Warnemünde – Tonhalle

Warnemünde, Mühlenstraße / Ecke Dänische Straße. In dieser heute prominenten Lage, mitten in der Warnemünder Innenstadt, ist seit mindestens 1880 eine Restauration ansässig, die über ein Jahrhundert lang zum Badeort Warnemünde gehörte: die Tonhalle.

Tonhalle

Mitte des 19. Jahrhunderts war die Mühlenstraße (und deren Verlängerung) der ehemalige Landweg in Richtung Diedrichshagen. Damals war hier der Ort zu Ende und ein kleines Restaurant an einem der beiden Hauptwege, die Warnemünde mit dem Umland verbanden, war sicher eine gute Einnahmequelle.

Etwa 1890 wurde die Dänische Straße angelegt, die jedoch bis in die 1920er Jahre kaum bebaut war. Etwa um 1907 erhielt die Tonhalle einen Flachdach-Anbau in Richtung Dänische Straße, der einen Tanzsaal beherbergte.

In den Goldenen Zwanziger Jahren und bis 1945 war die Tonhalle einer der angesagten Orte in Warnemünde. Der Tanzsaal wurde auch für kleine Theateraufführungen und Revue-Inszenierungen genutzt. Zur jährlich statt findenden Rostocker Lichtwoche war die Tonhalle ein fester Punkt im Rostocker Veranstaltungskalender.

Gebäude und Restaurant überlebten den Krieg.

Bis 1989 war die Tonhalle eine beliebter Treffpunkt für die Warnemünder und ihre Gäste. Nach 1990 wurde der Tanzsaal aufgegeben und in eine kleine Kneipe umgewandelt, so dass das Gebäude nunmehr zwei Gastronomiebetriebe beherbergte: die Tonhalle zur Mühlenstraße hin und den Zapfhahn zur Dänischen Straße hin.

Tonhalle innen 2

Die Mühlenstraße nahm in den Jahren nach 1989 eine bedenkliche Entwicklung; das Kopfsteinpflaster der Straße verfiel; der Baumbestand sorgte für hinreichenden Ärger; Streit um Außengastronomie und ein verwirrender Kurs in der Geschäftsansiedlung machte die Mühlenstraße zusehends unattraktiver. Dies äußerte sich auch im Ausbleiben zahlungskräftiger Gäste in den Gastronomiebetrieben der Mühlenstraße, was letztlich auch dazu führte, das das Traditionsrestaurant Tonhalle im Jahr 2016 geschlossen wurde.

2020 wurde das Grundstück mit dem Gebäudebestand für etwa eine Million Euro verkauft. Das Traditionsgasthaus Tonhalle soll einer Wohnbebauung weichen.

Quellen:
Eschenburg, Wolfhardt / Schulz, Horst D. „Straßen in Warnemünde. Namen, Geschichte und Geschichten“; Rostock, 2012

Warnemünde – Schillerstraße 14

Zu DDR-Zeiten galt das Haus mit der Adresse Schillerstraße 14 als DER Geheimtipp und gastronomische Top-Adresse schlechthin. Ein ganzes Haus voller Restaurants und einer Cocktailbar. Noch dazu wurde hier vorrangig internationale Küche geboten: Ungarische Czarda, Russische Bauernstube, Skandinavisches Gletscherrestaurant, Kubanische Bodega, Asiatisches Fächerrestaurant und die Warnemünder Kajüte. Gespeist wurde hier vor allem üppig und in sehr noblem Ambiente. Die Restaurants wurden vom gegenüberliegenden Hotel Neptun betrieben und boten Gastronomie der Spitzenklasse.

Das prachtvolle Haus wurde um 1900 im hier typischen Stil der Bäderarchitektur errichtet und lange Zeit als Strandpension genutzt. Als das Hotel Neptun 1971 seinen Betrieb aufnahm, gehörte das genau gegenüberliegende Haus in der Schillerstraße 14 dazu.

