NVA – Führungsstelle FRA 4322 Barth

zugeschuettet-01Beim Gang durch das große Gelände der ehemaligen Flug-Abwehrraketenstellung kann man sich des Eindruckes nicht erwehren, das hier alles vergraben und vergessen werden sollte. Schon erstaunlich, das ein Teil der Wohnblöcke, die einst von Offizieren und ihren Familien genutzt wurden, noch steht. Nicht nur der etwa zehn Meter hohe Raketenlagerbunker wurde mit Erde und Grünabfall zugeschoben. Fast alle Fahrzeugdeckungen wurden mit Erde angefüllt, viele Kleinbunker ebenso. So verwundert es nicht, das der sonst so markante Bau der sogenannten Mittelpunktsdeckung heute kaum noch zu erkennen ist. Mitten im Wald, mehr als einen Kilometer vom Wohn- und Kasernenbereich entfernt, erkennt man auf den ersten Blick nur ein kleines Stückchen einer Betonmauer, die aus einem riesigen Erdhaufen schaut. Nach 30 Jahren des Leerstandes ist hier nicht nur Gras „über die Sache gewachsen“, sondern ein ganzer Wald.

Von dem langgestreckten Garagen-Vorbau mit den vielen Fahrzeugboxen ist von außen nichts mehr zu erkennen. Kaum vorstellbar, das sich hinter diesen Erdmassen die räumlich recht großzügige Führungsstelle verbirgt. Das Schutzbauwerk wurde ebenerdig aus Stahlbeton errichtet und anschließend teilweise mit Erde überdeckt. Keine Spur mehr vom einstigen Haupteingang, der als Stabszugang genutzt wurde – für die Besatzungen der Fahrzeuge erfolgte der Zugang in das Bauwerk durch die Garagenboxen.

HaupteingangSteht man im ehemaligen Hauptzugang, überrascht die Größe. Ein etwa drei Meter breiter und ebenso hoher Gang führt etwa 20 Meter an der Giebelseite entlang. Auf der rechten Seite befinden sich separate Zugänge zu zwei Schlafbunkern – dies waren einfache Röhrenbunker vom Typ FB-3. Möglicherweise plante man hier ursrpünglich eine ebenso große Raumhöhe in Stahlbeton-Bauweise und entschied sich in der Bauphase, hier doch nur kleine Röhrenbunker zu integrieren. Die Mauerdurchbrüche geben einen guten Eindruck von der Dicke der Wände. Obwohl durch Erde, Staub und Schutt kaum noch zu erkennen: der Fußboden ist gefliest. Gut zu erkennen ist auch die massive Deckenplatte.

Ein Blick in die Zugänge zu den Schlafbunkern zeigt, das diese Anbauten in dieser Art und Weise ursprünglich vermutlich anders geplant waren – die Deckenhöhe halbiert sich hier.

Die Zugangstüren zu den beiden Schlafbunkern fehlen, ebenso wie die gesamte ehemalige Inneneinrichtung. An Ketten bzw. Stahlseilen hingen hier Stockbetten von den Wänden. Viel Platz war in den Schlafbunkern nicht.

Zurück aus den Schlafbunkern und weiter dem nach rechts abknickenden Hauptgang folgend führt der Weg in eine Art größeren Vorraum.

Vorraum Haupteingang

Die Stahltür des Bunkereinganges ist inzwischen verschwunden und gibt einen Blick in den Hauptgang frei. An der Decke hängt noch ein Teil der Belüftungsanlage. Diese Belüftungsschächte zogen sich durch den ganzen Bunker und führten in jeden Raum. Durch Ventilatoren wurde hier Frischluft zugeführt und sorgte für eine gewisse Luftzirkulation.

In einigen Räumen erkennt man durch Wanddurchbrüche unter der Decke die Stellen, an denen die Lüftungsschächte verliefen.

Das ausgerechnet im am leichtesten zugänglichen Teil des Bauwerkes dieses blecherne Artefakt den Metalldiebstahl überlebte, ist schon verwunderlich.

Im vorderen Teil des Schutzbauwerkes befanden sich die Technikräume – insbesondere Ventilation und Luftfilter, sowie die elektrische Anlage und der Batterieraum. Davon ist nicht mehr viel zu sehen. Nur die Fundamente, auf denen die Technik montiert war und einige wenige Kabelreste lassen auf die einstige Funktion der Räume schließen.

