WK II – H. Neben Mun. Anstalt Dresden

Ein eher unbekannter, fast vergessener und verschwundener Ort ist die Dresdner Heeres-Neben-Munitionsanstalt. Die noch vorhandenen spärlichen Reste liegen gut versteckt am Rande der Dresdner Heide.

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Ab 1873 wurde die Dresdner Albertstadt als militärische Planstadt gegründet und entwickelte sich in der Folgezeit beiderseits entlang der drei Kilometer langen Heerstraße (heute Stauffenbergallee) zu einem riesigen Kasernen- und militärischem Verwaltungskomplex. Zu den ersten Gebäuden gehörten neben der Artilleriekaserne auch das Arsenal nebst Artilleriewerkstätten und die Munitionsanstalt, die 1876 noch unter der Bezeichnung Pulver-Laboratorium fertig gestellt wurden. Östlich der Königsbrücker Straße und nördlich vom Arsenal wurde die Munitionsanstalt etwas später als Königlich Sächsische Munitionsfabrik und Munitionsanstalt betrieben.

Plan Albertstadt 1880

Übersichtsskizze der Albertstadt. Sämmtliche Militärbauten in Dresden. Blatt 2. Buchdruck, 10,7 x 16,5 cm (Blattgröße). Aus: Albertstadt. Sämmtliche Militärbauten in Dresden. Dresden, Verlag Adolf Gutbier, 1880. Bildnachweis: SLUB / Deutsche Fotothek / Ahlers, Henrik – Dieses Werk ist gemeinfrei (Public Domain Mark). https://www.deutschefotothek.de/documents/obj/72051745

Ab 1883 war die Kasernenstadt ein von der Stadt Dresden unabhängiger Gutsbezirk. Im Ersten Weltkrieg stieg die Belegung der Garnison Albertstadt auf über 45.000 Mann. In der Munitionsanstalt wurde hauptsächlich Artilleriemunition hergestellt. Im ersten Weltkrieg wurde in Dresden knapp 20% des Munitionsbedarfes des Heeres produziert. In den Jahren 1914 und 1915 entstand ein repräsentativer Verwaltungsbau für die Munitionsanstalt. 1915 arbeiteten etwa 3.500 Männer und Frauen rund um die Uhr in der Munitionsfabrik.

Am 28. Dezember 1916 explodierten große Teile der Munitionsfabrik. Der Schaden war gewaltig; er wurde auf 25 Millionen Reichsmark beziffert. Mehr als 20 Gebäude wurden völlig zerstört. Der durch die Explosion ausgelöste Brand griff auf einen im Verladebereich stehenden voll beladenen Munitionszug über, der ebenfalls explodierte und zudem etwa einen Kilometer Bahngleise zerstörte. Durch Explosion und Brand wurden 4,4 Millionen Gewehrpatronen, 577.000 Patronen für Pistolen, 2,5 Millionen Platzpatronen, 550.000 Zünder, 100 Tonnen Schießpulver, 95.000 Geschosse für Feldhaubitzen und 58.000 Geschosse für Leichthaubitzen zerstört. Ausgelöst wurde die Explosion durch fehlerhafte Munition, die von der Front zurückgeschickt worden war und im Depot Nr. 23 von Mitarbeitern der Munitionsanstalt untersucht wurde. Wie viele Menschenleben die Explosion gekostet hatte, ist nicht überliefert.

Der Brand konnte nach zwei Tagen gelöscht werden; wieder aufgebaut wurden die explodierten Gebäude nicht mehr. Durch neue Sicherheitsbestimmungen wurden die erforderlichen Mindestabstände zwischen Arbeitshäusern und Lagerhäusern deutlich erhöht.

Nach dem Ende des 1. Weltkrieges wurden sowohl die Kasernen als auch die Munitionsfabrik völlig ausgeräumt – entsprechend den Forderungen des Versailler Vertrages. Der Abriss der Gebäude konnte verhindert werden, weil die Gebäude der Munitionsfabrik für zivile Fertigungen vermietet wurden. Somit endete die Munitionsherstellung in Dresden 1918.

