Bunker und Schutzbauwerke WK II

Eine Vielzahl von Schutzbauwerken entstand in der Zeit um den zweiten Weltkrieg.

Die Kriegsvorbereitungen hatten viele Facetten – das spiegelte sich auch in der Art der in dieser Zeit errichteten Schutzbauwerke und Bunker. Diverse Luftschutzeinrichtungen, sowohl für den Schutz von Industriearbeitern in Industriegebieten als auch für die Zivilbevölkerung in den Städten, Luftschutzeinrichtungen der Deutschen Reichsbahn (z.B. an Bahnhöfen); Versorgungsdepots aller Art – vorrangig militärisch (z.B. für Munition); geschützte Bauwerke zur Sicherung kritischer Infrastruktur (z.B. Verstärkerämter für die Fernkabel der Deutschen Post oder das Reichsbahnnetz) usw.

Da in Deutschland so ziemlich alles gesetzlich geregelt ist, überrascht es kaum, das es auch für die Errichtung von Schutzbauwerken entsprechende Regelungen gab: die Bestimmungen des Reichsministers für Luftfahrt und Oberbefehlshabers der Luftwaffe über die Errichtung bombensicherer Bauwerke, datiert vom 28. November 1939 in Berlin. Interessant ist an diesem Dokument, das sich bereits vor dem eigentlichen Beginn des zweiten Weltkrieges über die Normierung zur Errichtung von Schutzbauten Gedanken gemacht wurde – verborgene Kriegsvorbereitung! Gleich zu Anfang heißt es:

„Die nach Herausgabe des Erlasses […] vom 13.Mai 1939 gemachten Erfahrungen geben Veranlassung, den Erlaß in einigen Punkten abzuändern. Die Neufassung wird nachfolgend bekanntgegeben. Der Erlaß vom 13.Mai wird aufgehoben.

Bei der Errichtung bombensicherer Bauwerke gegen mittelschwere übliche Abwurfmunition gelten die nachfolgend angegebenen Bemessungsangaben.

I. Schutzdecken bombensicherer Bauwerke

Die oberste Schutzdecke bombensicherer Sonderbauten ist in Beton oder Eisenbeton auszuführen.

  1. Decken aus bewehrtem Beton müssen eine Mindestdicke von 1,40 m mit einem Zementgehalt von 300 Kg je Kubikmeter fertigen Betons aufweisen. Sie müssen in einer der nachfolgend aufgeführten Bewehrungsarten ausgeführt sein….“

Soweit ein kurzer Ausflug in die deutsche Militärbürokratie jener Zeit. Das gesamte Dokument ist inzwischen online über germandocsinrussia zu finden, nachdem russische Archive sukzessive Teile ihrer Bestände veröffentlichen.

Nach den ersten englischen Bombenangriffen auf die Reichshauptstadt Berlin begann auf Weisung von Adolf Hitler vom 10. Oktober 1940 das sogenannte „Führer – Sofortprogramm“ zum Bau von Luftschutzbunkern.  Ziel war der Schutz der Arbeitskräfte für die Aufrechterhaltung der Rüstungsindustrie. Der Bau der Luftschutzanlagen erfolgte in 3 Etappen. Es konnten bei weitem nicht alle geplanten Vorhaben realisiert werden. Geschätzt wird, das etwa 6.000 Luftschutzbunker (Krankenhausbunker, Reichsbahnbunker, Bunkeranlagen für Industrie und Wehrmacht, zivile Bunker und leichtere Luftschutzanlagen) fertig gestellt wurden.

Neben diversen Führerhauptquartieren waren auch 16 private Schutzbunker für die Reichsminister errichtet worden.

Grundsätzlich kann man zwischen Hochbunkern und Tiefbunkern unterscheiden. Meist versuchte man, Bauen unter der Erde zu vermeiden. Schutzbauwerke wurden gerne oberirdisch errichtet und später mit Erde überdeckt.

Typische Bauformen – eine unvollständige Übersicht

In der zentralistisch geführten Rüstungswirtschaft gab es einige Ansätze der Standardisierung, um zum einen eine Vielzahl von Bauvorhaben möglichst gleichzeitig zu verwirklichen und zum anderen um die Kosten möglichst gering zu halten. Richtlinien und Erlasse definierten im allgemeinen Mindestanforderungen und Abmessungen diverser Schutzbauwerke. Durch die rasante technische Entwicklung an Kriegsgerät, Bomben, Sprengstoffen und Munition entsprachen viele Bauwerke bei ihrer Fertigstellung schon nicht mehr den neuesten Erkenntnissen und Erfordernissen. Durch ständige Weiterentwicklungen scheint es, als wären die Bauwerke meist völlig unterschiedlich. Jedoch lassen sich grundlegende Bauformen erkennen.