Gut zu erkennen ist der ehemalige Sanitärbereich, auch wenn hier ebenfalls nicht mehr viel erhalten ist von Waschbecken und Toilettenschüsseln… der inzwischen leider übliche Vandalismus machte auch hier nicht Halt. Bemerkenswert ist die Sauberkeit der gefliesten Wände nach all den Jahren….

Am Ende des Ganges und am anderen Ende des Schutzbauwerkes befinden sich Küche und Speiseraum. Gegessen wurde hier in Schichten – es war einfach nicht genug Platz und die gesamte Kampf- und Kommunikationstechnik war keinen einzigen Moment unbemannt. Die Diensthabenden wechselten sich ab – einer musste immer anwesend sein. Die örtliche Jugend scheint hier doch die eine oder andere Party gefeiert zu haben…

Im Nachrichtenraum kommt die Kabeleinführung recht unauffällig und sparsam daher. Die Kabel sind natürlich alle gekappt und die meisten davon verschwunden.

Kabeleinführung

Zu erkennen ist noch, das sich hier ein nicht sehr hoch geständerter Fußboden befunden haben muss. Die Kabel wurden dann zunächst unter dem Fußboden verlegt – so weit es eben ging. Stellenweise kann man noch die typischen grauen Kabelkanäle erkennen, die an den Wänden befestigt waren – das Bohren in den überaus harten Stahlbeton war sicher kein Vergnügen.

Nachrichtenraum 2

Ungewöhnlich ist auf jeden Fall die Farbgebung des Raumes. Ein kleines Rätsel verbirgt sich recht unscheinbar in einer Ecke – eine Klappe mit unbekannter Funktion, etwa 30 Zentimeter über dem Bodenniveau.

Nachrichtenraum

Wäre diese kleine Luke auf „normaler“ Höhe angebracht, würde ich sofort auf eine sogenannte VS-Luke schließen. Also eine Art Durchreiche für geheime Dokumente, Verschlußsachen, VS genannt. Aber hier bleiben nur Fragezeichen.

VS-Luke

Zumindest ist die Dicke der Wände wieder gut zu erkennen; und das individuelle Zwischenwände und Einbauten aus einfach gemauerten Wänden bestanden.

leerer Raum

Beim Streifzug durch die leeren Räume des Bunkers bringt der Schein der Taschenlampe nur kleinere Relikte zum Vorschein. Ein auf die Tapete geklebtes Wandbild zeigt einen kleinen Hauch von Individualität in dieser uniformen und genormten Welt.

Wandbild

Reste einer Telefonverteilung hängen in einem ansonsten völlig leerem Raum einsam an der Wand.

Reste Telefonverteilung

In einem anderen Raum erkennt man gerade noch eine massive Halterung für Geräte und die Überreste einer Steckdose oder eines Lichtschalters.

Lichtschalter

Der Blick an die Decken zeigt hin und wieder Reste der so typischen Halterung für die damals gebräuchlichen Leuchtstoffröhren.

Deckenlampe

Erstaunlicherweise haben im gesamten Bauwerk doch noch zwei (!) Holztüren die Zeiten überdauert. Die Klinken fehlen zwar, aber die Türen hängen noch in ihren Angeln.

Eine kleine Besonderheit in der Innenausstattung dieses Bauwerkes befindet sich ganz unscheinbar in einer kleinen Nische: der Waffenschrank zur sicheren Unterbringung der Dienstpistolen der Offiziere. Er besteht aus massivem doppelwandigem Stahl. Irgend jemand hat versucht, den Schrank von hinten aufzubohren. Mit nur sehr mäßigem Erfolg. Ein derartiges Detail ist mir bisher noch in keinem Bauwerk begegnet.

Im Inneren des Bunkers gibt es an verschiedenen Stelle Zugänge vom bzw. in den Garagenbereich. Der zentrale Zugang ist etwa mittig zu finden und schien von einem größeren Podest flankiert worden zu sein.

#Zentralzugang Garagenbereich

Was sich hier befunden haben mag, können wohl nur Zeitzeugen beantworten.

Einige der Mannschaftszugänge in die Garage sind zugemauert.

An einer Stelle geht es doch in den Garagen-Anbau. Der Blick von der Garage durch die noch erhaltene Zugangstür fällt auf die massiven Betonträger und die dicken Bunkerwände.