In den 1920er Jahren wurden die meisten (nun zivil genutzten) Gebäude modernisiert und erweitert. Es entstand ein florierender Industriestandort. Ab Mitte der 1930er Jahre wurde die Produktion der zivilen Fabriken auf Rüstungsgüter umgestellt; ob hier in Dresden wieder Munition produziert wurde, ist nicht ganz klar. Dagegen spricht der Status der Dresdner Munitionsanstalt als Heeres-Neben-Munitionsanstalt. In Neben-Munitionsanstalten wurde Munition nur gelagert – eine Laborierung von Munition fand dort im allgemeinen nicht statt.

Die genaue strukturelle Bezeichnung der Dresdner Heeres-Neben-Munitionsanstalt ließ sich nicht mehr ermitteln, sie gehörte jedoch zum „Wehrkreis IV“, Dresden.

Die erforderlichen Munitionslagerbunker befanden sich im nahe gelegenen Wald der Dresdner Heide. Im Zuge der Aufrüstung wurden in den 1930er Jahren weitere gebaut sowie die bereits vorhandenen modernisiert.

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Verschiedene Nutzungsperioden lassen sich beispielsweise noch an den erkennbaren Überresten der Belüftungsschächte der Munitionslagerbunker erkennen. Einige sind gemauert, andere aus Beton gegossen.

Den zweiten Weltkrieg und die Bombenangriffe auf Dresden überstand das Gelände der Munitionsanstalt nahezu unversehrt.

Der Krieg endete in Dresden mit dem Einmarsch der sowjetischen 1. Gardepanzerarmee und der 5. Gardearmee, die auch gleich dort blieben – bis 1994. Die Munitionsanstalt (die im Wesentlichen nur aus einem Lagerbereich bestand) wurde enteignet und unter sowjetische Verwaltung gestellt.

Nach der Gründung der NVA befanden sich die russischen Besatzungstruppen und die NVA-Truppen in recht räumlicher Nähe auf dem Gelände der Albertstadt – sehr wahrscheinlich wurden auch Teile des Munitionslagers der ehemaligen Munitionsanstalt durch die NVA als Artillerie-Munitionslager genutzt. Das Areal war durch eine Doppelzaunanlage gesichert, von der nur noch wenige Überreste im Wald herum stehen.

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Nach der Wiedervereinigung Deutschlands 1990 endete die Nutzung von Teilen des Munitionslagers durch die NVA. Nach dem Abzug der russischen Truppen im Jahre 1994 endete die militärische Nutzung des gesamten Geländes. Es wurde fast alles zurück gebaut und ist heute ein Gewerbestandort.

Ein paar Gebäude wurden erhalten und als Industriedenkmäler ausgewiesen.

Von den ursprünglich mindestens 28 Lagerbunkern der Heeres-Nebenmunitionsanstalt Dresden blieben nur einige wenige versteckt im Wald übrig.

Quellen:

[Hrsg.] Dresdner Geschichtsverein e.V.  „Dresden als Garnisionstadt“ in: „Dresdner Hefte. Beiträge zur Kulturgeschichte“, 16. Jahrgang, Heft Nr. 53, 1998 (Ausgabe 1) – veränderte Nachauflage 2012

Hübner, Ralf „Eine Munitionsfabrik explodiert in Dresden“, in: Sächsische Zeitung (0nline), 02.01.2022

SLUB / Deutsche Fotothek – Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden

Dresden – Malzfabrik Gebrüder Pick

Traurig stehen sie an einer viel befahrenen Hauptstraße: die Gebäudereste der Malzfabrik Gebrüder Pick, erbaut etwa 1875. Es ist die letzte authentisch erhaltene Malzfabrik von Dresden, die einst zu den größten in Deutschland gehörte. Die wuchtigen Zu- und Ablufttürme – vom Volksmund Max und Moritz genannt – beherrschen noch immer die Niedersedlitzer Skyline.

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Errichtet wurde sie (natürlich) an einer Bahnstrecke und besaß ein Industrieanschlussgleis. Durch mehrere Erweiterungen entstand auf etwa 10.000 Quadratmetern Grundstücksfläche ein großer Gebäudekomplex, der unter anderem enthielt: Kesselhaus und Maschinenhalle, Malztennen und Aufbereitungsräume, Malzsilos, Kohlensilo diverse Lagerräume usw.

Dresden - Malzfabrik Pick 12 Produziert wurde hier in großem industriellen Maßstab Braumalz zur Versorgung der unzähligen Dresdener Brauereien. Die Gerste kam in den Anfangsjahren zunächst per Schiff über die Elbe und wurde mit Fuhrwerken von der Entladestelle zur Malzfabrik transportiert. Das änderte sich erst, als der Gleisanschluss fertig gestellt wurde.

