Malchin – RAW

RAW – das kryptische Kürzel bedeutet Reichsbahn-Ausbesserungswerk.

Stolz prangen die Buchstaben auch heute noch gut sichtbar am ehemaligen Werkstor.

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Die Ursprünge des Reichsbahn-Ausbesserungswerkes Malchin reichen inzwischen 150 Jahre in die Vergangenheit!

Am 15. November 1864 fand die feierliche Eröffnung der Friedrich-Franz-Eisenbahn-Linie  von Güstrow nach Neubrandenburg statt. Gleichzeitig wurde an der Strecke,  in unmittelbarer Nähe des Bahnhofs Malchin, eine Maschinenwerkstatt der Eisenbahn eingerichtet, in der „alle vorkommenden Reparaturen an Maschinen, Wagen und den mechanischen Vorrichtungen durchgeführt werden1)

Zur Maschinenwerkstatt gehörte seit 18742)  auch eine „Wagenbau-Anstalt, in welcher während des Jahres 1876 zwei Hochbordwagen mit Bremse und bedecktem Schaffnersitz, 5 dergl. Wagen ohne Bremsen, 4 Personenwagen III. Klasse mit Bremse und 2 Personenwagen I. und II. Klasse ohne Bremse fertig gestellt sind 1).  Zu diesem Zwecke wurden vorhandene Werkstattgebäude erweitert und neu eingerichtet.

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Ebenfalls 1876 kommt es zu einigen Umbauten: im Tenderschuppen der Werkstatt wurde ein separater Materiallagerraum eingerichtet. Ein Schuppen der Wagenwerkstatt,  der für die Holztrocknung  genutzt wird, wurde versetzt und eine Zentesimalwaage für eine Tragkraft von 40.000 Kilogramm nebst Waagen-Häuschen wurde neu angeschafft. 1)

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Bis zum Jahre 1892 ist das Gelände der Eisenbahn-Hauptwerkstatt Malchin auf 13 Gebäude mit einer Gesamtfläche von 7.072 Quadratmetern angewachsen3).

Der Malchiner Werkstatt untersteht auch die Fettgas-Anstalt, die am Bahnhof Bützow betrieben wird. Dort wird Gas erzeugt, das (neben der Beleuchtung für den Bützower Bahnhof) auch für die Gaslampen in den Zügen verwendet wird. Die Gaslieferung erfolgt „mittelst besonderer Gastransportwagen 3).

Zwei Jahre später (1894) heißt es: „Eine sehr ansehnliche Anlage ist die Großherzogliche Maschinen- und Wagenwerkstatt an der Eisenbahn. Sie besteht hier seit 1864 und beschäftigt durchschnittlich 200 Arbeiter. Sie liefert Locomotiv-Reparaturen, bewirkt die Revision des rollenden Materials und stellt Personen- und Güterwagen in der neuesten Ausrüstung her. Unweit der Maschinenwerkstatt ist die im Privatbesitz befindliche Imprägnieranstalt für Eisenbahnschwellen. Jährlich werden hier zwischen 150.000 und 200.000 Schwellen mittelst Zinnchlorids imprägniert.“ 4)

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Welchen Einfluss die Zeit des ersten Weltkrieges auf die Eisenbahnreparaturwerkstatt hatte, ist nicht genau bekannt. Vermutlich hat sich der Personalbestand deutlich verringert. Für das Jahr 1916 sind für die „Werkstatt Malchin“ 5) überliefert: Werkstättenvorsteher Wilhelm Bischoff, 1 Betriebssekretär, 1 Werkmeister, 2 Bürogehilfen, 5 Werkführer, 2 Werkstättenvorarbeiter, 1 Materialienaufseher, 1 diätarischer Materialienaufseher, 1 Werkstättennachtwächter.

Mitte der 1920er Jahre begann die Zeit der Deutschen Reichsbahn. Die Begrifflichkeiten änderten sich: Aus der Eisenbahn-Hauptwerkstatt wurde zunächst das Eisenbahn-Ausbesserungswerk (EAW), dann das Reichsbahn-Ausbesserungswerk (RAW). Ab April 1926 war Malchin eine Werksabteilung des EAW / RAW Rostock, 1930 bezeichnet als Reichsbahnausbesserungswerk Rostock-Abteilung Malchin. Dies blieb bis zur Auflösung des RAW Rostock im Jahre 1950 so.

