NVA – HGS 16/001 Drüsewitz

Drüsewitz 18Der ehemalige Hauptgefechtsstand der Volksmarine mit der Objektbezeichnung 16/001 (HGS 16/001)  befindet sich – gut getarnt – in einem Waldstück in der Nähe des kleinen Dörfchens Drüsewitz. Auf Tarnung wurde schon in der Bauphase großen Wert gelegt. Niemand ahnte, das sich hier, im mecklenburgischen Hinterland, ein großer 2-etagiger Bunker und seine oberirdischen Bauwerke befanden. Man sah nur einen Antennenmast im Wald, wie er damals auch bei der Post üblich war und eher unverdächtig wirkte.

Nur eine unscheinbare Betonstraße zweigt von der Landstraße in den Wald ab. eine langgezogene Rechtskurve macht Einblicke von der Straße aus unmöglich. Am Ende der Kurve befand sich das Wachgebäude, der sogenannte Kontroll-Durchlass-Posten, KDL bzw. KDP genannt.

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Das gesamte Gelände war von einem Zaun und einer Hochspannungssicherungsanlage umgeben. Reste davon stehen noch vereinzelt im Wald herum.

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Baubeginn hier mitten im Wald war um 1970; die Inbetriebnahme des Schutzbauwerkes (Bunkers) war am 01. Dezember 1974. Bei Stufen der höheren Gefechtsbereitschaft wäre dieses Objekt vom Chef der Volksmarine (der gleichzeitig Stellvertretender Minister für Nationale Verteidigung war) und seinem Stab bezogen worden. Für die Führung der Volksmarine aus dem Bunker heraus war ein Personalbestand von 292 Personen vorgesehen. Um den Bunker am Laufen zu halten, war ein spezieller Wartungs- und Instandhaltungsdienst erforderlich, der etwa 70 Personen umfasste. Speziell für die Mannschaft des Wartungs- und Instandhaltungsdienstes wurde 1974 ein oberirdisches Unterkunftsgebäude errichtet. 1984 wurde ein zweites Unterkunftsgebäude errichtet.

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Der Zustand der oberirdischen Bauwerke ist desolat und trostlos. Zerschlagene Fensterscheiben überall. Die Zugänge zu den beiden Unterkunftsgebäuden sind nur notdürftig mit Baumabfällen versperrt. An der Giebelseite ist der Zugang völlig ungehindert möglich.

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Links neben der Eingangstür ein Dienstzimmer – vermutlich vom Offizier vom Dienst. Ein vergittertes Fenster ist alles, was darauf schließen lässt. An der Decke befindet sich noch die Halterung der damals viel genutzten Leuchtstoffröhre. Ansonsten ist hier alles leer, ausgebaut und geplündert.

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Der Blick in den trostlosen Flur fällt auf den sogenannten UvD-Tisch, der Arbeitsplatz des Unteroffiziers vom Dienst, der mit seinem Gehilfen für die Umsetzung und Einhaltung des Dienstplanes für die unteren Dienstgrade verantwortlich war.

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Der Zustand der wenigen anderen oberirdischen Gebäude ist ebenso trostlos.

Das Trafohaus, das für das kleine oberirdische Gelände auffällig groß ist, steht wie eine Trutzburg gegenüber einem Unterkunftsgebäude – unmittelbar an dem Weg, der unscheinbar und unauffällig weiter in den Wald hinein und zum Hauptzugang des unterirdischen Bunkers führt.

Daneben sind die Überreste des Heizhauses zu sehen – ebenfalls völlig ausgeweidet.

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Im Gelände finden sich vereinzelt auffällige Erhebungen mit diversen Wartungsluken: das sind Brunnen und Zisternen der Wasseraufbereitung und Abwasserbehandlung. Ob hier Bunkerspechte einen versteckten Zugang zum eigentlichen Bunker gesucht haben? Vermutlich – alle Luken stehen sperrangelweit offen oder wurden gewaltsam geöffnet.

Mitten im Wald (und quasi über dem Bunker) befinden sich heute noch die Reste der Fundamentplatte für den großen Funkmasten. Die große Öse zur Befestigung eines Abspannseils springt ins Auge. Etwas surreal sind die Kabelreste, die mitten aus dem Waldboden hervor schauen – wer weiß, was noch alles unsichtbar im Boden schlummert.

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Mitte der 1980er Jahre begannen die Planungen für einen Erweiterungsbau – praktisch war ein zweiter Bunker geplant, der über einen Tunnel mit dem bisherigen Bunker verbunden werden sollte. Der Baubeginn war für Mitte 1990 geplant und fand nicht mehr statt.

Nach 1990 wurde der Bunker versiegelt. Das hieß: Alle Medien (Strom, Wasser, Abwasser) wurden gekappt; der Hauptzugang wurde mit Erde überschüttet, die Notausgänge mit einer Mischung aus Stacheldraht, Schaumstoff, Erde und Beton verfüllt.

Die oberirdischen Bauten wurden sich selbst überlassen und verfallen vor sich hin.

Der unterirdische Bunker und das oberirdische Gelände sind jeweils in unterschiedlichem privaten Besitz – seit vielen Jahren versucht der private Eigentümer, den Bunker für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Dies gelang bisher nur für einen kurzen Zeitraum von wenigen Monaten im Jahre 2011 – drücken wir die Daumen, das das gut erhaltene Bauwerk doch noch irgendwann dauerhaft geöffnet werden kann.