Neubrandenburg – Vorstadtbahnhof

Bei Eisenbahn-Nostalgikern galt der Streckenabschnitt zwischen dem Neubrandenburger (Haupt-) Bahnhof und dem Bahnhof Neubrandenburg Vorstadt als Highlight der Bahnstrecke nach Friedland. Bis 1994 fuhren die Bahnen über die – inzwischen fast legendäre – große Westkurve der (Haupt-) Bahnhofs-Umfahrung.

Dabei überspannten zwei Stahlträgerbogenbrücken zuerst die Güstrower Strecke und kurz danach die Stralsunder Strecke der Berliner Nordbahn.

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Die Trasse führte in großem Bogen an Kleingärten vorbei und durchquerte zwei Wohngebiete. Südlich der Strecke das ältere Vogelviertel und nördlich der Strecke gelegen das jüngere Reitbahnviertel.

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Eine der wichtigsten Straßen Neubrandenburgs – die Demminer Straße – wurde ebenerdig gequert. Hier stoppte eine große Schrankenanlage regelmäßig den Verkehr auf der vierspurigen und viel befahrenen Straße.

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Die Fahrdienstleitung für die gesamte Strecke hatte unmittelbar am Bahnübergang seinen Dienstsitz (auf der westlichen Seite der Demminer Straße). Das Gebäude steht heute nicht mehr. Vor dem Bahnübergang befand sich auch die Einfahrweiche.

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Bis in die 1950er Jahre befand sich der Bahnhof Neubrandenburg Vorstadt fast unmittelbar hinter dem Bahnübergang. Hier zweigten auch Gleise in den unmittelbar anliegenden Rüstungsbetrieb MWN – Mechanische Werkstätten Neubrandenburg – ab. Der Bahnhof hatte einen separaten Verladebereich, einen kleinen Lokschuppen und eine kleine Reparaturwerkstatt. Auf der Nordseite des Bahnhofes Neubrandenburg Vorstadt befand sich das Gelände einer großen Brauerei, die ihren Frachtverkehr ebenfalls hier abwickelten.

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Nach dem Ende des zweiten Weltkrieges wurde der Rüstungsbetrieb MWN fast vollständig zurück gebaut. Das Gelände lag längere Zeit brach, bevor hier Wohnhäuser errichtet wurden. Einzig die Brauerei blieb bis nach 1989 erhalten und wickelte nach wie vor den Güterumschlag über den Bahnhof Neubrandenburg Vorstadt ab.

Wann genau der Bahnhof Neubrandenburg Vorstadt am ursprünglichen Ort zurück gebaut und mehrere Hundert Meter ostwärts verlegt wurde, ließ sich nicht mehr ermitteln. Einiges spricht dafür, das es Mitte der 1970er Jahre gewesen sein könnte. Zu diesem Zeitpunkt begann der Bau des Wohngebietes auf dem Neubrandenburger Datzeberg. Der nunmehr zum Haltepunkt zurückgestufte neue Verkehrshalt Neubrandenburg Vorstadt lag unmittelbar südlich des Datzeberges, hatte einen mit Betonplatten leicht befestigten unbeschrankten Bahnübergang zur Datzeberg-Seite und eine lange, steile Treppe führte den Datzeberg hinauf. Auf der anderen (südlichen) Seite der Strecke befand sich unmittelbar eines der industriellen Zentren Neubrandenburgs – der Bereich Ihlenfelder / Sponholzer Straße. Hier hatte unter anderem auch das große Wohnungsbaukombinat seinen Sitz. Vermutlich hatte der Haltepunkt bis 1989 einige Bedeutung für den Berufsverkehr.

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Rangierverkehr erschloss auch die umliegenden Betriebe – bahntechnisch war das eine Awanst – eine Ausweichanschlussstelle.

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Der Haltepunkt Neubrandenburger Vorstadt bestand bis zu seiner Aufgabe im Wesentlichen nur aus einem kleinen lieblosen Betonunterstand für wartende Fahrgäste und einer kleineren betonierten Fläche.

1994 veränderte sich die Streckenführung der Friedländer Bahn in diesem Bereich dramatisch. Die Arbeiten an der Elektrifizierung der Berliner Nordbahn (zwischen Berlin und Stralsund) waren ganz genau bis vor die Stahlträgerbrücke der Westumfahrung gekommen. Die Brücke stand schlicht im Weg und musste weg. Alternativ hätte entweder das Gleis der Berliner Nordbahn mehrere Meter tiefergelegt oder die Brücke für die Friedländer Strecke (nebst Bahntrasse) mehrere Meter höher gesetzt werden müssen. Diesen Aufwand wollte man nicht mehr betreiben – das Fracht- und Passagieraufkommen der Friedländer Strecke war auf einem so niedrigem Level angekommen, das es wirtschaftlich einfach nicht darstellbar war. So musste die Brücke schließlich weichen. Übrig blieb der Bahndamm einschließlich der inzwischen denkmalgeschützten Brücke über die (nicht elektrifizierte) Strecke nach Güstrow.

Die Strecke bis zur Demminer Straße wurde abgebaut; der beschrankte Bahnübergang verschwand, sehr zur Freude der Autofahrer.

Der Haltepunkt Neubrandenburg Vorstadt wurde nun über ein inzwischen neu verlegtes Gleis durchs bzw. um das Industriegebiet Ihlenfelder Straße herum von Osten aus erschlossen. Der Haltepunkt Neubrandenburg Vorstadt war durch den Gleisabbau quasi zum Kopfbahnhof geworden; die Loks wechselten nun über ein Lokumlaufgleis die Zugseite.

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Das endgültige Aus für den Haltepunkt Neubrandenburg Vorstand kam dann im April 2016 mit der Inbetriebnahme der etwa einen Kilometer in östlicher Richtung entfernten Verbindungskurve in Höhe der Südstraße.  Sie verbindet direkt die aus Richtung Friedland kommende Strecke mit dem Industrieanschlussgleis. Ein Halt mit Fahrtrichtungswechsel am Haltepunkt Neubrandenburg Vorstadt ist nun nicht mehr erforderlich. Sukzessive erfolgt ein Rückbau der nicht mehr benötigten Gleisanlagen. Der Standort des ehemaligen Haltepunktes ist inzwischen fast vergessen. Nur wenige Spuren blieben.

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Quellen:

Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek (SLUB) „DDZ: Meßtischblatt 2445 : Neubrandenburg, 1945, 2010 Serie: Topographische Karte (Meßtischblätter); 2445,1945“; Beschreibung: Neubrandenburg. – Hrsg. 1885, letzter Nachtrag 1943. – 1:25000. – [Berlin]: Reichsamt für Landesaufnahme, 1945. – 1 Kt.; Verwalter: Dresden, Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB), Kartensammlung, Signatur/Inventar-Nr.: SLUB/KS 29037,2445

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