Truppenmannschaftsbunker T-750

Der Truppenmannschaftsbunker war ein Luftschutzbunker der Kriegsmarine. Vorrangig wurde er in Häfen und Werften errichtet. Dieser sehr markante Bau wurde ab etwa 1943 errichtet. Er besaß (je nach Ausführung) drei oder vier Etagen und war mit Gasschleusen in den Eingangsbereichen ausgestattet. Die Grundfläche betrug etwa 22 m x 21 m. Markant ist der große Lüftungsturm auf dem Dach. Nach Kriegsende wurden viele dieser Bunker gesprengt. Heute sind nur noch wenige erhalten.

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Neptunwerft Rostock – Hochbunker LSB 1400

Die zivile Ausführung dieses Bunkers war der LSB-1400 (Luftschutzbunker für 1.400 Personen), der hauptsächlich dem Werkluftschutz von (zivilen) Werften diente.

M-500

IMG_20190321_094226Dieser Luftschutzbunker wurde bereits kurz nach Kriegsbeginn entwickelt und etwa ab 1940 zum Schutz der Zivilbevölkerung in Innenstädten errichtet.

Auf einer Grundfläche von 37 m x 21 m sollte dieser Hochbunker auf 3 Etagen Platz für 500 Menschen bieten.

Ausgestattet war der Bunker zumindest mit einer Filter-Ventilationsanlage, die meist mechanisch betrieben wurde (Handkurbel oder Tretkurbel).

Munitionslagerbunker

HRO - 20-XI -MunBunker 04Gerade in den Munitionsanstalten und Munitionsausgabestellen befanden sich eine Vielzahl von Munitionslagerbunker. Diese waren standardisiert, wie sich aus den entsprechenden Vorschriften für Heer und Luftwaffe ergibt. Errichtet wurden diese Bauwerke in der Regel oberirdisch und wurden danach mit Erde überdeckt. Die Überdeckung wurde bepflanzt – mit Bäumen und Büschen, um eine Aufklärung aus der Luft zu erschweren. Die Bunker waren in verschiedenen Größen genormt (sogenannte Widerverwendungsprojekte); bei der Bauausführung mussten dann nur noch die örtlichen Gegebenheiten berücksichtigt werden.

Splitterschutzzellen

HRO-FIKO-Splitterschutzzelle 01Vorrangig für den Werks- und Eisenbahnluftschutz wurde ein Schutzbauwerk entwickelt, das aufgrund seiner minimalistischen Konzeption oft als „Ein-Mann-Bunker“ bezeichnet wird – die sogenannte Splitterschutzzelle. Sie dienten vorrangig als Beobachtungspunkte, um Brandherde zu lokalisieren oder Bombenabwürfe zu beobachten. Einen direkten Treffer konnten diese Bauwerke keinesfalls aushalten. Vermutlich boten sie einen rudimentären Schutz vor Bombensplittern und Querschlägern. Aufgrund der geringen Kosten und des geringen Materialverbrauchs waren diese Kleinbunker auch für kleinere Betriebe und Privatpersonen erschwinglich. Sie waren schnell zu errichten und viele große Baufirmen boten die Zellen per Musterkatalog als Bausatz an.

Luftschutzstollen

Luftschutzstollen BeKa 21Wegen der zunehmenden Materialknappheit im Verlauf des Krieges wurden ab 1943 bevorzugt Luftschutzstollen angelegt – vorgesehen waren sie vor allem für den zivilen Luftschutz und den Werksluftschutz. Sie galten als die billigere Variante (im Vergleich zu Bunkerbauten mit vergleichbarer Schutzwirkung). Die „Bestimmungen zum Bau von Luftschutzstollen“ vom Juli 1943 sahen den Bau überall dort vor, wo die örtlichen Grundwasserverhältnisse dies erlaubten. Man unterschied grundsätzlich zwischen Stollen in Hanglage oder Bergbaustollen (also bergmännisch abgeteufte Tiefstollen). Wie tief die Stollen angelegt wurden, hing von der Bodenbeschaffenheit ab. Bei Fels galt eine Mindestüberdeckung von sechs Metern, diese konnte aber auch bis 15 Metern betragen.

Quellen:

Bestimmungen des Reichsministers für Luftfahrt und Oberbefehlshabers der Luftwaffe über die Errichtung bombensicherer Bauwerke, Berlin, 1939. [Hrsg.] Deutsch- Russisches Projekt zur Digitalisierung deutscher Dokumente in Archiven der Russischen Förderation (Germandocsinrussia), Bestand 500 – Findbuch 12452 – Oberkommando der Luftwaffe (OKL) – Akte 275.

Foedrowitz, Michael „Bunkerwelten. Luftschutzanlagen in Norddeutschland“, Berlin, 1998