Den Stadtbrand zum Ende des zweiten Weltkrieges überstanden die Gebäude des RAW Malchin; die nachstehenden Demontagen und Plünderungen durch die sowjetischen Besatzer nicht. Zunächst wurde geplündert, danach mussten Wagen und Lokomotiven für die Verbringung als Reparationsleistung  in die Sowjetunion fit gemacht werden. Der Neuanfang gestaltete sich schwierig. Es wurde alles genutzt, was vorhanden war. So kam es, das praktisch bis zum Ende des RAW mit einem teilweise veralteten und verschlissenen Maschinenpark gearbeitet wurde.

Zum 01.01.1950 wird die ehemalige Reparaturwerkstatt der Mecklenburg-Pommerschen Schmalspurbahn MPSB in Friedland (Mecklenburg) – nach 1945 RAW Friedland –  als Werkabteilung dem RAW Malchin angegliedert.

Nach Umstrukturierungen innerhalb der Deutschen Reichsbahn wurde Malchin bis 1989 dann als „RAW Eberswalde, Betriebsteil Malchin“ geführt. Repariert wurden hier nun ausschließlich Güterwagen.

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Die Ereignisse des 17. Juni 1953 (Volksaufstand in der DDR) reichten auch bis in das RAW Malchin. Solidarisch wurde hier am 18. Juni 1953 gestreikt. Beteiligt waren insgesamt 5 Brigaden mit etwa 50 Mitarbeitern. Mit selbst gemalten Plakaten forderten sie: „Bestrafung der Hauptschuldigen an der verfehlten Politik und sofortige Verbesserung der Lebenslage der Bevölkerung“. Ihren Mut mussten nicht wenige der Streikenden mit Verhaftung bezahlen6). Nach 50 Minuten hatte die Staatsgewalt den Streik beendet.

Unter den marktwirtschaftlichen Bedingungen nach dem Ende der DDR war das RAW Malchin vor allem wegen der verschlissenen (und zum Teil 100 Jahre alten) Technik unrentabel.

1996 wurde das Werk geschlossen. Zwei Jahre später kam es zu einem Großbrand, dessen Ursache nicht abschließend ermittelt werden konnte. 30 Jahre Leerstand haben den Gebäuden nicht gut getan.

Aufgrund der Industriearchitektur wurden große Teile des RAW Malchin unter Denkmalschutz gestellt: die großen Werkhallen I bis III, zwei Schiebebühnen mit Gleisanlage und die Waggonwaage (deren Ursprung in das Jahr 1876 zurück reicht).

Geholfen hat der Denkmalschutz dem Gebäudebestand nicht – das Gelände steht leer und verfällt.

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Inzwischen wurden Teile des Geländes verkauft. Abrissarbeiten wurden begonnen und eine Umwandlung des Geländes in ein Gewerbe-/ Industriegebiet ist vorgesehen.

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Ob wenigstens Teile der wunderschönen Industrie-Architektur als Außenfassaden erhalten bleiben, wird die Zeit zeigen.

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Quellen:

1) [Hrsg.] Verein Deutscher Eisenbahnverwaltungen „Deutsche Eisenbahn – Statistik für das Betriebs – Jahr 1876“, 28. Jahrgang, Berlin, 1878

2) [Hrsg.] Verein Deutscher Eisenbahnverwaltungen „Deutsche Eisenbahn – Statistik für das Betriebs – Jahr 1874“, 23. Jahrgang, Berlin, 1874

3) „Statistische Nachrichten von den Eisenbahnen des Vereins Deutscher Eisenbahn-Verwaltungen für das Rechnungs-Jahr 1892“

4) Raabe, Wilhelm „Mecklenburgische Vaterlandskunde“, Erster Band, Wismar, 1894

5) „Großherzoglich Mecklenburg-Schwerinscher Staatskalender“, herausgegeben vom Großherzoglichen Statistischem Amt, Schwerin, 1916

