Friedland (Meckl.) – Bahnhof

Ein überraschend großes Bahnhofsgelände für eine kleine Stadt wie Friedland in Mecklenburg.

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Die Kleinstadt Friedland entwickelte sich insbesondere im 19. Jahrhundert zu dem einzigen industriellen Zentrum des Landes Mecklenburg – Strelitz.

Im Jahre 1884 kam die Eisenbahn nach Friedland. Mit einer als Nebenstrecke geführten Verbindung nach Neubrandenburg (das sich gerade zu einem Eisenbahnknotenpunkt entwickelte). Die Neubrandenburg-Friedländer Eisenbahn Aktiengesellschaft war erst im Februar 1884 gegründet worden und schon im November des gleichen Jahres konnte die Strecke eröffnet werden. Die Trassenabsteckung und die Vermessungsarbeiten waren schon ab Juli 1882 erfolgt1).

Mit der Bahn kam der industrielle Aufschwung. Neue Unternehmen siedelten sich in unmittelbarer Bahnhofsnähe an: Molkerei (1890),  Zuckerfabrik (1891), Mosaik-Plattenwerk (1894), Kartoffelstärkefabrik (1896). Fast alle hatten ein Bahn-Anschlussgleis. Rund um den Bahnhof entstanden Speicher- und Lagergebäude.

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ehemaliges Industrieanschlussgleis in Friedland (Meckl.)

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Ab 1890 wurde mit dem Bau verschiedener Schmalspurstrecken in der Region begonnen – so entstand bis 1896 ein etwa 250 km langes Streckennetz, das unter der Regie der Mecklenburg-Pommerschen Schmalspurbahn Aktiengesellschaft (MPSB) betrieben wurde. Der Sitz der Hauptverwaltung war – natürlich – in Friedland. Von Friedland aus führte eine Strecke der MPSB in östlicher Richtung nach Ferdinandshof und eine weitere Strecke in nördlicher Richtung nach Dennin, wo sich die Strecke verzweigte und bis nach Anklam bzw. Jarmen führte. Die MPSB richtete im Bahnhof Friedland eine Reparaturwerkstatt ein mit umfänglichen Einrichtungen, u.a. ein 14-ständiger Ringlokschuppen, der über eine Drehscheibe angebunden war. Markant ist auch heute noch das Gebäude der MPSB-Hauptwerkstatt mit dem Turm.

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Der Friedländer Bahnhof der MPSB lag nur wenige Meter vom Empfangsgebäude der Regelspurbahn entfernt (und fällt etwas bescheidener aus, als das Empfangsgebäude der Regelspur).

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Wie zu dieser Zeit üblich, befand sich im Empfangsgebäude auch die Dienstwohnung des Bahnhofsvorstehers. Neben dem obligatorischen Warteraum und dem Verkaufsschalter für Fahrkarten (und Bahnsteigkarten) befand sich auch die Post im Empfangsgebäude. Schon 1894 lässt sich im Friedländer Bahnhof ein Postamt II. Klasse nachweisen (Postmeister Richter); 1905 ein Postmeister Wille 2), 3)

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Entlang des Regelspurgleises entstanden Lagerschuppen für die Güterabfertigung.

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Zwischen den Regelspurgleisen und den Gleisen der Schmalspurbahn erbaute der Anklamer Landwirtschaftliche Ein- und Verkaufsverein ein riesiges Speichergebäude (etwa um 1920).

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Die umfangreichen Bahnanlagen im Friedländer Bahnhof dienten hauptsächlich dem Güterverkehr und sind im Wesentlichen durch das umfangreiche Netz der MPSB nebst deren zentraler Reparaturwerkstatt in Friedland entstanden. Wie groß der Unterschied zwischen den Bahnanlagen der MPSB und der Regelspur-Nebenbahn-Strecke nach Neubrandenburg war, kann man auch an den Lokschuppen erkennen. Der Lokschuppen der MPSB war ein14-ständiger Ringlokschuppen und über eine Drehscheibe erschlossen; der Lokschuppen der Regelspurbahn war nur ein zweiständiger Ziegelbau mit angrenzendem Werkstattgebäude.

