NVA – Kaserne Basepohl

Über die Beweggründe, die dazu führten, das ausgerechnet in der Nähe des kleinen Mecklenburger Dörfchens Basepohl eine riesige Kaserne aus dem Boden gestampft wurde, lassen sich heute nur noch Vermutungen anstellen. Es war wohl die Nähe zu Neubrandenburg, dem Sitz des Kommandos des Militärbezirkes V. Oder irgendjemand hat auf einer Karte mit großem Maßstab einfach ein Kreuz gemalt.

Basepohl Kaserne 05

Die hier dienenden hatten ein geflügeltes Wort: „Nordpol. Südpol. Basepohl.“ Die Pole der Erde sind unwirtlich, fast menschenleer und (fast) niemand wollte dort freiwillig hin…. Oder, um es mit den Worten von Stephen King zu sagen: „Wenn dies nicht der Arsch der Welt war, dann konnte man ihn von dort aus zumindest sehr gut sehen“.

Basepohl Kaserne 01

Anfang der 1970er Jahre begannen die ersten Bauarbeiten auf dem Gelände. Viele Baupläne datieren aus dem Jahr 1972. Entwurfsverfasser war die Stralsunder Außenstelle des VEB Zentrales Entwurfs- und Konstruktionsbüro des Ministeriums für Nationale Verteidigung mit Sitz in Berlin.  Die Bauausführung wurde durch das NVA-Unterkunftsamt Pasewalk organisiert. In Dienst gestellt wurde die Kaserne offiziell am 01.Dezember 1974. Welcher Anstrengungen es dazu bedurfte, kann man nur ahnen – das Vorauskommando hatte nicht all zu viel Zeit, um alles zu organisieren. Es traf erst im August 1974 ein.

Die ersten Truppen hier gehörten zur Luftabwehr – die Funktechnische Kompanie 5 (FuTK-5) und das Fla-Raketenregiment 5 (FRR-5). Die FuTK-5 wird von der Kompanie zum Bataillon weiter entwickelt (FuTB-5). Das ehemalige Stabsgebäude der FuTK-5 steht noch.

Basepohl Kaserne 09

Das Kasernengelände war so weitläufig, das jeder Truppenteil seine eigenen Gebäude hatte. Ein Teil der Gebäude wurde bereits abgerissen.

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Basepohl Kaserne 15

Am 01.11.1975 befiehlt der Minister für Nationale Verteidigung der NVA die Aufstellung des Hubschraubergeschwaders 54. Schon am 25. November landen die ersten Hubschrauber (zwei vom Typ Mi-2 und vier vom Typ Mi-8) auf dem Basepohler Flugplatz, der sich nördlich der Kaserne befindet. Aus dem HG-54 wird 1981 das Kampfhubschraubergeschwader 57 (KHG-57) und 1986 schließlich das Kampfhubschraubergeschwader 54 (KHG-54).

Zum 01.12.1978 wird die Bewegliche Fla-Raketentechnische Basis 5 (BFRTB-5) in Basepohl aufgestellt.

Ebenfalls aus der Mitte der 1970er Jahre stammt die unmittelbar an die Kaserne angrenzende Wohnsiedlung Basepohl am See. Sie diente ausschließlich den Offizieren und ihren Familien als Unterkunft.

Basepohl am See 04

1982 wurde mit den Bauarbeiten für ein Bahnanschlussgleis begonnen, das kurz hinter dem Bahnhof Stavenhagen abzweigt. Fertig gestellt wurde es im September 1984 nebst Kopf- und Seitenladerampen. Es diente, neben der Versorgung von Kaserne und Flugplatz, vor allem dem Kohletransport für das (Heiz-) Kraftwerk. Das Kraftwerk ist heute abgerissen; die Gleise im Bereich der Kaserne sind zurück gebaut, ebenso die Verladerampen.

Das Gelände erreichte im Laufe der Jahre eine Ausdehnung von fast 500 Hektar.

Hauptzugang war der auch auch heute noch erhaltene KDL (Kontrolldurchlass).

