NVA – Beobachtungsturm Börgerende

PT Börgerende 05Nur einen Steinwurf vom Strand entfernt, zwischen Heiligendamm und Börgerende, befindet sich dieses Relikt des Kalten Krieges: ein Postenturm der Grenzbrigade Küste. Im offiziellen Sprachgebrauch war es ein Beobachtungsturm vom Typ BT 11. Die Buchstaben BT sind das Kürzel für das Wort Beobachtungsturm, die Zahl 11 gibt an, aus wie vielen Standard-Fertigteilen dieser Turm bestand. Auch diese Türme waren sozusagen standardisierte Massenware – mehr als 25 derartiger Türme standen entlang der Ostseeküste der DDR, nur wenige sind noch erhalten. Ein weiteres Exemplar von diesem Typ ist noch im Ostseebad Kühlungsborn erhalten.

Wozu dieses Netz aus Beobachtungstürmen innerhalb des Grenzregimes der DDR diente, liest sich in offiziellen Dokumenten (hier die Direktive des Ministeriums des Innern Nr. 2/60 vom 8. Januar 1960) unter anderem so:

  • Überwachung und Kontrolle des Schiffs- und Bootsverkehrs in den Hoheitsgewässern,
  • Küstensicherung am Tage bei normalen Sichtverhältnissen vorwiegend durch Beobachtung,
  • Nichtzulassen von Grenzdurchbrüchen durch ununterbrochenen Einsatz der Kräfte und Mittel mit Erreichung der größten Dichte an den Abschnitten Usedom, Priwall und im Raum der Häfen

PT Börgerende 01

Der Beobachtungsturm Börgerende gehörte mit dem heute nicht mehr vorhandenen Beobachtungsturm in Warnemünde und dem Beobachtungsturm in Kühlungsborn zur großräumigen Sicherung der Ostseeküste zwischen den Hafenstädten Wismar und Rostock.

Auch dieser Turm dürfte 1972 errichtet worden sein. In diesem Jahr begann die pioniermäßige Befestigung der Seegrenze – insgesamt sollen 38 Beobachtungstürme verschiedener Typen errichtet worden sein.

Interessant an diesem Turm ist, das hier noch große Teile der ursprünglichen Umzäunung erhalten sind. So sollten die Beobachtungstürme zusätzlich geschützt werden – gegen wen auch immer.

In unmittelbarer Nähe sind noch Reste eines kleinen befestigten Bauwerkes zu erkennen, das vermutlich den Gefechtsstand beherbergte –  vermutlich ein FB-3 (das kann man durch den hohen Bewuchs nicht mehr feststellen).

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Die Grenzkompanie war in unmittelbarer Nähe untergebracht – ein Teil der Baracken ist noch erhalten (und wird als Ferienwohnungs-Anlage genutzt); ebenso ist ein Teil der Garagen noch erhalten.

Nach dem Ende der DDR wurden sämtliche Beobachtungstürme an der Ostseeküste von einer gemeinsamen Kommission aus Vertretern der Bundeswehr und der NVA begutachtet. 1991 kam diese Kommission zu dem Schluss, das eine zivile Nutzung dieser Türme nicht zu empfehlen sei, da die Standfestigkeit dieser Türme nur bis zu einer Windgeschwindigkeit von 27 m/s gegeben sei. (Anders ausgedrückt heißt das: Die Türme sind so solide gebaut, das sie im Normalfall einen schweren Sturm überstehen; bei orkanartigen Stürmen oder gar bei Orkanen ist eine Standsicherheit nicht mehr gewährleistet – bei Häusern können große Schäden schon bei schweren Stürmen entstehen. Was dann zu der Schlussfolgerung führte, das damit eine zivile Nutzung nicht möglich sein soll, bleibt ein Geheimnis der gemeinsamen Kommission). In dem Übergabeprotokoll von der NVA an die Bundeswehr wurde festgehalten, dass die Türme abzureißen sind (mit eben der Begründung, die Standsicherheit sei nicht gegeben…). In den Folgejahren wurden fast alle Beobachtungstürme abgerissen.

Schwere Stürme gab es seitdem schon einige – der Beobachtungsturm in Börgerende steht noch immer.

 

Quellen:
[Hrsg.] Staatliches Amt für Landwirtschaft und Umwelt Mittleres Mecklenburg „Wie geht es weiter mit dem Grenzturm in Börgerende.“, Pressemitteilung Nr. 42-2012, 30.11.2012
Plottke, Lennart „Börgerende. Alter Wachturm soll Geschichten erzählen“, Ostsee-Zeitung, 08.06.2016