Zugang zur Garage

Im Inneren des Garagenanbaus schließt sich der Kreis zum Eingangsstatement dieses Beitrages… Unmengen an Erdmassen, mit denen von außen die Zugänge an- und zugeschüttet wurden. Die Deckenhöhe beträgt hier mindestens drei Meter…

Die Garagenboxen sind jedoch so groß, das sie nicht einmal zur Hälfte zugeschüttet sind. Man kann in Inneren bequem von Box zu Box laufen. Der Schein der Taschenlampe fällt auf eine weitere Merkwürdigkeit… eine Art Keller unter dem Bunker, mit Zugängen von den Garagenboxen aus. Auch wenn etwas Sand dort liegt… die Deckenhöhe ist sehr niedrig, höchstens 1,50 Meter.

Keller Zugang

Und… die Kellerräume sind völlig leer; die Wände völlig nackt – kaum ein Bohrloch, kein Kabelrest… nichts. Nur einige merkwürdige quaderförmige Betonblöcke.

Keller Zugang 2

Wozu auch immer dieses spezielle, halbhohe Untergeschoß gedient haben mag, bleibt zunächst ein Geheimnis.

Alles in allem ein Bauwerk mit einigen Überraschungen. Der erwartete typische Garagenbunker war es jedenfalls nicht. Schade, das dieser besondere Bunker dem Vergessen zum Opfer fallen soll….

NVA – Nachrichtenbunker FRA 4322 Barth

FRA 4322-10Unscheinbar schaut eine kleine Öffnung aus dem mit dichtem Grün bewachsenen Erdhügel links des Weges.  Halb verschüttet mit Erde und im Sommer durch dichten Bewuchs mit Büschen kaum zu erkennen. Hier, am Rande der Feuerstellung der Flugabwehrraketenabteilung 4322, befand sich der Nachrichtenbunker. Von hier bestand sowohl per Funk als auch per Draht Verbindung zum vorgesetzten Brigadegefechtsstand in Rövershagen und zu den benachbarten Raketenabteilungen. Der Eingang erinnert an den „Standard-Bunkertyp“ der NVA: den FB-3. Inzwischen muss man sich bücken, um hinein zu gelangen. Ein paar Stufen führen hinab. Vom Schleusenbereich ist nichts mehr zu erkennen, die Türen fehlen. Vermutlich hat es gar kein wirkliche Schleuse gegeben – die nackten Betonwände zeigen keinen Hinweis auf irgendwelche Einbauten.

FRA 4322-11

Unten angekommen entpuppt sich der vermeintliche FB-3 als verwinkelter L-förmiger Bau aus verschiedenen Bunkerteilen. Der FB-3 typische Eingangsbau bildet dabei den querliegenden Kopfbau. Kurz hinter der Treppe befindet sich auf der rechten Seite der Zugang zu einem Bunkeranbau. Er entpuppte sich bei näherer Betrachtung als Bunker russischer Bauart vom Typ SBU. Dieser – ebenfalls aus Fertigteilen gebaute Bunker – war bis zur NVA-weiten Einführung des DDR-Typs FB-3 Mitte der 1960er Jahre ein häufig genutztes Standardbauwerk.

FRA 4322-12

Auch hier fehlt die Tür. Nur ein Stück braun gestrichener Metallrahmen blieb übrig. Der Blick fällt in einen schlauchartigen Bau. Die gewölbte Deckenkonstruktion ruht auf senkrechten Wandelementen – ein Charakteristikum für den Bunker russischer Bauart – der zwar aufwändiger zu bauen war als der deutsche FB-3, durch seine geraden Wände jedoch etwas mehr Platz bot.

Ein gemauerter Inneneinbau teilt die lange Röhre – der Gang daran vorbei ist recht schmal. FRA 4322-13Hinter der gemauerten Wand befand sich die Rangierverteilung für die Nachrichtentechnik. Die traurigen Hinterlassenschaften von zwei Metallrahmen und einer vergessen Anschaltdose sind alles, was hier übrig blieb. Die klassische Kabeleinführung fehlt hier ebenso – entweder wurden die Kabel direkt auf dem blanken Beton verlegt oder durch einen heute nicht mehr vorhandenen geständerten Holzfußboden geführt. Das gesamte Bauwerk macht einen sehr desolaten Eindruck. Schutt liegt fast überall herum, die Wände sind alle nackt, die Räume des Bauwerkes sind sämtlich ausgeräumt. FRA 4322-17Am Ende der russischen Bunkerröhre erkennt man heute, das die Türöffnung deutlich höher liegt, als das derzeitige Niveau des Fußbodens – dies deutet darauf hin, das hier tatsächlich ein geständerter Holzfußboden verbaut war, der zum einen den Fußboden auf die Türhöhe anhob und zum anderen darunter Platz bot für Kabel und Rohre und sonstige Installationen.

