U-Verlagerung Olga (Arnstadt – Jonastal)

Das Tal, das das Thüringer Flüsschen Wilde Weiße in den Muschelkalk zwischen Arnstadt und Crawinkel gegraben hat, wird als Jonastal bezeichnet.

Dies ist einer der Orte, den ich wenigstens einmal gesehen haben wollte. Eine Aura des mysteriösen geht von diesem malerischen Ort aus, selbst wenn heute wenig an die einstigen Aktivitäten erinnert. Dabei ist der Ort selbst inzwischen recht unscheinbar – er lebt von der Aura des Geheimnisvollen, die ihn umgibt.

Unmittelbar angrenzend befindet sich der Truppenübungsplatz Ohrdruf, der schon seit 1906 genutzt wurde, nach 1945 war er von der GSSD in Beschlag genommen worden, heute wird er von der Bundeswehr genutzt. Entsprechende Schilder kennzeichnen den interessanten Teil des Tals und machen eine (fotografische) Erkundung des weiteren Geländes nahezu unmöglich.

Jonastal 01

Jonastal – Grenze vom TüP Ohrdruf

Berühmtheit erlangte das Jonastal durch eine gigantische Baustelle zum Ende des zweiten Weltkrieges. Von November 1944 bis zum April 1945 wurden 25 Tunnel von Tausenden von Häftlingen in den Hang gegraben. Hier sollte das Sonderbauvorhaben Nummer drei – abgekürzt S III – realisiert werden. Was genau sich dahinter verbirgt, ist bis heute eines der Geheimnisse der Geschichte. Ein weitere bekannter Deckname für die Jonastal-Baustelle ist Olga. Ob es sich bei „S III“ und „Olga“ um ein und das selbe Objekt handelt, ist umstritten. Sicher ist heute, das die „Baustelle Jonastal“ direkt SS Obergruppenführer Hans Kammler unterstellt war (derartige Baustellen wurden wiederum mit dem Decknamen „Sonderelbe Jasmin“ verschleiert).

So ziemlich alles wurde mit dem Jonastal in Verbindung gebracht: ein Führerhauptquartier, Anlagen zur deutschen Atomforschung, ein Versteck für das Bernsteinzimmer, unbekannte Hochtechnologie-Anlagen, unterirdische Produktionsanlagen und so weiter und so fort.

Die Gesamtlänge der bekannten Stollen beträgt mehr als zwei Kilometer, wobei der Vortrieb der einzelnen Stollen recht unterschiedlich war. Am Ende sollten alle Stollen noch durch einen Quergang miteinander verbunden werden – von diesem Quergang wurden immerhin 800m fertig gestellt. Der Bauaushub wurde mittels einer Grubenbahn aus den Stollen geschafft, die auch für Materialtransporte genutzt wurde – die eigens für die Baustelle errichtete Schmalspurbahn führte von Crawinkel durch das Tal bis nach Arnstadt. 1945 waren etwa 600m Stollengänge im Rohbau fertig – mit einer 50 cm dicken Betonschicht ausgekleidet. Geplant war vermutlich ebenso ein gemeinsames und durchgehende Verbindungsportal für alle Stollen – die entsprechenden Stahlträgergerüste über den Stolleneingängen waren bereits errichtet.

Gegenüber der Baustelle – auf der anderen Seite der Jonastalstraße – wurde u.a. ein Pumpwerk und eine Kompressorenstation für Druckluft errichtet.

Die Baustelle wurde am 3. April 1945 evakuiert und fiel den Amerikanern am nächsten Tag in die Hände – hier wurde buchstäblich bis zum letzten Tag gearbeitet, was sicherlich zur Mythenbildung um das Jonastal beigetragen hat – ebenso die immer noch geheim gehaltenen Aktivitäten der amerikanischen 89. Infanteriedivision im Jonastal, bevor das Gebiet an die russischen Truppen übergeben wurde.

Der damalige Bauzustand der Anlage wurde durch den Arnstädter Architekten Ernst Kott im Oktober und November 1945 mit Lageplänen und Fotos dokumentiert. Der Auftrag dazu kam von den russischen Besatzungstruppen. Sein Bericht Baustelle „Jonastal“ bei Arnstadt ist bis heute erhalten.

Die Plünderung und Demontage der Baustelle Jonastal begann schon im April 1945, noch unter den Amerikanern. Im Winter 1946/ 1947 wurden die Stolleneingänge gesprengt, nachdem alles brauchbare entfernt worden war. Danach war die Straße Sperrgebiet – die Truppen der GSSD hatten sich auf dem nahen Übungsplatz in Ohrdruf ausgebreitet und die Gegend zum militärischen Sperrgebiet erklärt.

1988 kam es zu den ersten offiziellen Erkundungen der Gänge seit dem Ende des Krieges. In den Folgejahren nach 1989 – als die Straße und somit das Tal wieder für die Öffentlichkeit frei zugänglich waren – kam es zu verschiedentlichen weiteren Versuchen, einige Eingänge wieder zu öffnen. Warum bereits freigelegte Eingänge dann ohne Erkundungen wieder verschlossen wurden – darüber kann man gut spekulieren.

Heute erinnert von außen kaum etwas an die geheimnisvolle Großbaustelle im Jonastal. Die Schmalspurbahn wurde 1945 demontiert – der Bahndamm ist in Rudimenten noch erkennbar; Geröllberge türmen sich an den Hängen, höher gelegene Bereiche wurden zugemauert; vom Kompressorengebäude stehen nur noch die Fundamente.

Quellen:
Internetpräsenz der GTGJ Geschichts- und Technologiegesellschaft Großraum Jonastal e.V. Jonastalverein
Kott, Ernst (Technisches Büro für Hoch- und Tiefbau in Arnstadt in Thüringen); „Baustelle Jonastal bei Arnstadt“; aufgenommen Oktober / November 1945