6) Diedrich, Torsten „Alarmstufe Hornissse. Die geheimen Chef-Berichte der Volkspolizei über den 17. Juni 1953“, 2003 sowie: Schwabe, Klaus „Der 17. Juni 1953 in Mecklenburg – Vorpommern“, Reihe: Beiträge zur Geschichte Mecklenburg-Vorpommern, Nr. 4, Schwerin, 2007 (Friedrich-Ebert-Stiftung Landesbüro Mecklenburg-Vorpommern)

Bengelsdorf, Torsten „Malchin darf denkmalgeschützte Ruinen abreißen“, Nordkurier, 26.05.2023 (online)

Bengelsdorf, Torsten „Malchin verkauft alte Bahnwerks – Flächen“, Nordkurier, 02.05.2022 (online)

Bengelsdorf, Torsten „Malchin verhängt Baustopp beim RAW-Abriss“, Nordkurier, 03.12.2023 (online)

Denkmalliste der Stadt Malchin

„Großherzogliche General – Direction der Mecklenburgisch Friedrich – Franz – Eisenbahn zu Schwerin. Zeittafel: Errichtungen – Beziehungen – Auflösungen“, veröffentlicht im Internet unter bahnstatistik Punkt de

„Mecklenburg-Schwerinsches Staatshandbuch“, Schwerin, 1930

Wallun, Ulrich „Lokomotiven und Triebwagen in der SBZ / DDR 1945 – 1950“, 2004


 

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Reichsbahnausbesserungswerk MalchinMalchinverfallende Gebäude; Teil-Abriss bereits erfolgt; Abriss und Bebauung mit Gewerbe / Industrie geplant

Malchin – Bahnhof

Der wirtschaftliche Aufschwung der Stadt Malchin beschleunigte sich sehr stark, als die Stadt endlich an das Eisenbahnnetz angebunden wurde. Gerade die kleineren Städte abseits der Bahn-Hauptstrecken kämpften um den Anschluss ihrer Städte an das moderne Verkehrsnetz. Welche Bedeutung die Eisenbahn für Malchin hatte, sieht man auch daran, das zum ersten Spatenstich für den Baubeginn der Bahnverbindung von Güstrow nach Neubrandenburg über Teterow und Malchin der damalige Malchiner Bürgermeister zugegen war. Der erste Spatenstich erfolgte im April 1862, schon kurze Zeit später, am 25.11.1864 erfolgte die feierliche Eröffnung der 87,7 km langen Strecke. Man vergleiche dies gerne mit heutigen Bauzeiten!  Malchin hatte nun nicht nur Anschluss an Güstrow und Neubrandenburg, sondern auch an die große weite Welt – über Neubrandenburg nach Stettin und über Güstrow und Bützow nach Hamburg und Berlin. Am Tag der Streckeneröffnung wurde auch das prächtige Bahnhofsgebäude Malchins eröffnet.

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Es galt als eines der schönsten Bahnhofsgebäude im Norden Deutschlands. Zunächst hatte sogar die Verwaltung der Großherzoglichen Friedrich Franz Eisenbahn seinen Hauptsitz in Malchin – in einem ebenso prächtigem Verwaltungsgebäude gleich neben dem Bahnhof. Beide Gebäude hatte der Schweriner Architekt W. Voss als „reichen Ziegelrohbau mit Renaissance-Formen“1) geplant. Die Wartesäle des Bahnhofes galten zwar als einfach, aber geschmackvoll dekoriert.

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Die Bedeutung des Malchiner Bahnhofes wuchs mit der Eröffnung weiterer Strecken: 1879 nach Waren und 1907 nach Dargun (über Neukalen). Malchin war so zum Kreuzungsbahnhof geworden.

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Unmittelbar neben dem Bahnhofsgebäude befand sich die zunächst 460 Quadratmeter Lagerfläche1) umfassende Güterabfertigung, die ständig erweitert wurde. Der Güterumschlag hatte hier eine große Bedeutung; Malchin hatte einen Binnenhafen und in der Folgezeit siedelten sich weitere Betriebe an.

An das Bahngelände grenzte eine Maschinenwerkstatt an, die „mit den neuesten Werkzeugsmaschinen“1) ausgestattet war.

1876 wurde die Zugsicherungstechnik auf der Strecke verbessert. Bahnhofsabschluss-Telegrafen wurden vor die Einfahrtsweichen versetzt und mit Zugvorrichtungen versehen für eine Bedienung aus der Ferne. Der Bahnhof Malchin und seine Nachbarbahnhöfe Teterow und Stavenhagen wurden mit Läutwerken versehen2) .

