NVA – Führungsstelle 7. TBK Wustrow

Schon Ende der 1950er Jahre wurden für die 7. Technische Beobachtungskompanie einige Kleinbunker errichtet. Sie waren vorrangig für die geschützte Unterbringung von Technik gedacht. Eines wurde jedoch bei den Bauarbeiten nicht beachtet: die starke Küstenerosion an dieser prominenten Stelle. Sie kann hier bis zu drei Meter pro Jahr betragen. Es kam, wie es kommen musste… Wind und Wellen holten sich jedes Jahr ihr Stückchen von der Küste. Bald verschwanden Betonplatten-Wege, Unterstände und Kabelschächte in der Tiefe. Die Kleinbunker mussten aufgegeben werden und wurden nach dem unvermeidbaren Absturz in die Tiefe sich selbst überlassen. Wer heute von der Kliffkante auf die Betonklötze im Meer schaut, der sollte sich durch den Kopf gehen lassen, das dort, wo der Beton liegt, einst die Steilküste verlief. Da bekommt man Respekt vor der Kraft der Natur.

Wustrow - Beton am Strand 02

Dieser Respekt scheint den Bunker – Baumeistern gefehlt zu haben – 1984 wurden nach der zwangsweisen Aufgabe von Teilen der Anlage neue Betonklötze in die Steilküste gesetzt. Wie man heute sieht, immer noch viel zu nah am Wasser. Das gesamte Gelände wurde im Frühjahr 1990 aufgegeben – zum einen wegen der geänderten politischen Lage und zum anderen wegen der akuten Absturzgefahr mancher Bauwerke.

Der ehemalige verbunkerte Führungspunkt hängt mit seinem Nord-Eingang spektakulär über das Kliff. Kabel hängen herunter, die einst im Gelände zu anderen Bauwerken verliefen, die bereits verschwunden sind.

Wustrow - Kabelsalat

Der Bunkertyp ist eher ungewöhnlich – er besitzt 2 gegenüberliegende Eingänge. Für eine praktische Erklärung fehlt mir an dieser Stelle die Phantasie – es gibt zwar durch den so gebildeten Korridor zwei Bunkerteile, die jedoch nicht separat begangen werden können (so dass ein Eingang als Technik-Eingang und ein Eingang als Personal-Eingang hätte genutzt werden können).

Wustrow - Bunker 01

Blick durch den Tunnelkorridor vom landseitigen Eingang zum seeseitigen Eingang

Ein Schleusenbereich ist nicht erkennbar – es hat vermutlich keinen gegeben.

Von der Landseite aus gesehen liegt auf der rechten Seite der Technik – Teil des Bunkers. Hier stand mindestens die Netz-Ersatz-Anlage und die Elektro-Verteilung. Dieser Teil des Bunkers ist praktisch nicht begehbar (zugeschweißte Tür) und nur ein Blick durch einen Wanddurchbruch mit engmaschiger,fingerdicker Stahlarmierung ist möglich.

Wustrow - Bunker 11

Wustrow - Bunker 02Gegenüber des Technik-Bereiches liegt auf der linken Bunkerseite der Arbeitsbereich.

Der Zugang erfolgt durch eine schmale Stahlblechtür, die erstaunlicherweise noch vorhanden ist. Auch diese typische grüne Farbe ist noch zu erkennen. Allerdings hat der in den Bunker gewehte Sand schon eine beträchtliche Höhe erreicht. Türen lassen sich hier nicht mehr bewegen…

Im Wesentlichen besteht der Arbeitsbereich aus einem größeren Lageraum, um den sich viele kleine Kammern gruppieren. Es muss insgesamt fürchterlich eng hier gewesen sein. Was sonst noch auffällt: man kann hier deutlich erkennen, das sämtliche Installationen auf dem nackten Beton angebracht waren.