Basepohl Kaserne 02

Das Kasinogebäude ist ebenfalls noch erhalten – die einfachen Soldaten und Unteroffiziere hatten hier nur mit Ausgangskarte und in Ausgangsuniform Zutritt.

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Beeindruckend ist auch heute noch der wahrhaft riesige Appellplatz.

Basepohl Kaserne 18

Verschiedene Blickrichtungen zeigen die Größe.

An einer Längsseite des Platzes befindet sich eine gemauerte Rednertribüne.

Auch die Reste des sogenannten Ehrenhains finden sich noch heute auf dem Gelände.

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Auch der obligatorische Sportplatz fehlte auf dem Gelände natürlich nicht.

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Nach dem Ende der NVA am 03.10.1990 zog die Bundeswehr ein. Ab dem 23. Januar 1993 trug die Kaserne den Namen „Kaserne Mecklenburgische Schweiz“. Die Bewachung der Kaserne erfolgte fortan nicht mehr durch Soldaten der Bundeswehr, sondern durch eine private Firma – ein Vorgehen, das zu Zeiten der NVA undenkbar gewesen wäre.

Zum 30.06.1991 wurden das FRR-5 und das BFRTB-5 aufgelöst.

Aus dem KHG-54 und dem FuTB-5 wird zunächst die Heeresfliegerstaffel 80 der Bundeswehr geformt. Mit der Technik der NVA wird jedoch nicht geflogen. Spätestens Ende 1994 war die gesamte fliegende Technik aus Basepohl verschwunden, die Heeresfliegerstaffel 80 wurde schon zum 31.12.1994 wieder aufgelöst. Damit war das verschwunden, was Basepohl militärisch lange ausgemacht hatte: die Hubschrauber, ihre Besatzungen und die gesamte für den Flugbetrieb erforderliche Unterstützung und Infrastruktur.

Am 29. Januar 2001 fällt die politische Entscheidung zur Schließung der Kaserne in Basepohl. Das ist das offizielle Aus für alle von der Bundeswehr hier aufgestellten Einheiten (z.B. Standortsanitätszug, Logistikbataillon 142, Regionales Instandsetzungszentrum und viele andere). Im Dezember 2015 verließ der letzte Lastwagenkonvoi der Bundeswehr die Kaserne.

Ab 2016 wurde das Gelände noch als Unterkunft für Flüchtlinge genutzt. Seit 2018 erfolgten Teilverkäufe des Geländes und der Umbau zu einem Industrie- und Gewerbegebiet läuft. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis vom Charakter der Kaserne nichts mehr übrig sein wird. Hoffentlich vergisst man nicht, wenigstens eine Informationstafel aufzustellen, die von der Geschichte dieses Standortes berichtet und der Menschen, die ihn prägten..

Quellen:

[Hrsg.] Logistikbataillon 142 „30 Jahre Kaserne Basepohl. Geschichte und Gegenwart“, Basepohl und Stavenhagen, 2004

„Bundeswehr hat Kaserne Basepohl aufgegeben“, Welt online, 16.12.2015

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Basepohl – Geistersiedlung

Verlassene kleine Städte – Geistersiedlungen – gibt es hier doch nicht. Dachte ich. Bis ich – wie so oft eher zufällig – auf diesen Ort stieß. Um auch jedes Klischee zu erfüllen: auch dieser verlassene Ort liegt etwas abgelegen, ist fast vergessen und sollte schon lange abgerissen werden. Die Geistersiedlung hat sogar einen Namen: Basepohl am See.

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Sieben große Wohnblöcke im DDR-Plattenbaustil stehen sehr großzügig in der inzwischen bewaldeten Landschaft herum. Idyllisch gelegen an einem See, der von der Siedlung fußläufig zu erreichen ist.

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Diese Siedlung wurde Mitte der 1970er Jahre als Heimstatt für 210 Familien aus dem Boden gestampft. Sie diente ausschließlich der Unterbringung von NVA-Offizieren, Berufsoffizieren sowie Zivilbeschäftigten und deren Familien der direkt nebenan liegenden militärischen Einrichtungen.