Schillerstraße 14-01

Seit vielen Jahren steht das Gebäude lehr; eine Baugenehmigung zum Umbau zu Eigentumswohnungen existiert seit 2013, getan hat sich hier bisher nichts. Dies veranlasste wohl einen Zeitgenossen, das obligatorische gelbe Baustellenschild auf eine ironische Weise zu verschönern…

Scillerstraße 14-03

Ebenso sehenswert – wenn auch kein lost place – ist Rostocks älteste noch erhaltene Transformatorenstation aus dem Jahre 1927. Sie wurde damals eigens zur Versorgung des Kurhauses erbaut und befindet sich hinter dem ehemaligen Spezialitätenrestaurant.

Schillerstraße 14-02

Warnemünde – Fährhafen

Heute weiß kaum noch jemand, dass die weltweit erste internationale Eisenbahnfähre von Warnemünde aus in das dänische Gedser verkehrte. Die Schnellzugverbindung von Berlin nach Kopenhagen über die Ostsee via Eisenbahnfähre Warnemünde (das sogenannte Warnemünde – Trajekt) war legendär und luxuriös.

Als 1886 die Eisenbahnverbindung zwischen Berlin und Rostock ihren Betrieb aufnahm, wurden durch die mecklenburgische Lloydbahn noch im selben Jahr Bahngleise vom Rostocker Lloydbahnhof (später Central-Bahnhof, heute Hauptbahnhof) in das langsam zum Badeort aufstrebende Fischerdorf Warnemünde gelegt. Die Strecke führte über das Dorf Schmarl (das dadurch ebenfalls an die Bahn angeschlossen wurde) nordwärts und endete ca. 800m südlich des heutigen Warnemünder Bahnhofes.

Seit 1873 verkehrten drei Mal wöchentlich Postdampfer zwischen dem deutschen Warnemünde und dem dänischen Gedser – Reisende mussten zunächst von der Bahn auf das Schiff umsteigen. Das Hafenbecken der Postdampfer lag etwa 100m östlich des damaligen Bahnhofes Warnemünde.

Mit dem Wachsen der Eisenbahnnetze in Dänemark und in Deutschland war man sich schnell einig, die Bahn-Netze mit einer Eisenbahnfähre (Trajekt genannt) enger zu verknüpfen.

Um 1900 begannen umfangreiche Bauarbeiten – es wurden ca. 800m nördlich des Bahnhofes neue Fährbecken ausgebaggert; die Bahngleise wurden vom Bahnhof Warnemünde zu den Fährbecken verlängert; ein neues Fährterminal und ein neuer, moderner und repräsentativer Bahnhof nebst besonderem Wartesaal für hochherrschaftliche Reisende wurde errichtet.

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Fährbahnhof Warnemünde – unmittelbar links vom Bahnhofsgebäude befand sich die Eisenbahnverladung auf die Fähren

Im September 1903 war es dann soweit: die erste internationale Eisenbahnfährverbindung nahm ihren Betrieb auf. Die Verladung auf die Schiffe erfolgte über eine etwa 30 m lange Gleisbrücke, die leicht klappbar konstruiert war.

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Reste der Gleisbrücke zur Verladung der Eisenbahnwaggons

Während des ersten Weltkrieges blieb die Eisenbahnfähre in Betrieb und verkehrte fahrplanmäßig – Deutschland und das neutrale Dänemark befanden sich nicht im Krieg. Anders sah das im zweiten Weltkrieg aus. Deutsche Besatzungstruppen erreichten mit einer regulären Fähre das dänische Gedser am 9. April 1940 – die dänische Besetzung durch deutsche Truppen begann.

Die paarweise verkehrenden Fähren fuhren zunächst weiter. Transportiert wurden jedoch kaum reguläre Passagiere sondern Truppen und hauptsächlich Güter. Im Februar 1944 wurde das Fährschiff Schwerin während eines alliierten Bombenangriffes auf Rostock schwer beschädigt und nicht mehr repariert (das Fährschiff lag zu dieser Zeit in der Rostocker Neptunwerft zu einer Kesselreparatur); das verblieben Fährschiff Danmark wurde 1943 durch dänische Widerstandskämpfer zunächst schwer beschädigt und Anfang 1945 vor Gedser versenkt.

