-Haupt und Luft-Munitionsanstalten“ (Juli 1941)

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