1915 wurde der letzte große Gebäudekomplex auf dem Gelände fertig. Mit dem Aufkommen erster Lastkraftwagen wurden Garagen erforderlich, die 1924 errichtet wurden.

Das Geschäft entwickelte sich prächtig. Für das Geschäftsjahr 1926/1927 wurde ein Reingewinn von 357.525,78 Reichsmark erzielt; im darauf folgenden Geschäftsjahr sogar mehr als 403.000 Reichsmark³.

1938 wurden die jüdischen Inhaber Carl und Hans Pick – als Erben der Unternehmensgründer Adolf und Moritz Pick – enteignet und aus der Malzfabrik Niedersedlitz K.G. Gebrüder Pick wurde die Malzfabrik Niedersedlitz AG. Gründungsdatum für die Malzfabrik Niedersedlitz AG ist der 02.08.1938. Ausgegeben wurden 3.500 Aktien zum Nennwert von je 1.000 Reichsmark. Geschäftszweck: Herstellung und Vertrieb von Malz und ähnlichen Erzeugnissen mit Fortführung des Unternehmens der Malzfabrik Niedersedlitz Kommanditgesellschaft, vormals Brüder Pick.

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Die mit der Durchführung der Gründung der Aktiengesellschaft beauftragte Hamburger Vereinsbank hatte 1938 versucht, Unternehmensanteile (in Form von Aktien) an die Unternehmensgruppe Dr. Oetker zu verkaufen, die jedoch nicht interessiert war.

Kommerzienrat Franz Pick (ebenfalls einer der Mitbegründer des Unternehmens) musste „die Arisierung“ seines Unternehmens nicht mehr miterleben; er starb 1932. Seine Witwe, Elisabeth Pick, nahm sich am 27. Januar 1942 das Leben, nachdem sie – damals schon 71 Jahre alt – den Deportationsbefehl nach Theresienstadt erhalten hatte.

1939 übernimmt die Malzfabrik Niedersedlitz AG die vollständige Aktienmehrheit an der ebenfalls in Dresden ansässigen Königs Malzfabrik AG. Neben Malz wurden hier Malzkaffee, Kaffeemischungen und Backhilfsmittel produziert. Interessanterweise saßen in diesem Unternehmens die Brüder Pick von 1920 bis 1937 im Aufsichtsrat, bis sie schließlich herausgedrängt wurden. Ob sie geahnt haben, dass sie bald ihr eigenes Unternehmen verlieren würden?

In den Jahren 1934 und 1940 wurden auf dem Gelände der Malzfabrik Luftschutzräume für die hier arbeitenden errichtet – vermutlich waren es nur ausgebaute Kellerräume. Zu sehen ist davon heute nichts mehr.

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Im Geschäftsjahr 1940/1941 (das Geschäftsjahr endete am 30.06.1941) erzielte die Malzfabrik Niedersedlitz AG einen Gewinn in Höhe von 173.848, 89 Reichsmark und zahlte an seine Aktionäre eine Dividende in Höhe von 6%. Für die Mitarbeiter gab es neben Weihnachtsgeld eine Sonderzahlung zum Jahresende und aufgrund des guten Betriebsergebnisses eine zusätzliche Zahlung. „Von Feiern, Ausflügen usw. wurde auch in diesem Jahre in Anbetracht des Krieges Abstand genommen. Wir haben einem großen Teil der Gefolgschaft mit ihren Frauen KdF-Urlaubsreisen gewährt und außerdem im Rahmen der Feierabendgestaltung verschiedentlich unseren Gefolgschaftsmitgliedern mit Familienangehörigen den Theaterbesuch ermöglicht.“ ¹

Der andauernde Krieg wirkt sich langsam auch auf die Arbeit der Malzfabrik aus. „Das abgelaufene Berichtsjahr [1941/1942] war für die Malzindustrie ein wenig erfreuliches. Infolge geringerer Rohstoffzuteilung wurden wir in der Produktion beeinträchtigt. Dazu kam, daß durch die ungünstige Witterung die Gersten mit einem derartigen Wassergehalt angeliefert wurden, daß sie für Trocknung und Bearbeitung erhebliche Aufwendungen erforderten. […] Auch im Berichtsjahr konnten wir Malz nur nach verschiedenen besetzten Gebieten exportieren.“ ² Für das Geschäftsjahr 1941/1942 wurde ein Gewinn in Höhe von 167.737,98 Reichsmark ausgewiesen, es erfolgte wieder eine Dividendenzahlung in Höhe von 6%

Inwieweit die Gebäude den zweiten Weltkrieg und die Bombardierung Dresdens im Februar 1945 überstanden bzw. mit welchen Schäden, ist nicht bekannt.

