NVA – Iz 6 Wahrsow

Das einst kleine Dörfchen Wahrsow lag bis 1989 im Grenzsperrgebiet der DDR. In unmittelbarer Nähe befand sich die ehemalige Staatsgrenze zur Bundesrepublik und die Grenzübergänge Herrenburg und Selmsdorf.

Für die allermeisten Menschen war das Gebiet zwischen Schönberg und Lübeck „verbotene Zone“ – gesichert vom Grenzkommando Nord.

Der von den Grenzregimentern umfangreich genutzte Fuhrpark wurde in Wahrsow in Stand gehalten und repariert. Hier hatte sozusagen ein „NVA-eigener Reparaturbetrieb“ seinen Sitz: der 6. Kraftfahrzeug-Instandsetzungszug – so die offizielle und etwas sperrige Bezeichnung. Strukturell gehörte er also zum 6. Grenzregiment des Grenzkommandos Nord. Zum Aufgabengebiet gehörte nicht nur die Wartung und Reparatur des Fuhrparkes, sondern auch der militärischen Pioniertechnik sowie die Reparatur der Grenzsicherungsanlagen.

Folgerichtig befinden sich auf dem Gelände unzählige Garagengebäude und Reparaturhallen. Als betonierter Weg führt die Zufahrtsstraße einmal quer durchs Gelände bis zum Garagenbereich, der noch einmal separat mit einem Zaun und Stacheldraht gesichert war.

Wahrsow - Stabsgebäude - Blick in den Hof

Das Gelände wurde in der Form eines Karres angelegt. Die Frontseite – parallel zur Hauptstraße nahm das markante Stabsgebäude ein, flankiert von der Toreinfahrt und dem Wachgebäude.

Wahrsow - Stabsgebäude - Blick von der Unterkunftsbaracke

Seit der Aufgabe des Geländes ist die originäre Zufahrt völlig zugewuchert und unpassierbar. Müll und Grünschnitt liegt hier überall herum.

Wahrsow - Stabsgebäude - Eingang

Wie neu sieht von weitem noch die gemauerte Ziegelsteintreppe aus, die als giebelseitiger Zugang in das Stabsgebäude dient. Sie leuchtet hell rot und bildet einen schönen Kontrast zu dem umgebenden grün.

Wahrsow - Stabsgebäude - OvD Zimmer (2)

Allerdings ist die Treppe das einzige, was (fas wie) neu aussieht – der Rest des Gebäudes ist völlig heruntergekommen und entkernt. Es sieht aus, als hätte jemand einen halbherzigen Sanierungsversuch unternommen. Der Putz wurde zum großen Teil von den Wänden geschlagen, die Fenster wurden alle ausgebaut. Alles, was nach Metall aussieht, wurde entfernt.

Der Blick in das Zimmer des Offiziers von Dienst (OvD) zeigt wieder das typische vergitterte Fenster, ist ansonsten aber leer. Ein einzelner Stuhl steht herum, vermutlich von einem lost-place-Fotografen zur Inszenierung dort hingestellt. Ein schönes Motiv ist es alle Male – ich nehme es gerne mit…

Beim vorsichtigen Gang durch das ausgeräumte Gebäude stößt man früher oder später auch auf die Reste des ehemaligen Sanitärbereiches. Irrwitzigerweise hängt in der Dusche noch eine alte Leuchtstoffröhre von der Decke – in der so typischen Deckenhalterung.

In den beiden Etagen des Stabsgebäudes sind alle Zimmer völlig kahl und befinden sich praktisch im Rohbauzustand. Der Keller des Gebäudes zeigt eine kleine Besonderheit: er besaß einen kleinen Fluchttunnel. Vermutlich wurde der Keller als provisorischer Schutzraum genutzt und der Notausgang sollte im Fall der Zerstörung des Gebäudes einen sicheren Ausgang bieten – der Tunnel endete etwa zehn Meter vom Gebäude entfernt in einem gemauerten Ausstiegsschacht.

Gegenüber vom giebelseitigen Eingang des Stabsgebäudes (von der Straße aus gesehen rechts) befand sich eine lang gezogene Holzbaracke.

Wahrsow - Stabsgebäude und KDL- Blick von der Unterkunftsbaracke

Sie diente als Unterkunft für die Soldaten und beherbergte außerdem die entsprechenden sanitären Anlagen.

Wahrsow - Unterkunftsbaracke (1)

An einer Giebelseite befand sich der Waschraum. Völlig demoliert, ausgeräumt und zugemüllt erkennt man an den gefliesten Wänden noch die Halterungen für die Waschbecken, die (natürlich) fehlen.

Wahrsow - Unterkunftsbaracke Waschküche

Der Blick in das Innere der Baracke ist unspektakulär. Alles ist ausgeräumt und sehr baufällig. Der Holzfußboden gleicht einer Achterbahn und fehlt an manchen Stellen völlig. Eine einzige Tür im typischen NVA-Look hat überdauert.

Wahrsow - Unterkunftsbaracke

Im ehemaligen Lager- und Küchenbereich wurden Teile der Innenausstattung lieblos übereinander gestapelt und vergessen.

Wahrsow - Werkstätten 03

Auf den ersten Blick scheint der Werkstattbereich noch ganz gut erhalten zu sein.

Wahrsow - Werkstätten 02

Wahrsow - Werkstätten 01Bei näherem Hinsehen offenbart sich jedoch die Verwahrlosung. Die Gebäude sind sämtlich mit Müll und Ablagerungen jeder Art versehen, dabei bilden Unmengen von Autoreifen noch den harmlosesten Teil. Einige der Gebäude sind schon völlig zusammengefallen; fast überall hängen die Dächer durch – ein Betreten verbietet sich hier von selber. Was hier alles abgelagert wurde, weiß niemand.

Irgendwo fällt ein Blick auf die elektrische Anlage. Sie bietet den typischen DDR / NVA – Look. Aus der Beschriftung geht hervor, das sich im Werkstattbereich sogar eine Dreherei befunden hat. Vermutlich wurde hier das eine oder andere Ersatzteil in Handarbeit selber hergestellt. Auch in der NVA war die Mangelwirtschaft nicht zu verleugnen.

Beim weiteren Gang über das Gelände muss man höllisch aufpassen. Im hohen Gras verbergen sich unvermutet offene Schächte – akute Verletzungsgefahr!

Wahrsow - Schaltschacht 02

Einige freie Betonflächen künden davon, was dem gesamten Gelände noch bevorstand: Totalabriß. 2018 rollten die Bagger an. Heute wird hier ein Wohngebiet errichtet, zum Grundstückspreis von 125 Euro pro Quadratmeter.

Wahrsow - Fundamente

 

2 Gedanken zu „NVA – Iz 6 Wahrsow

  1. Nutzung als MTS-Stadtion der hiesigen LPG; Übernahme in den 60er Jahren als Standort für den gebildeten Pionierzug der 6.Grenzbereitschaft (Aufbau der Sperranlagen usw.) ab 1971 Standort für Kfz-Instandsetzungszug 6 – Wartung und Instandsetzung von Technik durch Zivilisten usw. ; nichts mit OvD oder Stabsgebäude…. oder Grenzzaunwartung; Teilweise Lagerplatz für Material; ab 1989 Lagerfläche und Rückgabe an Gemeinde; Asylbewerberheim, leerstand ab 1996! https://ddr-grenztruppen.de/easylink/index.php?item/468-pionierzug-wahrsow/&itemID=468 Grüße diemacher

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