U-Verlagerung Valentin (Bremen)

Eine U-Boot Werft, komplett in einem Riesenbunker. Ein Monstrum aus Beton. Der zweitgrößte überirdische Bunker in Europa.

426 Meter lang, 97 Meter breit, 32 Meter hoch. Die Wandstärke betrug mehr als 4,5 Meter, die Deckenstärke etwa 7 Meter.

Entsprechend der Systematik der U-Verlagerungen war dies ein Sonderbauvorhaben mit Baubeginn im Jahre 1943.

Möglich wurde dieser Bau nur durch den massiven Einsatz von Zwangsarbeitern. Hier waren es zwischen 10.000 und 12.000. Wie viele davon ums Leben kamen, ist unbekannt. Offizielle Zahlen sprechen von 1.700 Toten.

Unmengen an Material wurden verbaut: eine Million Tonnen Kies und Sand, 132.000 Tonnen Zement, 20.000 Tonnen Stahl. 50 verschiedene Firmen (darunter so bekannte Namen wie Wayss & Freytag und Hochtief), organisiert in zwei Arbeitsgemeinschaften (ARGE Nord und ARGE Süd) und kontrolliert von der Organisation Todt, waren gleichzeitig beschäftigt.

Immens waren auch die Kosten: Für das Jahr 1944 waren für die Bauarbeiten 70 Millionen Reichsmark vorgesehen. Das entspräche heute etwa 350 Millionen Euro.

Der U-Boot-Bunker „Valentin“ in Bremen-Rekum war eine von drei verbunkerten Werften, die eigens für die Endmontage des U-Boot-Typs XXI gebaut wurden. Der U-Boot-Typ XXI war das modernste U-Boot seiner Zeit, konnte lange Strecken tauchen und war – Dank großer Batterien – unter Wasser genauso schnell, wie bei der Überwasserfahrt. Dieser U-Boot-Typ zählte zu den „Wunderwaffen“, mit denen der schon verlorene Krieg doch noch gewonnen werden sollte.

Die Bauteile für den U-Boot-Typ XXI kamen von 32 verschiedenen Standorten überall aus dem Deutschen Reich. Die riesigen Batterien kamen z.B. aus dem Akkumulatorenwerk Hannover-Stöcken (AFA Akkumulatorenfabrik AG, nach dem Krieg umbenannt in VARTA)  die Sektion 4 (die die Mannschaftsräume enthielt) wurde in Frankfurt / Main gefertigt (Fa. J.S. Fries Sohn). Per Bahn oder per Schiff wurden die einzelnen Sektionen an die beiden Werftstandorte Hamburg (Blohm & Voss – Montage der Sektionen 1, 2, 7 und 8 im U-Boot-Bunker „Wespe“) und Bremen (Bremer AG Weser – Sektionen 3 – 6 im U-Boot-Bunker „Hornisse“) für den Innenausbau transportiert; nach der Fertigstellung der U-Boot-Werft „Valentin“ sollte die Montage der U-Boote komplett in Bremen erfolgen.

Quer zur Bunker – Hauptachse verliefen im hinteren Drittel Bahngleise für die Anlieferung einzelner Bauteile (z.B. Batterien und Sehrohre);

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im vorderen Drittel befand sich die Straßenzufahrt für die Anlieferung einzelner Sektionen oder Motoren per LKW;

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die Anlieferung der einzelnen Sektionen, der vorgefertigten Türme und der Motoren per Schiff sollte über den wasserseitigen Bunkerzugang erfolgen.

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Gefertigt werden sollte in der U-Boot-Werft „Valentin“ im Fließband-Taktverfahren.

An der Station 1 sollte die Kiellegung und der Einbau der Dieselmotoren erfolgen; die Stationen 2 und 3 waren für das Ausrichten und das zusammenschweißen der einzelnen Sektionen vorgesehen. Der Innenausbau sollte im Mittelteil des Bunkers an den Stationen 4, 5 und 8 erfolgen.

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An den Stationen 6 und 7 war der Einbau und die Fertigstellung der Turmaufbauten geplant. Batterien und Sehrohre sollten an den Stationen 9 und 10 eingebaut werden. An der Station 11 befand sich die Batterie-Ladestation. Die Stationen 12 und 13 befanden sich im flutbaren Schleusenteil des Bunkers. Station 12 war der Versorgungs- und Ausrüstungskai und konnte für die Erledigung von Restarbeiten genutzt werden.

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An Station 13 erfolgte der Motorentest und die Dichtigkeitsprüfung. Dazu konnte durch Schleusentore der Wasserstand in der Montagekammer entsprechend erhöht werden. Die Ausfahrt der fertigen U-Boote sollte über das Schleusentor in die Weser erfolgen.

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Vom U-Boot-Typ XXI wurde nur eine überschaubare Anzahl gebaut – lt. den Akten des Oberkommandos der Kriegsmarine waren im Juni und Juli 1944 nur insgesamt 8 Boote tatsächlich ausgeliefert worden. Die Planungen sahen eine Steigerung der Produktion vor – im August 1944 sollten 9 Boote fertig gestellt werden, im September 16 Boote.

Für den U-Boot-Bunker „Valentin“ sahen die Planungen vor, dass alle 56 Stunden ein U-Boot fertig gestellt werden sollte – 14 Stück monatlich.