Als die russischen Truppen am 01. Mai 1945 zuerst Rostock und dann Warnemünde erreichten, fielen ihnen die Fähr- und Bahnanlagen unversehrt in die Hände.

Die russischen Besatzer stellten den Fährverkehr umgehend ein; die unbeschädigt und einsatzbereit in Gedser liegende Eisenbahnfähre Mecklenburg wurde beschlagnahmt, zunächst den Engländern übergeben und schließlich als Reparationsleistung in die Sowjetunion verbracht.

1947 wurde der Fährverkehr wieder aufgenommen – zunächst unter der Ägide der Dänischen Staatsbahnen mit dänischen Fährschiffen. Mit der Indienststellung des neu gebauten Fährschiffes Warnemünde im Jahre 1963 wurde der Eisenbahnfährbetrieb gemeinsam von der Deutschen Reichsbahn und der Dänischen Staatsbahn betrieben.

Es verkehrten täglich zwei Schnellzugpaare des luxuriösen Typs VT 18.16 von Berlin (Bahnhof Zoo) über Berlin-Friedrichstraße – Berlin-Ostbahnhof – Rostock Hauptbahnhof – (Warnemünde) – (Gedser) – Nyköbing (Falster) nach Kopenhagen. Dabei waren die internationalen Wagen in der Regel verschlossen; DDR-Bürger durften in den anderen Wagen bis Rostock Hauptbahnhof bzw. Berlin-Ostbahnhof diese Züge benutzen.

Strenge Grenz- und Zollkontrollen fanden in Warnemünde am Grenzbahnhof statt, der nach dem Bau der Berliner Mauer 1961 zur Grenzübergangsstelle ausgebaut worden war. Als im Jahre 1963 die Vogelfluglinie von Putgarden nach Rödby eröffnet wurde, ließ die Attraktivität der Verbindung über Warnemünde schnell nach.

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gesicherter Zugang zum Grenzbahnsteig Warnemünde

Ende der 1980er Jahre bestanden die Züge meist nur noch aus drei Waggons, die Strecke war bei den internationalen Reisenden nicht mehr sehr beliebt.

Die politischen Wende im Herbst 1989 führte zu einem plötzlichen Aufschwung des Fährverkehrs. Bis zu acht Eisenbahnwagen wurden nunmehr transportiert, war doch plötzlich die Grenze geöffnet und ein Zustieg in Warnemünde möglich. Zudem stieg die Zahl der zu fährenden Autos und Fußgänger rasant an (eine Tageskarte für einen Fußgänger für eine Fährfahrt von Warnemünde nach Gedser und wieder zurück kostetet nur 5 DM(!) und war nur unwesentlich teurer als die damalige 9-Uhr-Tageskarte für die Rostocker S-Bahn (die kostete 4,50 DM). Der hohe Andrang führte zu Staus auf der kleinen Zubringerstraße zum Fährhafen Warnemünde – in den Hoch-Zeiten gab es Rückstaus, die bis in die Rostocker Innenstadt reichten. Auch die eingesetzten Fährschiffe waren für diesen Andrang nicht ausgelegt – die Fähren besaßen keine separaten Autodecks – die Autos wurden auf den freien Flächen geparkt, die nicht von Eisenbahnwagen genutzt wurden.

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Hinzu kam, das veraltetes Zug- und Wagenmaterial eingesetzt wurde; auf dänischer Seite fuhr der Berlin-Express genannte Nachtzug vom Fährhafen Gedser aus nur als Nahverkehrszug bis nach Kopenhagen, was mit vielen unattraktiven Halts verbunden war und die Reisezeit nach Kopenhagen verlängerte. Das Auto lief der Bahnverbindung schnell den Rang ab.

Schon im Sommer 1990 verkehrte eine reine Autofähre vom Rostocker-Überseehafen in das dänische Gedser; eine Zeit lang noch ergänz durch eine Schnellfähre.