Ein Block beherbergte ein Ledigen – Wohnheim für Angehörige der Luftverteidigung. Die einzelnen Blöcke waren entsprechend den stationierten Einheiten (Truppenluftabwehr: FuTB-5 und FRR-5; Luftstreitkräfte: Kampfhubschraubergeschwader KHG-5, Fliegertechnisches Bataillon, Flugplatz) aufgeteilt – aus Geheimhaltungsgründen.

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Die Wohnungen waren alle recht großzügig. Je zur Hälfte 3-Raum und 4-Raum-Wohnungen. Wenn man sich die verbliebenen Überreste der Wohnungen anschaut, war der Ausstattungsgrad sogar über dem DDR-Standard. Voll geflieste Bäder, alle Wohnungen mit Balkon.

Die Giebel-Außenwände hatten sogar eine – damals überhaupt nicht übliche – Wärmedämmung!

Die Wärmeversorgung erfolgte vermutlich blockweise und dezentral. Reste der Heizungsräume lassen dies vermuten.

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Eine Arztpraxis befand sich in einem der Wohnblocks an Stelle einer Wohnung im Erdgeschoß (Hausnummer 2). Heute ist davon nichts mehr zu sehen. Nicht nur sämtliche Hausnummern sind schon längst Opfer des Vandalismus geworden. Verfall und Verwüstung überall.

Nach dem Ende der NVA 1990 wurde der Standort weiter von der Bundeswehr genutzt. Diese gab im Jahr 2015 alle Aktivitäten in Basepohl auf und hatte auch keinen Bedarf mehr an der Siedlung. Die soldatischen Mieter zogen alle aus. An einer weiteren Wohnnutzung hatte niemand Interesse. Seit dem verfällt hier alles. Da ein sinnvolles Nachnutzungskonzept fehlt (wurde überhaupt ernsthaft nach einem gesucht?), wird am Ende irgendwann der Abriss stehen.

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Das Ledigenwohnheim, das auch Kindergarten und Kinderkrippe in einem zweistöckigen Gebäude beherbergte und das örtliche Versorgungszentrum – ein kleiner, barackenähnlicher Flachbau – wurden bereits abgerissen. Im Versorgungszentrum befand sich einst ein kleiner Supermarkt (damals „Kaufhalle“ genannt), eine kleine Kneipe und eine Bibliothek. Eine Schule gab es in der Siedlung nicht – die Kinder mussten mit dem Bus in die nächste Stadt – nach Stavenhagen.

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Mit Rechtskraft zum 01.03.2019 wurde die etwa 925 Meter lange Betonplatten-Ringstraße, die das gesamte Wohngebiet erschließt, entwidmet; das heißt, es ist zum einen keine öffentliche Verkehrsfläche mehr (was eine Nachnutzung so gut wie unmöglich macht, da die öffentliche Erschließung nun nicht mehr gegeben ist). Zum anderen bedeutet dies, das der ehemalige Straßenname „Basepohl am See“ (der der Siedlung seinen Namen gab) aus dem öffentlichen Gedächtnis gestrichen wurde. Ich bin versucht zu sagen: der typische Umgang mit der eigenen jüngeren Geschichte – vergessen, verdrängen, vergraben.

Auf dem Rückweg fand ich noch dieses Relikt…

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Quellen:

[Hrsg.] Landkreis Mecklenburgische Seenplatte „Allgemeinverfügung des Landkreises Mecklenburgische Seenplatte als Straßenaufsichtsbehörde“, 01.03.2019

Kruse, Eckhardt „Die sieben Geisterhäuser von Basepohl“, Nordkurier, 09.07.2018

Kruse, Eckhardt „Bagger holt sich Basepohler Kaufhalle und Garagen“, Nordkurier, 05.10.2018

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Beobachtungsstelle Stavenhagen-Kölpin

Wie eine kleine Burg auf einem Hügel thront die Beobachtungsstelle der ehemaligen Zivilverteidigung der DDR neben einer viel befahrenen Hauptverkehrsstraße. Heute – nach mehr als 30 Jahren Leerstand – ist eine dichte Baumgruppe so hoch gewachsen, dass der gemauerte Bau mit seinem Türmchen kaum noch zu erkennen ist. Dichtes Brombeergestrüpp wächst an den Rändern des kleinen Hügels, auf dem die Beobachtungsstelle erbaut wurde.

