Ahlbeck – Haus der Erholung

An der schicken Ahlbecker Ostseepromenade fällt ein verfallender Bau auf. In der Dünenstraße 37 befindet sich ein früher repräsentativer Bau, der 1957 als Haus der Erholung eröffnet wurde. Die Baukosten beliefen sich auf etwa 1, 5 Millionen Mark der DDR und wurden durch den Bauträger FDGB getragen (also von den Gewerkschaftsmitgliedern der DDR bezahlt).

Das Gebäude im typischen Stil jener Zeit mit Dachlaterne diente bis 1989 als Kulturhaus und Verpflegungszentrum für die vielen FDGB-Urlauber im Ort. Viele FDGB – Ferienheime hatten keine eigene Küche und konnten ihren Urlaubern keinerlei Verpflegung anbieten. Die Verpflegung wurde dann zentral organisiert – wie hier im Haus der Erholung.

Ahlbeck HdE Fensterdetail

Einige Details sind auch heute noch sehenswerte Fotomotive – die als Tiermotiv gestalteten Fenstergitter, zum Beispiel.

Ahlbeck HdE SeiteneingangNach dem Ende der DDR kam das Gebäude in Gemeindebesitz und wurde fortan als Kino genutzt sowie als Veranstaltungsraum für den örtlichen Karnevalsverein. Das Kino bot Platz für 130 Besucher; das Gebäude beherbergte noch eine kleine Bar – alles in allem warf der Betrieb des Gebäudes vermutlich nicht genug Geld ab, um das Gebäude auch nur ansatzweise instand zu setzen. Schon im Jahre 2000 wurde es als sanierungsbedürftig eingestuft. Die Gemeinde schrieb es zum Verkauf aus und veranstaltete sogar einen Architekturwettbewerb zur weiteren Nutzung. Der Verkauf des denkmalgeschützten Gebäudes sollte satte 2 Millionen DM in die Gemeindekasse spülen. Vermutlich war dies den Schnäppchen-jagenden-Investoren ein zu hoher Preis.

Seit 2010 steht das denkmalgeschützte Gebäude leer und verfällt. Der quer stehende Anbau soll im Jahr 2020 dem Abrissbagger zum Opfer fallen.

 

Quellen:
Nitzsche, Henrik „Ein Stück HdE wird abgerissen“, Ostseezeitung, 27.02.2019

GSSD – Seekabelbunker Ahlbeck

Was sich da im Wald unweit des kleinen Städtchens Ahlbeck auf der Insel Usedom versteckt, ist schon echt beeindruckend!

Getarnt durch die Nebensächlichkeit des Ortes, zweigt eine Betonstraße von der Hauptstraße ab. Eine seltsam anmutende Schranke versperrt den Weg, zumindest für den rollenden Verkehr. Diese Schranke ist ein russisches Modell. Der normale Tourist ahnt vermutlich nicht, wohin die unscheinbare Zufahrt führt.

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Zunächst geht es durch das ehemalige Kasernengelände, von dem im Wesentlichen nichts mehr übrig blieb. Einige Lampen stehen seltsam deplatziert im Zufahrtsbereich herum, von der Straße aus schon nicht mehr zu sehen. Plattenstraßen, etwas Zaun, etwas mehr Stacheldrahtverhau und Reste eines Sichtschutzes aus Holz, gestrichen in der typisch russisch – grün-braunen Farbe.

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Seekabelbunker 03Fast schon am Ende des Plattenweges, der sich durch den Wald schlängelt, der Bunkerhügel. Erst zu erkennen, wenn man fast schon davor steht. Unvermutet fällt der Blick auf einen der vier Zugänge.

Was hier vor sich hin schlummert ist die bauliche Hülle eines russischen Nachrichtenbunkers. Hier wurde das Seekabel angelandet, das aus dem russischen Kaliningrad an Polen vorbei direkt nach Deutschland führte. Der Bunker wurde in der relativ kurzen Zeit von 3 Jahren zwischen 1979 und 1981 errichtet und unter großer Geheimhaltung in Betrieb genommen.