1992 wurde auf dänischer Seite das Fährterminal umgebaut und durch eine Autobrücke ergänzt. In Rostock begannen Planungen, den Fährverkehr nach Dänemark in den Überseehafen zu verlagern, da dort vermeintlich bessere logistische Voraussetzungen bestanden – die bestehende S-Bahn-Strecke wurde vom Haltepunkt Rostock-Überseehafen in Richtung Kai verlängert. Bahnen sollten auf diesem Gleis jedoch keine mehr verkehren.

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Am 22.Mai 1992 wurde zum letzten Mal der Neptun genannte Tageszug trajektiert – bis zur Einstellung des Eisenbahnfährverkehrs wurde dann nur noch der Nachtzug befördert.

Am 25. September 1995 endete nicht nur der Fährverkehr von Warnemünde nach Gedser; es endete auch die Ära der schnellen Bahnverbindung von Berlin nach Kopenhagen. Auf dänischer Seite wurde danach die Bahnverbindung zwischen Gedser und Nyköbing (Falster) eingestellt; nach Umbaumaßnahmen im Fährhafen Gedser wurden sämtliche Gleise entfernt, so dass an eine Wiedereröffnung der Eisenbahnfährverbindung nicht mehr zu denken war.

Die Fähr- und Gleisanlagen in Warnemünde lagen einige Zeit brach, aus dem Bahngelände des Fährhafens wurde ein Parkplatz. Im Jahre 2014 wurde das Fährbecken zu großen Teilen verfüllt und fast alle noch vorhandenen Bauten abgebrochen.

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Reste des inzwischen verfüllten Fährbeckens

Konzepte für einen Erhalt des historischen Fährhafens hat es gegeben, eine Bürgerinitiative hatte sich dafür stark gemacht. Genutzt hat es nichts. Rostock wurde wieder um einen Teil seines historischen Erbes ärmer.

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Die Zeit ist abgelaufen…

 

Quellen:
Hückstedt, Harald „Reiset nach Norden. Zur Geschichte der Fährverbindung Warnemünde – Gedser“, Deutsches Schiffahrtsarchiv 14, 1991, S. 99 – 132
Preuss, Erich „Im Zeichen…“, Bahn-Extra, Ausgabe 04/2010
Preuss, Erich „Den Zugvögeln nach“, LOK-Magazin, Ausgabe 03/2012
Tack, Hans-Georg „Wie Warnemünde zu seinem Bahnhof kam“, Norddeutsche Neueste Nachrichten, 27.03.2017

 

 

Warnemünde – Haus des Sportes

Rostock-Warnemünde, Am Alten Strom 38. In erstklassiger Lage wurde dieses Gebäude etwa 1775 errichtet und als Wöhlert´s Gasthof bekannt. Er war einer von drei Gasthöfen im damaligen Fischerdorf Warnemünde.

Aus zunächst zwei einzelnen Gebäuden wurde später, gegen Ende des 19. Jahrhunderts und mit dem Aufschwung des Kur- und Badebetriebes in Warnemünde, ein einziges Gebäude, das dann als Hotel Seestern firmierte; in den 1940er Jahren hieß es Hotel Deutscher Volkskanzler, nach 1945 dann Volkshaus und wurde noch als Pension und Restaurant mit Tanzsaal genutzt.

Bis 2014 erinnerte eine Gedenktafel am Haus an die Zeit, als sich mecklenburgische Provinz und Weltgeschichte kurz berührten:

„Hier logierten am 8. / 9. November 1850 der Rheinische Freiheitsdichter Gottfried Kinkel und der spätere Nationalheld, General und Innenminister der USA, Carl Schurz, auf der Flucht vor der preußischen Justiz.“

Von 1954 bis 2015 wurde das Gebäude nach Umbaumaßnahmen (aus dem Tanzsaal wurde eine Turnhalle, aus den Hotelzimmern wurden Sportlerunterkünfte) als Sportstätte der Sportakrobaten genutzt. Zuletzt war das Gebäude so marode, das nur noch die Turnhalle und ein paar Räume im Erdgeschoss genutzt werden konnten.

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