Ebenfalls 1876 wurde im Empfangsgebäude eine Bahnmeister-Wohnung eingerichtet.

Für das Jahr 1913 sind am Bahnhof Malchin ein Stationsvorsteher I. Klasse, ein Güterexpeditionsvorsteher, ein Eisenbahnsekretär, zwei Eisenbahnpraktikanten, zwei Eisenbahnassistenten, drei Telegraphisten I. Klasse, ein Telegraphist II. Klasse, ein Güterbodenmeister, sechs Weichenwärter, drei Hilfsweichenwärter, ein Rangiermeister, ein Dampfpumpenwärter und ein Stationsnachtwächter verzeichnet.

1916 waren schon neun Weichenwärter am Bahnhof Malchin tätig, dafür nur noch zwei Telegraphisten I. Klasse.

Gleich neben dem Dienstgebäude der Eisenbahn befand sich ein Wasserturm.

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Das Personen- und Güterverkehrsaufkommen wuchs in den Kriegsjahren des zweiten Weltkrieges noch einmal beträchtlich an. Die verschiedenen Rüstungsunternehmen brauchten Arbeitskräfte, die landwirtschaftlichen Güter benötigten Erntehelfer. Alle waren auf die Bahn als Transportmittel angewiesen. Kurz vor Kriegsende verunglückte im Bahnhof Malchin ein Lazarettzug. Bei diesem Unglück starben 22 Menschen. Den zweiten Weltkrieg und den Malchiner Stadtbrand am 30. April und 01. Mai 1945, der die gesamte Innenstadt vernichtete, überstand der außerhalb des Stadtkerns gelegene Bahnhof relativ unbeschadet.

Von 1945 bis 1961 wuchs das Verkehrsaufkommen im und um den Bahnhof Malchin beträchtlich. Viele Gleise der Hauptstrecke von Rostock nach Berlin waren als Reparationsleistung demontiert worden, so dass der Bahnverkehr nur über die Nebenstrecke Güstrow – Malchin – Neubrandenburg geführt werden musste. Auch die Stadt Waren war wegen der Demontage der Mecklenburger Südbahn nur über Malchin zu erreichen. Eine große Zäsur stellte dann – wie bei vielen Strecken – die Zeit nach 1989 dar. Verkehrsströme verlagerten sich zusehends auf die Straße, Industriebetriebe verschwanden.

Am 01.Juni 1996 endet der Bahnverkehr auf den Nebenbahn-Strecken nach Waren (Müritz) und nach Dargun (über Neukahlen). Zum Ende des selben Jahres stellt das Reichsbahnausbesserungswerk, das seit 1864 seinen Sitz in unmittelbarer Nähe des Bahnhofes hatte, ebenfalls den Betrieb ein.

Der Bahnhof Malchin hat, ebenso wie die Strecke von Neubrandenburg nach Güstrow, weiter an Bedeutung verloren. In den Jahren 2020 und 2021 wurde das zweite Gleis im Bahnhof demontiert, der Mittelbahnsteig entfernt. Somit können im Bahnhof Malchin keine Zugkreuzungen mehr stattfinden. Das Land Mecklenburg-Vorpommern und die Bahn schieben sich gegenseitig den „schwarzen Peter“ zu.

Quellen:

1) Osthoff, Georg „Osthoff´s technische Reisebücher. Norddeutschland“, Leipzig, 1880

2) [Hrsg.] Verein Deutscher Eisenbahnverwaltungen „Deutsche Eisenbahn – Statistik für das Betriebs – Jahr 1876“, 28. Jahrgang, Berlin, 1878

„Großherzoglich Mecklenburg-Schwerinscher Staatskalender“, herausgegeben vom Großherzoglichen Statistischem Amt, Schwerin, 1913

„Großherzoglich Mecklenburg-Schwerinscher Staatskalender“, herausgegeben vom Großherzoglichen Statistischem Amt, Schwerin, 1916

Gerke, Kirsten „Pro-Bahn kritisiert Streckenumbau in Malchin“, Nordkurier, 01.06.2021 (online)

Malchin – Bahnhofshotel

Diese Gebäude hat wirklich viel erlebt.

