Rostock – Heinkelwerke – Standort Werftstraße

Rostock, Lübecker Straße. Hier – unmittelbar an einer der Hauptdurchfahrtsstraßen – im ehemaligen Industriegebiet Werftstraße (heute: Werftdreieck), befand sich bis 2017 das bekannteste Relikt der Rostocker Heinkelwerke: die Heinkelmauer.

Die freistehende Ziegel-Mauer erstreckte sich über eine Länge von mehr als 85 m und war ca. 9m hoch. 24 Mauerpfeiler rahmten 21 Mauerfelder mit rechteckigen Fensteröffnungen ein. Mehr als 150.000 Ziegel wurden hier verbaut. Ein Zufahrtstor ist noch erkennbar. Über dem Tor war das Logo der Heinkelwerke angebracht.

HRO - Heinkelwerke Heinkelmauer

Die sogenannte Heinkelmauer – abgerissen 2017 trotz Denkmalschutz

Die Mauer wurde als sogenannte Vorsatzmauer gebaut – sie wurde vor bereits bestehende Werkhallen gesetzt und sollte das auf der anderen Straßenseite neu errichtete Wohnviertel für die Arbeiter der Heinkelwerke vor Lärm schützen. Weiterhin sollte sie einen ästhetischen Zweck erfüllen: sie sollte die dahinter liegenden unschönen Werkhallen kaschieren und so das Stadtbild aufwerten.

Zwischen den Pfeilern haben sich ursprünglich Sitzbänke befunden.

Entworfen wurde sie vom Rostocker Architekten Heinrich Alt. Gebaut wurde sie 1936 im Zuge der Übernahme der Nordischen Eisen- und Draht-Industrie Rostock (Norddraht) durch die Ernst Heinkel Flugzeugwerke GmbH im Jahre 1934. In den 18 m breiten freitragenden Hallen der ehemaligen Norddraht wurden vor allem Tragflächen gefertigt, die zur Endmontage zum Standort Marienehe transportiert wurden.

Die Rostocker Straßenbahn endete bis 1936 in der Werftstraße – also unmittelbar vor den Toren des Industriegebietes – und wurde ab 1936 bis zu den Heinkel Werken nach Marienehe verlängert und erschloss so auch die neu errichteten Wohngebiete in Reutershagen.

Die Industriestadt Rostock war mit ihrer Rüstungsindustrie im zweiten Weltkrieg Ziel von Flächenbombardements und wurde schwer zerstört; auf dem hiesigen Gelände hielten sich die Bombenschäden in Grenzen und wurden notdürftig repariert. Nach Kriegsende wurden die Heinkelwerke als Rüstungsbetrieb demontiert und oft gesprengt. Das Gelände hinter der Heinkelmauer wurde ab 1951 von der Neptunwerft übernommen und viele Baracken und einige Bürogebäude wurden neu errichtet.

Nach dem Niedergang der Neptunwerft ab 1989 wurden ab 1994 alle hinter der Heinkelmauer liegenden Gebäude und Hallen gesprengt und abgetragen – die Heinkelmauer stand seit dem alleine entlang der Straße.

 

Als industriekulturelles Denkmal wurde sie 1994 unter Denkmalschutz gestellt und dennoch im Februar 2018 abgerissen, nachdem zunächst Sicherungsmaßnahmen durchgeführt worden waren. Dem Abriss vorausgegangen war ein Trauerspiel um die Abrissgenehmigung, das alles bietet, was einen guten Wirtschaftskrimi ausmacht: mutmaßliche Gefälligkeitsgutachten, Intransparenz der Behörden, verschiedene Grundstücksinvestoren mit jeweils eigenen Interessen, ein städtebaulicher Wettbewerb mit einem überzeugenden Sieger, dessen Konzept den Erhalt der Heinkelmauer vorsah und doch nicht umgesetzt wird…

HRO - Heinkelwerke Heinkelmauer 03

Die Heinkelwand von hinten mit den Sicherungsmaßnahmen zur Standfestigkeit (die angeblich und plötzlich bedroht gewesen sei) – rechts ist ein Teil der freien Fläche zu sehen, auf der die Produktionshallen standen

 

Quellen:
Froehlich, Bernd; „Die Heinkel-Wand in Rostock. Fragwürdiger Umgang mit einem Denkmal von 1936“; in: Der Holznagel, Nr. 4/2016, Seite 41 ff
Writschan, Peter; „Das Werftdreieck – eine hundertjährige Industriegeschichte“; unveröffentlichter Arbeitsstand des Amtes für Kultur, Denkmalpflege und Museen der Hansestadt Rostock, 2015

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