Nach 1945 wurde das Unternehmen zum VEB Malzwerke Dresden verstaatlicht und als eine von acht Mälzereien im VEB Dresdner Mälzereien weiter geführt. Die Bezeichnungen änderten sich mehrere Male. Zuletzt war die offizielle Bezeichnung: VEB Dresdner Mälzereien, Produktionsstätte Dresden, Henningsdorfer Straße. Aus der DDR-Zeit hat sich noch ein typischer Slogan an einer Fassade erhalten.

DDR Slogan

Umfangreiche Modernisierungen erfolgten 1956 – es blieben die letzten bis zum Ende der DDR. Als Bestandteil des VEB Getränkekombinat Dresden war die Malzfabrik auch in der DDR der wichtigste Zulieferer für die Dresdener Brauereien. Im Wesentlichen war der Gebäudestand bis zum Schluss der selbe, wie aus der Gründungszeit. Wie üblich, war in der DDR kaum Geld da für notwendige Instandhaltungen, so dass der Zustand der Gebäude und Einrichtungen sehr zu wünschen übrig ließ.

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1990 wurde die Malzfabrik durch die damalige Treuhandanstalt liquidiert und verfällt seit dem. 2015 träumte man noch von einer Rettung der Gebäude; geplant war die Umgestaltung zu Wohnungen. Irgendwie wurde nichts daraus. Vandalismus und mehrere Brände (zuletzt im November 2020) haben den Gebäuden inzwischen stark zugesetzt. Ein großer Teil ist nun einsturzgefährdet, ein teilweiser Zwangsabriss droht. Ein Schelm, wer böses dabei denkt… Unnötig zu erwähnen, das die Gebäude unter Denkmalschutz stehen.

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So schlimm, wie der Brand gewütet hat – er hat einige Details der ursprünglichen Stahlträgerkonstruktion freigelegt.

Detail Stahlträger

Der restliche Zustand der noch erhaltenen Gebäude ist – gelinde gesagt – beklagenswert.

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Quellen:

¹ „Geschäftsbericht der Malzfabrik Niedersedlitz Aktiengesellschaft in Niedersedlitz. Geschäftsjahr 1940/1941“, Bericht des Vorstandes, Oktober 1941

² „Malzfabrik Niedersedlitz Aktiengesellschaft. Geschäftsbericht 1941/1942“, Bericht des Vorstandes, 23. November 1942

³ Veröffentlichungen in „Deutscher Reichsanzeiger (Berlin)“, Nr. 6 vom 06.Januar 1928 und Nr. 5 vom 05. Januar 1929.

[Hrsg.] Arbeitskreis Gedenkbuch der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Dresden e.V. „Buch der Erinnerung. Juden in Dresden: Deportiert, ermordet, verschollen. 1933-1945“; Dresden, 2006

Finger, Jürgen / Keller, Sven / Wirsching, Andreas „Dr. Oetker und der Nationalsozialismus. Geschichte eines Familienunternehmens 1933-1945“, München, 2013

Hessel, Uwe „Zur Industriegeschichte der Stadt Dresden 1945 bis 1990. VE Getränkekombinat Dresden“; Eine Gemeinschaftsarbeit der Arbeitsgruppe Industriegeschichte mit dem Stadtarchiv Dresden, Arbeitsstand April 2007

„Kulturdenkmale im Freistaat Sachsen – Denkmaldokument 09212606 – Malzfabrik Gebrüder Pick, Malzfabrik Niedersedlitz“, Stand: 29.11.2022

Meinig, Rene „Teilabriss nach Brand in früherer Dresdner Malzfabrik“, Sächsische Zeitung (online), 05.11.2001

Netzwerk Industrie.Kultur.Ost „Malzfabrik Dresden“

Schmieder, Franziska „Zwei Flurstücke unterm Hammer. Teile der ruinösen Malzfabrik in Dresden-Niedersedlitz werden zwangsversteigert“, in: Dresdner Neueste Nachrichten (online), 18.10.2017