Als im Jahre 1864 die Bahnstrecke von Güstrow nach Neubrandenburg eingeweiht wurde, befand sich in Malchin der Verwaltungssitz der Großherzoglichen Friedrich Franz Eisenbahn. Das prachtvolle Backsteingebäude war dem repräsentativem Bahnhofsgebäude angepasst, das als eines der schönsten Bahnhofsgebäude im Norden Deutschlands galt.

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Die Eisenbahnverwaltung verlegte ihren Sitz am 30.06.1870 von Malchin nach Schwerin. Das Gebäude stand einige Zeit leer und wurde dann verkauft. Zunächst wurde hier (etwa ab1880) eine Kegelbahn betrieben. Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung der Stadt Malchin (1879 Eröffnung der Bahnstrecke nach Waren, 1882 Errichtung einer Zuckerfabrik; 1886 Einweihung des neuen Postamtes genau gegenüber des ehemaligen Bahnverwaltungsgebäudes) entstand der Bedarf nach einem Hotel in der Stadt. Im Jahre 1899 wurde aus dem ehemaligen Verwaltungssitz der Eisenbahn das Malchiner Bahnhofshotel „Kaiserhof“. Zeitgenössische Werbung schwindelte hier ein wenig: „Hotel Kaiserhof Malchin. 1899 neu erbaut. Hotel und Restaurant ersten Ranges„. Lange hatten die Malchiner Gäste jedoch keine Freude am Bahnhofshotel. Der erste Weltkrieg und die Weltwirtschaftskrise zeigten auch hier ihre Nachwirkungen; der Hotelbetrieb wurde um 1920 eingestellt.

Ab 1921 zog in die Räume des nunmehr ehemaligen Bahnhofs-Hotels das Malchiner Finanzamt ein. Dies bleib so bis 1945. Nach der Gründung der DDR zog in das Gebäude die Kreisleitung der SED ein und blieb bis 1990. Danach wurde das Gebäude erneut verkauft und wieder zu einem Hotel und Restaurant umgebaut. Dieses Mal unter dem Namen „Zum Kartoffelkäfer„.

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Der Hotelbetrieb ging mindestens bis 2011. Gäste schätzten hier die Themen-Zimmer und das reichhaltige Frühstücksbuffet. Und preiswert soll es obendrein gewesen sein. Welche Gründe zur Geschäftsaufgabe führten, ließ sich leider nicht ermitteln.

Nach erneutem Eigentümerwechsel erfolgten im Inneren Umbauarbeiten. Es sollten Wohnungen entstehen. Aktuell steht das geschichtsträchtige Gebäude leer und wird als „denkmalgeschützte Villa“ wieder zum Verkauf angeboten.

Quellen:

Informationstafel Nr. 7 der Stadt Malchin „Malchin. Ein historischer Rückblick. Bahnhofsvorplatz“ (Michael und Norbert Böttcher, 1991 – 2001)

Malchin – Postamt

Postdienste wurde lange Zeit privat organisiert und durch Boten abgewickelt. Postboten wurden sie erst um 1600 genannt. Ab 1663 gab es einen privaten Botendienst zwischen Güstrow und Neubrandenburg – an der Strecke lag auch Malchin, mit einer kleinen Station, die vorrangig  zum Wechseln der Pferde dienten. In Mecklenburg wurde ab 1701 ein Landespostdienst unter großherzoglicher (also staatlicher) Hoheit organisiert. Postbeamte als staatliche Angestellte sollten diese Aufgaben wahrnehmen.

Für das Jahr 1851 (die Eisenbahn hatte Malchin noch nicht erreicht) sind in Malchin die folgenden Strecken im Postkutschen – Liniendienst (Personenpost genannt) überliefert:

Strecke Neustrelitz – Güstrow:  Abfahrt in Güstrow täglich Vormittags 11 Uhr 45 Minuten, nach Ankunft des Eisenbahnzuges aus Schwerin (Rostock) – durch Malchin täglich Nachmittags zwischen 4 Uhr 15 Minuten und 4 Uhr 30 Minuten.