Die Arbeitsplätze der Nachrichtensoldaten (z.B. Fernschreib-Arbeitsplätze und Telefonvermittlung) befanden sich sehr wahrscheinlich entlang der geraden Wände; die Technik befand sich meist auf speziellen Metallregalen.

Die hintere Tür des russischen Bunkers führt in einen separaten und sehr individuellen Anbau, der ebenfalls aus Betonfertigteilen besteht, jedoch kein Standard beim russischen Bunkertyp darstellt. Betonfertigteile, wie sie üblicherweise für den Bau von Splitterschutzstollen auf Flugplätzen Verwendung fanden, bilden hier zwei nebeneinander liegende Kammern.FRA 4322-18

Auch hier weist nichts auf die frühere Nutzung hin – vermutlich handelte es sich hier um den Aufenthalts- und Schlafbereich für die im Schichtdienst arbeitenden Nachrichtentruppen.

Parallel zur russischen Bunker-Röhre und erreichbar vom Haupteingang des Bauwerkes aus, befinden sich weitere Anbauten. Diese sind nur noch gemauert und bestehen nicht aus Betonfertigteilen – die Stahlträger zwischen den Ziegelsteinen sind gut zu erkennen.

Vermutlich war dies eine Art angebauter Unterstand für mobile Technik und die mobile Netzersatzanlage. Die wie ein Garagentor aussehende Zufahrt wurde erst viel später zugemauert, um den Zugang in das Bauwerk unmöglich zu machen.

Der Bunker, Baujahr 1960, war bis zum Ende der Nationalen Volksarmee im Jahre 1990 in Dienst. Nach der Aufgabe des Geländes wurde er sich selbst überlassen und über die Jahre völlig ausgeräumt.

 

NVA – FRA 4322 Barth

FRA 4322-03

Die Ruhe im Barther Stadtforst war nur von kurzer Dauer. Nachdem bis Mitte der 1950er Jahre die Abbrucharbeiten der Pommerschen Industriewerke andauerten, die hier im Wald seit 1938 Brand- und Nebelmunition hergestellt hatten, begannen Anfang 1960 wieder Bauarbeiten im Wald. Die vorhandene Straße wurde, beginnend am sogenannten PIW-Kreisel, nach Westen in den Wald hinein verlängert. Kasernen und Unterkunftsgebäude entstanden, der Wald wurde wieder zum großflächigen Sperrgebiet.

Neben Unterkunftsgebäuden wurde wieder einmal die gesamte Infrastruktur aus dem Boden gestampft: Kläranlage, Heizhaus, Garagen, eine Bushaltestelle; kilometerlange Zäune sperrten den Wald ab. Eine Vielzahl von Bunkern wurden errichtet – für Außenstehende unsichtbar. Kaum jemand wusste, das hier im Wald eine Flugabwehrraketen- Abteilung versteckt wurde. Diese Einheit war bestückt mit russischen S-75 Luftabwehrraketen vom Typ „Wolchow“, Flug-Reichweite bis zu 80 km. Dieses System war bis 1990 das meistverkaufte Raketensystem der Welt und war bis 1990 im Einsatz.

Das Gelände beginnt mit einem Unterkunftsbereich für Offiziere und deren Familien.

FRA 4322-01

Als sogenanntes A-Objekt entstanden zunächst 3 Wohnblöcke mit kleine Wohnungen; ein vierter Wohnblock wurde etwas später dazu gebaut. Die Wohnungen wurden mit Kohleöfen beheizt. Interessant sind die Pfosten, die aussehen wie eine Doppelzaunanlage.

FRA 4322-02

Zwischen den Pfosten wurden Wäscheleinen gespannt und daran die Wäsche getrocknet. In den Zeiten des Mangels wurde alles an Baumaterial genutzt, was zur Verfügung stehen. Die Pfähle stehen noch heute und mit den verfallenden Wohnblöcken machen sie einen sehr skurrilen Eindruck. Für den Dienstbetrieb in der Rakatenabteilung waren in Friedenszeiten etwa 130 Menschen erforderlich – Soldaten, Unteroffiziere, Berufsunteroffiziere und Offiziere. Vor den Wohnblöcken, kurz vor einer Wendeschleife, befindet sich noch eine alte Bushaltestelle im typischen Baustil der 1970er DDR-Jahre. Ein Bus fährt hier schon lange nicht mehr. Ein paar Garagen – Marke Eigenbau –  wurden für den Fuhrpark genutzt. Heute ist dieser Unterkunftsbereich (der schon seit der Bauzeit Andrijan Nikolajew Siedlung heißt) noch teilweise bewohnt, macht jedoch einen völlig herunter gekommenen Eindruck. Genau gegenüber lag die Zufahrt zum Kasernenbereich, heute ein unscheinbarer Waldweg, mit einer Schranke versehen.