Wustrow - Bunker 05

Wie inzwischen leider üblich: es steht im Wesentlichen nur noch der Rohbau; fast überall nackte Wände. Vereinzelt erkennt man das eine oder andere kleinere Relikt, das die vollständige Ausweidung überstanden hat.

Die schweren „Kisten“ der Nachtspeicheröfen made in GDR stehen noch herum. Vermutlich waren sie uninteressant für die Metalldiebe und zu schwer für Souvenirjäger.

Eine Wand springt deutlich ins Auge. Nicht nur durch die eigenwillige Bemalung, sondern vor allem durch die vielen Löcher – das waren Kabeleinführungen primitivster Art und Weise – hier schlägt man tatsächlich die Hände über dem Kopf zusammen…

Wustrow - Bunker 04

Wustrow - Bunker 08Kabelreste kann man noch erkennen, ebenso Kabel-Ummantelungen. Schemenhafte Umrisse lassen vermuten, wo einst Schaltschränke befestigt waren. Ein einsamer blecherner Verteilerkasten mit einer Klemmleiste hängt verloren an der Wand.

An einer anderen Stelle – sehr wahrscheinlich in der Kammer für die Nachrichtentechnik – erkennt man deutlich den typisch grauen Kabelkanal – einfach an der nackten Bunkerwand angebracht; ebenso die Klemmleiste mit den dünnen Drähten der Nachrichten – Rangier – Verteilung. Ein Wunder, das dieses Relikt noch dort hängt.

In einer anderen Ecke erkennt man noch die in die Wand eingelassenen Sprossen der Not – Leiter zum Notausstieg – von oben ist er nicht mehr zu erkennen.

Wustrow - Bunker 06

Wenig ist von der Belüftungstechnik geblieben. Nur an einer versteckten Stelle ein kleiner Überraschungsfund: ein kleines Stück Belüftungsschacht mit Blick auf den integrierten Ventilator – zwar verrostet, aber noch gut zu erkennen.

Wustrow - Bunker 09

Von außen ist im Gelände  noch ein sogenannter Dinohals zu finden – das Ansaugrohr für Frischluft. Dieses liegt jedoch überraschend weit weg vom Bunker-Eingang.

Wustrow - Dinohals

Von außen unterschätzt man die Größe des Bunkers völlig – es fehlt jedes Gefühl dafür, über welche Fläche sich dieser erstreckt.

Verschiedentlich wurde behauptet, der Bunker hätte zwei Etagen. Ganz auszuschließen wäre das nicht – die Anlage der Leiter für den Notausstieg könnte darauf hin deuten. Ein Zugang zur unteren Ebene könnte sich hinter der verschweißten Tür neben dem Technik – Eingang befinden. Wer weiß – vielleicht enthüllt die Zeit dieses kleine verbliebene Geheimnis. Oder es meldet sich ein Zeitzeuge.

NVA – 7. TBK Wustrow

Für mich ist dies einer der romantischsten lost places, die ich bisher gesehen habe. Jeder Strandspaziergänger, der zwischen den Ostseebädern Wustrow und Ahrenshoop unterwegs ist, kennt sie: die im Wasser vor der Steilküste liegenden Betonklötze.

Wustrow - Beton am Strand 02

Wustrow - Beton am StrandUndefinierbare verrostete Metallteile liegen herum;  Kabel ragen aus der Steilwand, hängen absurd in der Luft und führen teilweise bis auf den Strand. Beton liegt über den Strand verteilt, über eine Strecke von mehreren hundert Metern. Nach einer kleinen Biegung um das steil aufragende Kliff fällt der Blick auf den sepektakulär über den Steilhang hängenden Bunker. Man fragt sich unwillkürlich: was ist das? Und: was ist hier passiert? Oft wird spekuliert, das es sich hierbei um die Überreste einer ehemaligen Flak-Stellung aus dem letzten Weltkrieg handeln könnte… dem ist nicht so.

