2019 – Der etwas andere Jahresrückblick

Die Zeit um den Jahreswechsel wird gerne genutzt, um zurückzublicken. Auf Vergangenes, auf Erlebtes, auf das, was bewegte. Hier in diesem blog wird über große und kleine geschichtsträchtige Orte berichtet, deren Vergangenheit und Geschichte oft vergessen ist. Macht es da nicht erst recht Sinn, die Gedanken schweifen zu lassen?

Wer über lost places schreibt, kommt sich selbst oft genug vor wie der Teilnehmer im sprichwörtlichen Wettrennen zwischen Hase und Igel. Einem Wettlauf um die Dokumentation eines Ortes und dem Abrissbagger. Ich denke, jeder Verfallsfaszinierte kennt das: man hat sich einen spannenden Ort herausgesucht, den man besuchen, erkunden und dokumentieren möchte… und dann ist dort nichts mehr; oder nichts mehr, was sich lohnen würde, auf ein Bild gebannt zu werden.

Einer dieser Orte war für mich das Hotel Geiger in Berchtesgaden – ein Ort, den ich noch aus „guten Zeiten“ kenne – als lost place wollte ich ihn immer mal sehen, nun ist es dafür zu spät. Diese Legende hat 2019 völlig aufgehört zu existieren. Nur noch eine Bushaltestelle erinnert an diesen Ort!

Gerade bei innerstädtischen lost places geht das oft rasant schnell — befremdlich finde ich es, wenn trotz Denkmalschutz schnell zur Abrissbirne gegriffen wird. Ein von mir gern genutztes plakatives Negativbeispiel aus meiner Heimatstadt ist der Abriss der denkmalgeschützten Heinkel-Mauer in Rostock.

HRO - Heinkelwerke Heinkelmauer

Die sogenannte Heinkelmauer – abgerissen 2017 trotz Denkmalschutz

Aber auch „der Abriss durch Nichtstun“ kommt dem aktiven Abriss gleich – dem Verfall preis gegebene denkmalgeschützte Objekte scheint es überall zu geben. Einen dieser Orte konnte ich dieses Jahr noch besuchen – so lange er noch steht… die Ziegelei Nath & Oeder in Wiesbaden.

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Aufhorchen sollte man, wenn lange verschlossene Gebäude plötzlich für einen kurzen Zeitraum für künstlerische Aktionen geöffnet werden. So geschehen zum Beispiel im Hotel Zur Löwenburg in Unkel (erst Kunst, dann Abriss) und bei der Wiesbadener City-Passage (Kunst war gestern, Abriss ist morgen).

Mindestens genauso enttäuschend ist es, einen bereits bekannten Ort nach langer Zeit wieder zu besuchen und festzustellen, das dieser Ort noch weiter verfallen ist. Selten werden diese Orte dadurch noch romantischer.

Ein Ort scheint in der Tat von Besuch zu Besuch noch romantischer zu werden: die Aartalbahn. Das liegt vermutlich daran, das die Bahnstrecke ohnehin schon recht romantisch ist.

Aartalbahn im HerbstJe mehr Zeit ins Land geht und die um eine Reaktivierung der Strecke Kämpfenden Jahr um Jahr enttäuscht werden, um so mehr holt sich die Natur die Strecke zurück. Diese stillgelegte Bahnstrecke ist immer einen Besuch wert und auch hier noch lange nicht in Gänze dokumentiert und beschrieben – wenn es nur nicht so weit weg wäre…

Eine kleine Überraschung hielt der diesjährige Tag des offenen Denkmals bereit. Ich nutze diesen Tag sehr gerne, werden doch hier sonst nicht zugängliche Objekte manchmal für Besichtigungen geöffnet. Völlig überraschend (weil nicht abzusehen), öffnete in diesem Jahr ein sehr bekannter lost place seine Türen: die Villa Baltic in Kühlungsborn. Das Haus hat seit Anfang 2019 einen neuen Eigentümer. Dieser ermöglichte einen geführten Blick in das Innere dieses Prachtbaus – den ersten überhaupt seit vielen Jahren. Recht Herzlichen Dank dafür auch an dieser Stelle – den entsprechenden Beitrag zur Villa Baltic habe ich sehr gerne überarbeitet und um faszinierende Einblicke in das Innere ergänzt!

 

Buy the way: der am meisten aufgerufene Beitrag 2019 ist mit Abstand der Beitrag zur Villa Baltic – das zeigt das große Interesse an diesem faszinierenden Gebäude! Ich bin überzeugt davon, den Beitrag über diesen lost place in einigen Jahren (zehn???) in die Rubrik Gelungen verschieben zu dürfen.