FRA 4322 Barth - ehem A-Objekt 01

Der Weg führt weiter in den Wald hinein und beschreibt in einer Rechtskurve einen großen Bogen. Hier befanden sich einst der KdL, die B/A-Kammer, die Küche und Speiseräume, die sonstigen Einrichtungen (MHO, Med.-Punkt, Frisör etc.), die Unterkunftsgebäude für die Soldaten und Unteroffiziere (Ausbildungskompanie, Technische Züge, Startbatterie) und das Stabsgebäude. Weiter folgte der Bereich des Fuhrparkes und im Anschluss der Zugangsbereich zum C-Objekt mit dem Raketenlagerbunker.

Vom gesamten Kasernenbereich blieb so gut wie nichts erhalten – die Abrissarbeiten der Nachwendezeit waren hier umfangreich und gründlich. Nur sehr wenige versteckte Relikte erinnern an den umfangreichen Gebäudestand – Zisternen am Wegesrand auf Hügeln im Wald…

… und die Reste einer Straßen – Laterne – mit dem typischen DDR-Beton-Mast…

Unmittelbar hinter der Andrijan Nikolajew Siedlung endet die Zufahrt in einer Wendeschleife und der Weg führt – unbefestigt und schmaler als die Straße – weiter in den Wald hinein. Die Reste einer Schrankenanlage sind noch zu erkennen.

FRA 4322-04

Nach wenigen hundert Metern beginnt das sogenannte C-Objekt. Ein noch erhaltener Zaun umschließt einen großen Bunkerhügel, der einige Kleinbunker vom Typ FB-3 enthielt.

FRA 4322-05

Hier war der Technische Zug untergebracht. Zu seinen Aufgaben gehörte unter anderem die regelmäßige Kontrolle und Wartung der zu Kampfsätzen zusammengestellten und eingelagerten Raketen.

FRA 4322-07Auffällig ist eine Lüftungshutze sowjetischer Bauart, wie sie eher selten zu sehen ist. Das lässt darauf schließen, das es sich bei diesem FB-3 um einen der ersten seiner Art handelt. Erst später wurden die typischen „Dinohälse“ aus DDR-Produktion verbaut.

Etwas weiter dahinter befand sich der Raketenlagerbunker vom Typ MB-1, der heute leider fast vollständig mit Erde angefüllt wurde – ebenso der Verladeplatz davor.

FRA 4322-09

In diesem Bunker wurden etwa 30 Flugabwehr-Raketen auf Gestellen liegend gelagert – je Gestell 6 Stück, drei auf jeder Seite. Vorbereitet für jede der sechs Abschussrampen, die nur eine Rakete fassen konnten. Geschossen wurde in Salven zu 3 Raketen – nach zwei Salven mussten alle Abschussrampen nachgeladen werden. Über eine an der Bunker-Decke montierte Laufkatze konnten die Gestelle angehoben werden und mittels eines Autokranes auf die Transportladefahrzeuge (TLF genannt) geladen werden.

Am Hauptweg, jedoch noch innerhalb des C-Objektes, befindet sich ein kleiner, künstlich angelegter Einschnitt im Gelände – ein ovaler Bereich, der durch hohe Wälle, einen Zaun und eine Art Tarnnetz vor Sicht geschützt ist.

FRA 4322-08

Hier befand sich die Betankungsanlage. Im Gegensatz zur Stellung der FRA 4324 in Retschow ist von der Betankungsanlage nichts übrig geblieben. Der Betankungsvorgang wurde im allgemeinen unter Vollschutz durchgeführt, da die verwendeten Treibstoff-Gemische chemisch aggressiv und gefährlich waren. Verwendet wurde eine Kombination aus einem Treibstoffgemisch (Kerosin und Trikresol) und einem Oxydator (ein Gemisch aus Di-Stickstofftetraoxid und Salpetersäure). Die Betankung erfolgte mittels Druckluft. Gelagert wurden die Treibstoffe in großen Erdtanks. Da eine betankte Rakete in einer bestimmten Zeit auch verschossen werden musste, wurde das Tank-Training vermutlich oft als Trockentraining ohne reale Betankung ausgeführt. Zum Glück wurde vom Territorium der DDR nie auch nur eine einzige Flugabwehrrakete verschossen.