Wustrow - Kabelsalat

Unter der Adresse Wustrow, Am Strand bezog im Jahr 1957 eine Einheit der Volksmarine der DDR zur Küstenbeobachtung die Steilküste zwischen Wustrow und Ahrenshoop auf dem Darß. Es war eine Einheit von vielen. Insgesamt standen 24 Peiltürme verteilt über die gesamte Länge der Ostseeküste der DDR. Die damalige Militärdoktrin sah eine lückenlose Beobachtung und visuelle und radartechnische Verfolgung aller Überwasserfahrzeuge in oder vor den Hoheitsgewässern der DDR vor. Genutzt wurden dazu russische Systeme der Funkpeilung (LOT-M bis 1977, danach MR-10). Die angepeilten Ziele wurden dabei von einer beobachtenden Beobachtungs-Kompanie an die jeweils benachbarte weiter geleitet.

Wustrow - ZufahrtAb 1971 lautete die offizielle Bezeichnung der zwischen Wustrow und Ahrenshoop stationierten Einheit 7. Technische Beobachtungskompanie, abgekürzt TBK. Die Nummerierung der Technischen Beobachtungskompanien erfolgte aufsteigend von Ost nach West – die unmittelbaren Nachbarn der 7. TBK waren im Osten die 6. TBK am Darßer Ort und in westlicher Richtung die 8. TBK in Warnemünde. Im Einsatz wurden sämtliche Beobachtungen per Draht oder Richtfunkverbindung an den Hauptgefechtsstand der Volksmarine in Drüsewitz gemeldet und dort auf einer großen Karte visualisiert.

Zwischen 1957 und 1959 wurden die beiden – heute malerisch im Wasser liegenden – Bunker gebaut. Sie beherbergten die Wärmemessanlage und den Sender der Funkmessanlage. Gleichzeitig wurde auf dem höher liegenden Gelände der Steilküste ein Peilturm sowie ein Unterkunftsgebäude errichtet. Die Zufahrt zum Gelände erfolgte landseitig über eine (heute noch erhaltene) Plattenstraße.

Unterschätzt wurde die Stärke der Küstenabbrüche, die hier bis zu 3 m pro Jahr betragen kann. So mussten etwa Mitte der 1970er Jahre die ersten Anlagen aufgegeben werden. Die Betonbunker stürzten irgendwann ab und blieben liegen – etwas weiter im Hinterland wurden einfach neue gebaut.

Wustrow - Blick Eingang Nord

1984 erfolgte der Neubau des Unterkunftsobjektes und des Führungspunktes mit Radarantennen – beide Bauwerke etwas weiter landeinwärts (wie man heute sieht, immer noch nicht weit genug von der Küste entfernt).

Wustrow - Bunkerhügel mit Eingang Nord

Das alte Unterkunftsgebäude und der ausgediente Peilturm wurde 1987 abgerissen.

Wegen der schnell fortschreitenden Küstenabbrüche wurde das Gelände am 02.10. 1990 endgültig aufgegeben. Alle oberirdischen Bauten wurden kurz darauf vollständig abgerissen. Keine Informationstafel erinnert an die Geschichte dieses Ortes.

Landseitig muss man schon sehr genau hinschauen, um noch das eine oder andere Relikt zu entdecken – insbesondere rund um den Bunkerhügel kann man in Gras und Sand noch Kleinigkeiten entdecken: den Anschaltschacht, gekappte Antennen- Kabel, die aus dem Sand schauen, ein Dinohals versteckt im Gras…

Übrig blieben auch die massiven Fundamente für den Antennenträger. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis auch sie mehrere Meter tiefer und im Wasser liegen.

Wustrow - Antennenfundament 02

Der heute über den Steilhang ragende Nord-Eingang des Bunkers wurde zugemauert; der landseitig gelegene Süd-Eingang wurde zugeschüttet und war viele Jahre vergessen. Von einem Betreten des Bunkers ist dringend abzuraten – es ist sicher, das der Bunker in naher Zukunft abstürzen wird!