Noch im Dezember 1944 erteilte Albert Speer die Freigabe für den Erweiterungsbau des U-Boot-Bunkers. Unter dem Decknamen „Valentin II“ sollte ein großer Anbau an den Bunker „Valentin“ erfolgen und die Montagekapazität deutlich erhöht werden. Mit den Erdarbeiten für diesen Bau wurde noch im Februar 1945 begonnen.

Im März 1945, kurz vor der Inbetriebnahme des U-Boot-Werft-Bunkers „Valentin“, war das Bauwerk mehrmals das Ziel englischer Bomberangriffe. Dabei kamen auch die „grand slam“ und „tall boy“ genannten Riesenbomben (10 Tonnen bzw. 4,5 Tonnen) zum Einsatz, die den Bunker zwar nicht zerstörten, jedoch die nicht fertig betonierte Bunkerdecke durchschlugen und erhebliche Schäden anrichteten. Die Baustelle wurde danach aufgegeben, geplante Reparaturen der Bombenschäden wurden nicht mehr ausgeführt, der Bunker nie final fertig gestellt. Auch die Erdarbeiten für den Bunker „Valentin II“ wurden eingestellt.

Nach dem Krieg stand der Bunker zunächst leer.

Die unbeschädigten erbeuteten U-Boote vom Typ XXI wurden unter den Siegermächten aufgeteilt und waren das Vorbild für die nachfolgenden amerikanischen, britischen und sowjetischen Eigenentwicklungen.

Mit dem U-Boot-Bunker konnte man nichts anfangen; zu sprengen war er nicht. Erste Pläne, das Bauwerk komplett zu übererden, hatte man aus Kostengründen schnell wieder verworfen. Die US-Army wollte hier dann Atomsprengköpfe lagern, wozu es auch nicht gekommen ist. Ab 1960 nutzte die Bundeswehr den Bunker bzw. Teile davon als Materialdepot. Die Bundeswehr blieb bis 2010! In den folgenden Jahren wurde der Bunker zu eine Gedenkstätte umgestaltet und ist heute der „Denk-Ort Bunker Valentin“.

Quellen:

[Hrsg.] Heusler, Andreas / Spoerer, Mark / Trischler, Helmuth „Rüstung, Kriegswirtschaft und Zwangsarbeit im Dritten Reich“, München, 2010

[Hrsg.] Steinführer, Henning / Steinwascher, Gerd „Geschichte und Erinnerung in Niedersachsen und Bremen. 75 Erinnerungsorte“, Göttingen, 2021

Birk, Prof. Andreas (u.a.) „3D Erfassung der Gedenkstätte U-Boot Bunker Valentin durch Luft-, Boden- und Unterwasserroboter (Valentin3D)“, Projekt Valentin 3D der Robotics Group of Constructor University Bremen, 2022 – veröffentlicht unter creative common license – Attribution – non commercial use CC BY-NC 4.0

Internetpräsenz denkort minus bunker minus valentin Punkt de

Foedrowitz, Michael „Bunkerwelten. Luftschutzanlagen in Norddeutschland“, Berlin, 1998

Kaule, Martin „Faszination Bunker. Steinerne Zeugnisse der europäischen Geschichte“, 2. Auflage, Berlin, 2017

Meyer, Marcus „Denkort Bunker Valentin. Pädagogische Überlegungen zum zweitgrößten überirdischen Bunker Europas“, in: [Hrsg.] Historisch – Technisches Museum Peenemünde „NS-Großanlagen und Tourismus. Chancen und Grenzen der Vermarktung von Orten des Nationalsozialismus“, Berlin, 2016, S. 84 ff.

Oberkommando der Kriegsmarine „Zusammenstellung der in das Mindestbauprogramm aufgenommenen Bauvorhaben der Kriegsmarine“, Berlin, 26.Juli 1944 in:  German Docs in Russia – Bestand 500 – Findbuch 12453 – Oberkommando der Kriegsmarine – Akte 100 „Rangfolgelisten mit Angaben über die Finanzierung der Kriegsschiffbaubetriebe und der anderen Firmen, die die Aufträge der Kriegsmarine übernahmen, sowie über die Finanzierung der Sonderbauvorhaben der Kriegsmarine in der Zeit vom Juli 1943 bis September 1944″

Oberkommando der Kriegsmarine „Rüstungsbesprechung Kriegsmarine am 09.08.1944. Besprechungsergebnisse und Entscheidungen“ in:  German Docs in Russia – Bestand 500 – Findbuch 12453 – Oberkommando der Kriegsmarine – Akte 149 „Rüstungs-Besprechungen im Rüstungsamt des Oberkommandos der Kriegsmarine für Juli – August 1944.“

Schiffler, Manuel „Menschen und U-Boote“, Hamburg, 2020

Theune, Claudia „Spuren von Krieg und Terror. Archäologische Forschungen an Tatorten des 20. Jahrhunderts“, Wien, 2020


 

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verbunkerte U-Boot-Werft in Bremen-RekumRekumer Siel, BremenBunker in großen Teilen erhalten; umgestaltet zum „Denkort Bunker Valentin“; Außengelände sowie ein kleiner Teil des Bunkers begehbar

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