Ob das Warnemünder Haus des Sports in diese Kategorie verschoben werden kann, wird wohl das nächste Jahr zeigen – hier laufen nun Umbau-Arbeiten. Das gesamte Gebäude wurde entkernt. Durch Baugerüste hindurch kann man derzeit einen Blick auf das leer geräumte Innere erhaschen. Außer einer kleinen Säule, die man im Gerüstwald kaum erkennen kann, ist nichts zu sehen – ein entkernter Rohbau.

Verkauft auf einer Immobilienauktion wurde in diesem Jahr eines der wenigen in Rostock noch erhaltenen Relikte des Kalten Krieges: der Luftbeobachtungsbunker in der Rostocker Südstadt. Das Startgebot lag bei nur 500 Euro – letztlich wurde „das Teil“ für 6.000 Euro von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) verkauft. Man darf gespannt sein, was hier an und mit diesem Objekt passieren wird.

LuBeBu HRO Suedstadt 2019

Überraschenderweise veranstaltete eine große Werft in diesem Jahr einen Tag der offenen Tür. Dies wäre hier an dieser Stelle nicht besonders berichtenswert, wenn sich dadurch nicht die legale Möglichkeit ergeben hätte, einen doch noch größeren industriellen lost place zu begutachten: die ehemalige Warnow Werft. Das markante brach liegende Gelände befindet sich auf dem Betriebsgelände einer bekannten Werft und ist sonst nicht zugänglich. So konnte die Gelegenheit zu einer ausführlichen Tour genutzt werden. Das Wetter an diesem Tag war zwar äußerst bescheiden, aber einige tolle Motive haben sich der Kamera dennoch geboten.

Warnowerft Impression 01

Noch nie habe ich an einem lost place ein solches Begängnis mit Kamera bewaffneter Menschen gesehen… Allein, der Beitrag zu diesem lost place muss noch geschrieben werden. Dies ist sozusagen einer der Vorsätze für das kommende Jahr (ohne die es ja irgendwie auch nicht zu gehen scheint).

Wahrsow - Stabsgebäude - OvD Zimmer klein

Zu den Beiträgen, die noch geschrieben werden müssen, gehört auch ein Beitrag über einen NVA Standort in Wahrsow im Landkreis Nordwestmecklenburg: der 6. Kraftfahrzeug-Instandsetzungszug hatte dort sein Domizil.

Dieses ist inzwischen vollständig abgerissen worden – die innerstädtische Lage erhält eine neue Bebauung. Gut, das ich diesen Ort doch schon vor einigen Jahren besuchen konnte (als er tatsächlich noch wie im Dornröschenschlaf da lag, völlig unscheinbar und vergessen) und genügend Bilder gemacht hatte.

Zum Schluß dieses etwas anderen Jahresrückblickes bleibt nur noch eines zu sagen:

D A N K E ! 

Danke an meine Stammleser, im online-Jargon Follower genannt. Danke für Eure Treue, Eure Kommentare, Euer feedback und Eure likes!

Danke an mehr als 3.000 Besucher und knapp 10.000 Seiten-Aufrufe! Das ist für einen kleinen, nicht kommerziellen Blog ohne jede Werbung doch eine ganze Menge!

Allen Verfallsfaszinierten wünsche ich auch im neuen Jahr viele schöne Touren, gelungene Fotos, und wenig Frust über Vandalismus (ich weiß, ein frommer Wunsch, aber die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt…).

Allen meinen Lesern wünsche ich auch weiterhin viel Spaß beim Stöbern und Lesen auf meiner Seite sowie beim Entdecken spannender Ort, großer und kleiner.

 

3 Gedanken zu „2019 – Der etwas andere Jahresrückblick

    • Vielen Dank für das Lob!
      Über Vandalismus klagen wohl alle ernsthaften Urbexer. Die sinnlose und mutwillige Zerstörung ist etwas, was ich in meinen Kopf auch nie hinein bekomme. Da fehlt mir jegliches Verständnis!
      Ich wünsche Dir auch viele schöne Orte!
      Die erste Tour des Jahres habe ich schon absolviert – und es waren wirklich spannende Orte dabei. Auch wenn das Wetter wirklich übel war… ich muss mal sehen, ob wenigstens ein paar Bilder vorzeigbar sind.. Es ist immer wieder erstaunlich, was man so entdecken kann…

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