Das Bauwerk ist ein 1,5 – etagiges Bauwerk – der Hauptteil des Bauwerkes liegt etwa einen bis zwei Meter niedriger als das Niveau der Zugänge, des Sanitärbereiches und des Bereiches für die Wartungsmannschaft. In den tiefer liegenden Teilen des Bauwerkes steht etwa einen halben Meter hoch Wasser – vermutlich durch die mutwillige Zerstörung der Ventile für die Brauch-, Trink- und Kühlwassertanks.

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Die post-technische Bezeichnung dieser Nachrichtenzentrale war PP2, die russische Seite in Kaliningrad trug die Bezeichnung PP1. Vom Bunker in Ahlbeck aus bestand eine Anbindung per Kabel an die Übertragungsstelle 1 der Deutschen Post in Wolgast. Primär jedoch gingen von Ahlbeck aus die Kabel in das GSSD-interne Kabelnetz ab, das alle wesentlichen russischen Garnisionsstandorte miteinander verband.

Mitte der 1980er Jahre gelang es der NATO, das Ostseekabel anzuzapfen. Als dies bekannt wurde, verlor das Ostseekabel seine strategische Bedeutung. Es wurden meist nur noch belanglose Nachrichten über das Kabel weitergeleitet oder Informationen, die der NATO ohnehin bekannt waren.

Ende der 1980er Jahre erfolgte die nachrichtentechnische Sicherstellung des Bauwerkes durch die 132. Nachrichtenbrigade. Sie war dann auch die Brigade, die nach dem Abzug der russischen Truppen vom deutschen Territorium alle Nachrichtenverbindungen kappte und den Bunker außer Betrieb nahm.

Auch dieser Bunker ist leider völlig ausgeräumt. Hier finden sich nicht mal mehr Waschbecken, Toilettenbecken oder Lichtschalter.

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Nur die zwei schweren Türen der Eingangsschleuse liegen noch herum. Die Drucktüren wurden zwar aus ihren Angeln gehoben, aber durch die beengten Verhältnisse war es den Schrottdieben ohne schwere Technik wahrscheinlich nicht möglich, diese schweren Kolosse aus dem Bauwerk hinaus zu schaffen.

Der lange Zugangstunnel, der einst von zwei gegenüberliegenden Eingängen zur Eingangsschleuse des Bauwerkes führt, ist relative eng und teilweise schon sehr zugemüllt. Ganz typisch wieder diese grüne Farbe an der Wand. Von dem gefliesten Boden ist nicht mehr viel zu erkennen.

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Der Schleusenbereich mit vielen kleinen Kammern führt auf einen kleinen Hauptflur, von dem wiederum viele kleinere Räume beinahe labyrintartig abzweigen. Viele Wanddurchbrüche sind das einzige, was von Kabeln und Lüftungsrohren übrig blieb.

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Blick vom Hauptgang des Wartungsbereiches zum Schleusenbereich

Gerade noch erkennbar ist der ehemalige Sanitärbereich.

Der Hauptgang im Wartungsbereich ist einer der Haupt-Zugänge zur unteren Ebene, die die Nachrichtenbetriebsräume, die Klimablöcke und die Netzersatzanlage beherbergten.

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Irgendjemand hat hier ein provisorisches Deckenkabel verlegt, vermutlich um hier unten Licht zu haben. Auch die eine oder andere bemalte Wand findet sich hier im Labyrinth der Gänge und Kammern. Alles in allem ist das Bauwerk in einem traurigen Gesamtzustand; durch die Wasserschäden ist alles feucht und es riecht muffig. Wirklich schöne Fotomotive bieten sich kaum noch. Dennoch ein interessantes historisches Bauwerk mit kaum bekannter Geschichte.

 

Quellen:
„Ostseekabel und Übertragungsstelle PP2“, veröffentlicht auf der Internetpräsenz Nachrichtenbetriebsamt Punkt de