Teterow – Seebahnhof

Der – von Teterow aus gesehen – erste Halt auf der Teterow – Gnoiener – Bahnstrecke war der sogenannte Seebahnhof. So benannt, weil es von hier bis zum Teterower See nur ein Katzensprung ist. Touristische Erwägungen haben hier jedoch keine Rolle gespielt; bei nur drei Zugpaaren täglich auf der Strecke auch nicht verwunderlich. Ausschlaggebend für den kleinen Bahnhof am Rande der Stadt Teterow war zunächst der in der Nähe gelegene Schlachthof. Ende des 19. Jahrhunderts – nur wenige Jahre nach der Streckeneröffnung – sind auf einem Messtischblatt zwei weitere Fabriken östlich der Gleise am Seebahnhof verzeichnet. Der Bereich der nördlichen Teterower Vorstadt um den Seebahnhof entwickelte sich Dank des Bahnanschlusses zu einem Industriegebiet und verhalf der Stadt Teterow zu wirtschaftlichem Aufschwung.

Im Jahre 1889 wurde hier eine große Zuckerfabrik gebaut, die eine Erweiterung der Bahnanlagen erforderlich machte sowie den Bau eines Bahnhofsgebäudes.

Zuckerfabrik Seebahnhof 1900

Zuckerfabrik am Standort Teterow-Seebahnhof, 1900; Reproduktion einer Postkarte

Der Teterower Seebahnhof bildete das verkehrstechnische Herzstück des hiesigen Industriegebietes. Die Bahnanlagen wuchsen beträchtlich: 14 Gleise, 19 Weichen, zwei Drehscheiben, das neu gebaute Empfangsgebäude mit Güterschuppen und Stall, ein Toilettengebäude, zwei Einfahrtsignale und ein beschrankter Bahnübergang.
Die Gleise 5 bis 14 waren private Gleise; sie gehörten (bis auch ein Gleis) zur Zuckerfabrik. Ein Abzweiggleis gehörte zu einer nahen Torf-Brikettfabrik.
Im Teterower Seebahnhof erfolgte auch die Vieh-Verladung für den nahen Schlachthof, der kein Anschlussgleis hatte.
Die Zuckerfabrik stellte Mitte der 1920er Jahre ihren Betrieb ein und wurde abgerissen. Daraufhin wurde ein großer Teil der Bahnanlagen im Seebahnhof zurück gebaut. Die Boomphase war schon wieder vorbei.

Mitte der 1930er Jahre wurde das Bahnhofsgebäude renoviert und die Streckensicherungstechnik verbessert. Zwischen 1933 und 1939 hatte vermutlich der lokale Ausflugsverkehr einige Bedeutung – auf dem nahen Teterower See fanden Ausflugs – und Rundfahrten statt.

Vermutlich ebenfalls in den 1930er Jahren erfolgte der Bau eines Industrieanschlussgleises für die neben der Strecke entstehenden Siloanlagen und Landhandelsgesellschaften. Unmittelbar gegenüber vom Seebahnhof befand sich 1932 ein Sägewerk.

Bahnhof Teterow See Mestischblatt 1955

Auszug aus dem Meßtischblatt für Teterow 1932 – DDZ: Meßtischblatt 2241 : Teterow, 1955, 2010 Serie: Topographische Karte (Meßtischblätter); 2241,1955 Beschreibung: Teterow. – Hrsg. 1884, letzte Nachtr. 1932. – 1:25000. – [Berlin]: Reichsamt für Landesaufnahme, 1932. – 1 Kt.; © SLUB / Deutsche Fotothek Lizenz: Freier Zugang – Rechte vorbehalten. https://www.deutschefotothek.de/documents/obj/71052366/df_dk_0010001_2241

Auch nach 1945 war der Teterower Vorstadt-Bereich um den Seebahnhof ein lokales Industriegebiet. Der Schlachthof wurde erweitert und als VEB Schlacht- und Verarbeitungsbetrieb Teterow betrieben; in unmittelbarer Nähe des Bahnhofs entstanden Lagergebäude für ein Agrochemisches Zentrum und den VEB Getreidewirtschaft Malchin. Das bestehende Industrieanschlussgleis wurde intensiv genutzt. Neben dem Streckengleis befanden sich zuletzt noch zwei Ladegleise im Seebahnhof. Der Bahntransport und Umschlag von Getreide, Rüben, Düngemittel und Schlachtvieh spielte bis 1990 eine große Rolle.

Nach 1990 veränderten sich die Verkehrsströme dramatisch. Zwar blieb der Schlachthof an diesem Standort noch einige Jahre erhalten, die notwendigen Transporte werden jedoch ausschließlich per LKW abgewickelt. Dies galt auch für den Transport der landwirtschaftlichen Produkte. So verlor das Industrieanschlussgleis ebenso wie die gesamte Strecke schnell seine Bedeutung.

Die Strecke wurde 1996 stillgelegt. Bis zu diesem Zeitpunkt war das Bahnhofsgebäude noch mit einem Schrankenwärter besetzt. Das Bahnhofsgebäude und sämtliche Nebengebäude des Teterower Seebahnhofes wurden im Jahre 2002 nach langen Leerstand abgerissen; die Bahnstrecke wurde zwischen 2006 und 2007 demontiert.

Der Trassenverlauf in Richtung Bahnhof Teterow ist im Gelände noch gut zu erkennen.

Seebahnhof Teterowt 005

In Richtung Gnoien hat sich die Natur an dieser Stelle alles zurückgeholt – der Bahnhof lag linkerhand der Trasse.

Seebahnhof Teterowt 004

Heute erinnern nur noch die Reste der ehemaligen Bahnschrankenanlage und ein kurzes Stück Kopfsteinpflasterstraße an den ehemaligen Bahnhof. Die Zufahrt zum Bahnhof ist auf dem Bild noch zu erkennen: hinter dem Gleis, die kleine Straßen-Einmündung nach rechts.

Seebahnhof Teterowt 002

Im Gestrüpp finden sich noch die Reste der ehemaligen Schrankenanlage.

Seebahnhof Teterowt 003

Gleich daneben eine kleine Hütte mit Wellblech – vermutliche die Reste des Schrankenwärter-Unterstandes.

Quellen:

[Hrsg.] Deutscher Modelleisenbahnverband der DDR, Arbeitsgemeinschaft 8/9 Rostock, „Gnoien-Teterower-Eisenbahn. Eine Chronik zum 100. Jubiläum 1884-1984“, Rostock, 1984

Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB), Kartensammlung, Signatur/Inventar-Nr.: SLUB/KS 29037,2241 – DDZ: Meßtischblatt 2241 : Teterow, 1955, 2010, Serie: Topographische Karte (Meßtischblätter); 2241,1955, Beschreibung: Teterow. – Hrsg. 1884, letzte Nachtr. 1932. – 1:25000. – [Berlin]: Reichsamt für Landesaufnahme, 1932. – 1 Kt

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