Bauwerk mit Zaun

Der Standort war gut gewählt. Von hier oben hat man einen weiten Blick über die teils hügelige Feldlandschaft der Mecklenburger Seenplatte. Das gesamte Bauwerk wurde ebenerdig errichtet. Deshalb ist es kein Bunker im eigentlichen Sinne, sondern könnte als geschützte Beobachtungsstelle klassifiziert werden. Meistens werden diese Bauwerke jedoch als Luftbeobachtungsbunker – Typ B bezeichnet. Im Gegensatz zu den in die Erde gebauten Luftbeobachtungsbunkern, die als Luftbeobachtungsbunker – Typ A bezeichnet werden. Gebaut wurden sie in den 1960er und 1970er Jahren vom Ministerium des Inneren, dem die Zivilverteidigung unterstand.

Eingang

Auch diese Bauwerke waren nicht ständig bemannt, sondern wurden nur in sich anbahnenden Krisen oder zu Übungen besetzt. Aus diesem Grund waren sie zusätzlich von einem hohen Zaun umgeben, der oben mit Stacheldraht versehen war. Bei diesem Bauwerk ist der gesamte Zaun noch völlig intakt. Die kleine Tür im Zaun steht einen Spalt weit offen, wird jedoch von dichten Brombeerhecken bewacht. Dagegen fehlen sämtliche Türen des Bauwerkes. Die ehemalige Gasschleuse erkennt man nur noch an der baulichen Struktur, die gasdichten Türen fehlen komplett. Nur der Stahlrahmen bleib erhalten. Links von der Eingangstür befindet sich ein gemauerter länglicher Schacht, der den Grobsandfilter für die Luftreinigung beherbergte.

Eine automatische Ventilationsanlage gab es bei diesen Bauwerken nicht – hier waren handbetriebene Vorrichtungen zur Belüftung installiert. An der Innenseite des Bauwerkes (quasi hinter dem Grobsandfilter) ist noch die Halterung der manuellen Belüftungsanlage zu erkennen, sowie einige Rohrreste. Vermutlich war hier ein kleiner, mit einer Handkurbel ausgerüsteter, Ventilator befestigt. Überdruckventile (die sogar noch vorhanden sind) sorgten dafür, dass der Luftdruck im Inneren des Bauwerkes durch das permanente Ansaugen von Frischluft nicht zu hoch wurde.

Lampen und Lichtschalter sind im Bauwerk auch noch vorhanden. Ich muss gestehen, das ich für einen kurzen Moment versucht war, den Lichtschalter zu betätigen (obwohl es durch den Turmaufbau nicht dunkel war).

Das Innere des Bauwerkes kann man nur als karg und eng bezeichnen. Viel mehr Platz als neun Quadratmeter bietet das Bauwerk nicht. Im Krisenfall wären hier zwei bis drei Leute eingezogen. Zwei bedienen abwechselnd den Lüfter und einer stand auf der Beobachtungsplattform und beobachtete den Luftraum. Das kleine metallene Podest, auf dem der Luftraumbeobachter stand, diente vermutlich gleichzeitig als Ablage-Regal mit integrierter kurzer Stahlleiter.

Treppenregal

Die verglasten Fenster des Beobachtungsturmes sind noch erhalten, ebenso die im inneren jeweils vor den Fenstern angebrachten Peilscheiben!

In der ehemaligen Gasschleuse hat sogar noch ein Schrank aus DDR-typischen Press-Spanplatten die Zeiten überdauert.

Schon erstaunlich, das auch diese Bauwerken, die doch an recht exponierten Stellen errichtet wurden, so schnell aus dem kollektiven Gedächtnis und der öffentlichen Wahrnehmung verschwunden sind.