In der Gegenrichtung war Abfahrt in Neustrelitz täglich Nachmittags 5 Uhr und 30 Minuten nach Ankunft der Personenpost aus Berlin (die Bahnstrecke der Berliner Nordbahn war zu dieser Zeit noch nicht einmal im Bau) mit Abfahrt in Malchin zwischen früh 12 Uhr 40 Minuten und 12 Uhr 55 Minuten.

Strecke Güstrow – Stavenhagen: aus Güstrow täglich Abends 6 Uhr 45 Minuten, nach Ankunft des Eisenbahnzuges von Schwerin und Rostock; durch Malchin täglich zwischen 11 Uhr 10 Minuten und 11 Uhr 25 Minuten.

In der Gegenrichtung war Abfahrt in Stavenhagen täglich Morgens 9 Uhr 30 Minuten, durch Malchin täglich Morgens zwischen 10 Uhr 30 Minuten und 10 Uhr 45 Minuten1).

Abgerechnet wurde pro Meile, die Meile kostete im Jahr 1851 8 Schillinge Personenporto.

Zunächst befand sich das Malchiner Postamt in der Halbronnenstraße. 1864 wurde die Bahnstrecke zwischen Güstrow und Neubrandenburg eröffnet, der Bahnhof Malchin lag vor den Stadtmauern, hier vor dem Kalenschen Tor. Postsendungen wurden nun vermehrt mit der Bahn transportiert. Um den Umladevorgang zu vereinfachen, sollte das Postgebäude näher an den Bahnhof heranrücken. So wurde 1886 das neue Postamt unmittelbar gegenüber vom Bahnhof errichtet und als Kaiserliches Postamt I. Klasse mit Telegraphenstation in Betrieb genommen.

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Seit 1871 bestand eine Telegrafenverbindung bis nach Gnoien (über Neukalen und Dargun); mit dem dichter werdenden Telegrafennetz wuchs die Welt zusammen. Bald bestanden Verbindungen bis nach Hamburg.

Fast vierzig Jahre nach der Erfindung des Telefons wurde im Jahre 1899 eine Telefonvermittlung im Postamt installiert. Alle Telefongespräche wurden zunächst per Hand vermittelt. Die Handvermittlung war bis zum Jahre 1930 in Betrieb.

In Mecklenburg dauert alles immer etwas länger bzw. kommt immer alles etwas später als im Rest der Welt. Das Prinzip der (halb-)automatischen Telefonvermittlung war schon 1889 entwickelt worden! Technisch ausgereifte Lösungen waren anderenorts schon zwischen 1910 und 1920 installiert. Erst 1922 gab es den ersten elektrischen Strom in Malchin.

1922 wurde das Malchiner Postamt zum Postamt II. Klasse zurückgestuft.

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Die Kriegswirren und die gezielte Inbrandsetzung der Malchiner Innenstadt durch die sowjetischen Truppen am 30. April und 01. Mai 1945, bei der zwei Drittel der Malchiner Innnestadt zerstört wurden, scheint das Gebäude relativ unbeschadet überstanden zu haben.

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Nach 1945 wurde es als Postgebäude weiter genutzt – die gesamte Infrastruktur war hier ja vorhanden – Telegrafennetz, Telefonkabel, Telefonvermittlung (Grundnetzknoten), abgehende Kabel usw. Da in der DDR nie viel Geld für Investitionen in die Infrastruktur bereitstand, kann man davon ausgehen, dass viele Jahrzehnte Technik genutzt wurde, die auf dem Stand der 1930er Jahre war.

Vermutlich in den 1970er Jahren wurde das Gebäude um einen Anbau erweitert; die Technik wurde modernisiert. Die vielen Standorte der NVA im weiteren Umfeld benötigten stabile Nachrichtenverbindungen. Im Innenhof wurde der Grundnetzknoten modernisiert und teilgeschützt untergebracht.

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Investitionen in neue Technik erfolgten danach erst wieder nach 1989 (und im Wesentlichen auch nicht mehr in diesem Gebäude).

Ab 2004 wurde das Gebäude dann nicht mehr genutzt und steht seitdem leer. Das leer stehende Gebäude bildet mit dem Kalenschen Tor noch immer ein schönes Ensemble.

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Quellen:

1) „Regierungsblatt Nr. 31 für das Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin“, Jahrgang 1851