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Das Gebäude der Bahnmeisterei steht in unmittelbarer Nähe zum Lokschuppen – vermutlich wurde ab 1945 auch nicht mehr zwischen MPSB- und Regelspur-Bahnmeisterei unterschieden.

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Der Anfang vom Ende begann schon nach Kriegsende 1945, als große Teile des MPSB-Streckennetzes zur Reparationszwecken abgebaut wurde. Auf den verbliebenen etwa 60 km langen Teilstrecken wurde der Betrieb dann in den 1960er Jahren eingestellt. Immer mehr Transporte wurden auf der Straße abgewickelt. Die Gleisanlagen der Schmalspurbahn wurden auch im Bahnhof Friedland abgebaut; neue Regelspurgleise wurden verlegt (z.B. Anbindung des MPSB-Bahnhofes mit Verlängerung als Industrie-Anschlussgleis für die Zuckerfabrik). Die meisten ursprünglichen MPSB-Gebäude wurden nun durch die Deutsche Reichsbahn nachgenutzt.

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Eine weitere Zäsur kam dann 1990. Unter marktwirtschaftlichen Verhältnissen konnten die Betreibe mit ihrem veralteten Maschinen – und Gebäudebestand nicht mehr lange existieren. Mit dem Wegfall der vielen Unternehmen bestand auch nur noch wenig Bedarf an Eisenbahntransportdienstleistungen.

Am 14. Januar 1994 endete der Personenverkehr mit seinen drei täglichen Zugpaaren auf der Strecke von Neubrandenburg nach Friedland. Güterverkehr fand auf der offiziell zum 31.12.2002 stillgelegten Strecke Friedland – Neubrandenburg Vorstadt lange Zeit nur noch sporadisch bis gar nicht statt.

Seit 2023 findet wieder Güterverkehr zwischen Friedland und der Ausweich-Anschlußstelle Trollenhagen statt. Geplant sind vier bis sechs Fahrten pro Betriebstag bei zwei Betriebstagen pro Woche. Hauptnutzer ist eine Landhandelsgesellschaft, die hier hauptsächlich Dünger transportiert.

Personenverkehr ist auf der Strecke derzeit nicht geplant. Der Bahnsteig vor dem Empfangsgebäude verwaist seit Jahrzehnten.

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Die verfallenden Gebäude und Bahnanlagen im Friedländer Bahnhof stehen fast alle unter Denkmalschutz! Vermutlich werden sie zu einem großen Teil langfristig, trotz Strecken-Wiederbelebung, nicht zu retten sein.

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Quellen:

Brauns, Anke „Bahnstrecke Friedland – Neubrandenburg wird saniert“, Nordkurier, 17.07.2017 (online)

„Denkmalliste des Landkreises Mecklenburgische Seenplatte“ – Eintragungen zu „Friedland“

Eisenbahnbundesamt „Übersicht über stillgelegte bundeseigene Strecken“

Stallmeyer, Henning „Bahn von  Neubrandenburg nach Friedland – so oft soll sie fahren“, Nordkurier, 14.09.2023 (online)

Stallmeyer, Henning „Züge rollen wieder auf fast vergessener Strecke bei Neubrandenburg“, Nordkurier, 25.08.2023 (online)

1)„Großherzoglich Mecklenburg – Strelitzscher Officieller Anzeiger für Gesetzgebung und Staatsverwaltung“, Nr. 24, Neustrelitz, den 21. Juli 1882

2) „Handbuch für das Deutsche Reich auf das Jahr 1894. Bearbeitet im Reichsamt des Inneren“, Berlin 1894, Seite 351

3) „Handbuch für das Deutsche Reich auf das Jahr 1905. Bearbeitet im Reichsamt des Inneren“, 13. Jahrgang, Berlin 1905, Seite 503

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