Geschossen wurde nur beim obligatorischen Schießtraining auf dem russischen Staatspolygon in Ashuluk in der kasachischen Steppe.

Mehr als einen Kilometer vom Unterkunftsbereich entfernt befindet sich – ebenfalls mitten im Wald gelegen – das sogenannte B-Objekt: die eigentliche Feuerstellung mit der Mittelpunktsdeckung. Dem Auge des Besuchers bietet sich jede Menge Beton im Wald.

FRA 4322-10

Unscheinbar schaut der Eingang des Nachrichtenbunkers aus einem kleinen Erdhügel.

Der Bunker liegt tiefer und ist um vieles größer, als man es von außen ahnen würde. Was im ersten Moment (durch das Zugangsbauwerk) auf den häufig verwendeten Bunker – Standardtyp FB-3 schließen lässt, entpuppt sich im Inneren als dessen älterer Vorläufer vom Typ SBU.

In der Mittelpunktsdeckung befand sich der Gefechtsstand der Raketenabteilung. Im Rahmen des Dientshabenden Systems war dieser rund um die Uhr besetzt. Im Führungsraum wurde die Luftlage durch Planzeichner ununterbrochen dargestellt. Bis Anfang der 1970er Jahre hatten die FLA-Raketen-Abteilung keine eigenen Möglichkeiten der Funkortung. Die Informationen zur Luftlage kamen mündlich (per Funk oder Telefon) vom Brigadegefechtsstand in Rövershagen.

Etwas abseits im Gelände befand sich der Unterstand für die Raketenleitstation.

FRA 4322 Raketenleitstation

Auf der rechten Seite wurde später ein Kleinbunker vom Typ FB-3 angebaut. Er diente im Rahmen des Diensthabenden Systems als Unterkunfts- und Ruhemöglicheit für die im Schichtdienst arbeitende Besatzung. Der eigentliche Haupteingang mit kleiner Schleuse ist heute verschüttet; der bereits vermauerte Zugang von der Garagendeckung wurde von Bunkerspechten aufgebrochen und ermöglicht einen Blick in den Kleinbunker.

Die einzelnen Feuerstellungen der Startrampen befinden sich meist sternförmig um die Mittelpunktsdeckung herum verteilt. Man wollte ein direktes Überschießen vermeiden. Außerdem wurde beim Start der Raketen jede Menge Staub aufgewirbelt und es konnten sogar kleine Steine durch die Gegend fliegen. Zum Nachladen der Startbatterie mussten die Tranportladefahrzeuge direkt in die Stellung neben die Abschussrampe fahren.

Durch mehrfache Umstrukturierungen innerhalb der Nationalen Volksarmee änderte sich die taktische Bezeichnung dieser FRA auch mehrfach. Bis zum 01.12.1971 hieß sie FRA 182, danach dann FRA 432 und seit Ende 1981 dann FRA 4322. Die Bundeswehr hatte nach der Auflösung der NVA am 02. Oktober 1990 keine Verwendung für diesen Standort. Er wurde aufgegeben und verlassen.

Das Gelände versinkt seitdem in Wald und hohem Gras. Unmittelbar neben den Resten der Raketenleitstation befindet sich ein kleines Lager in Form eines Unterstandes. Man sieht ihn erst, wenn man im wahrsten Sinne des Wortes darüber stolpert.

Einige Fahrzeugdeckungen stehen noch in unterschiedlichen Erhaltungszuständen im Gelände herum.

FRA 4322 Fahrzeugdeckung (1)

Ausgeräumt sind sie alle, und zum großen Teil auch zugemauert, zugeschüttet, verbarrikadiert oder zu Fledermausquartieren umfunktioniert…

FRA 4322 Fahrzeugdeckung 02

Diverse Kleinbunker wurden einfach zugeschüttet. Mitunter schaut noch der typische Dinohals aus einem Erdhügel.

Hin und Wieder kommt einer der Kleinbunker wieder zum Vorschein – nichts bleibt auf ewig vergraben… Hier ein Kleinbunker vom Typ SBU…

Das eine oder andere kleinere Relikt taucht beim Gang über das Gelände im hohen Gras auf.

Schuttberge künden hin und wieder von Abrissarbeiten – hoffentlich wird dies nicht irgendwann das Schicksal des gesamten Geländes…

FRA 4322 Reste