„Akute Einsturzgefahr. Stadt lässt Teil der alten Malzfabrik in Dresden-Niedersedlitz abreißen“, in: Dresdner Neueste Nachrichten (online), 05.11.2022

alle Bilder von Alexander Köhler, mit freundlicher Genehmigung

Dresden – Leipziger Bahnhof

An diesem Ort begann Dresdens Einstieg in das Eisenbahn-Zeitalter. Baubeginn war 1837 und schon ein Jahr später fuhr der erste regelmäßige Personenzug nach Radebeul-Weintraube. Schon 1839 – zwei Jahre nach Baubeginn (!) –  wurde dann die erste Eisenbahn-Fernverbindung zwischen Leipzig und Dresden in Betrieb genommen, die hier am namensgebenden Bahnhof ihren Endpunkt hatte.

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Etwa um das Jahr 1846 wurde am Leipziger Bahnhof in Dresden ein Kapitel Eisenbahngeschichte geschrieben: der Ablaufberg wurde hier – eher zufällig – erfunden. Begünstigt durch die leichte Hanglage fand man heraus, das es genügte, die zu rangierenden Wagen auf die leichte Anhöhe zu ziehen, dort abzukoppeln und die Wagen von alleine bergab rollen zu lassen. Durch geschicktes Weichenstellen konnten so die Züge schneller und mit viel weniger Rangieraufwand zusammengestellt werden. Eine Entdeckung, die sich schnell überall durch künstlich errichtete Ablaufberge durch setzte.

Welche Bedeutung der Bahnhof hatte, zeigt die Entwicklung der Zugleistung. Waren es zur Eröffnung 1837 nur drei tägliche Zugpaare, die hier fuhren, waren es 1876 schon 44 Personenzüge und mehr als 20 Güterzüge pro Tag. Der Bahnhof wuchs stetig und wurde permanent umgebaut, blieb aber immer zu klein.

In unmittelbarer Nähe zum Leipziger Bahnhof befand sich der Schlesische Bahnhof (Eröffnung 1847), an dem die Züge in Richtung Görlitz und weiter nach Schlesien starteten. Beide Bahnhöfe waren jedoch durch ihre Lage bahntechnisch schlecht miteinander zu verknüpfen. Diese gelang provisorisch durch eine Gleiskurve. Diese Lösung war aber verkehrstechnisch unbefriedigend.

So entschloss man sich zum Neubau eines Bahnhofes zwischen den beiden Bahnhöfen und zur Neuanlage von Gleisen. So entstand zwischen 1892 und 1901 der Bahnhof Dresden-Neustadt. Nach dessen Inbetriebnahme wurde nun sämtlicher Personenverkehr vom Schlesischen Bahnhof und vom Leipziger Bahnhof über Dresden Neustadt abgewickelt. Der Leipziger Bahnhof wurde zu einem reinen Güterbahnhof umgebaut. Nach 1990 wären weitere Investitionen erforderlich gewesen, zum Beispiel am Containerterminal. Durch die Verlagerung der Verkehrsströme von der Schiene auf die Straße wurden diese Investitionen jedoch nicht getätigt, was noch mehr zum Bedeutungsverlust des Güterbahnhofes beitrug. Gänzlich Schluss war nach dem Neubau eines Güter- und Rangierterminals im Jahre 2005. Seit dem liegt die Fläche des ehemaligen Leipziger Bahnhofes brach und die Stadt Dresden ringt um ein sinnvolles Nachnutzungskonzept.

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Die geplante Ansiedlung eines riesigen Supermarktes hat sich zerschlagen (zum Glück möchte man meinen), die neuen Pläne sehen eine Umgestaltung des Geländes unter Erhalt der historischen denkmalgeschützten Bausubstanz vor.

Quellen:

Herrmann, Sarah „Neue Visionen zum Alten Leipziger Bahnhof“, Sächsische Zeitung, 05.01.2020

Sacher, Christian „175 Jahre erste deutsche Ferneisenbahn Leipzig – Dresden“ in: „Sachsenbummel. Magazin für KulturGeschichte und Tourismus“, Nr. 84/2014, S. 38 ff.

Dresden – Universelle Werke (Tabakuni)

Das Gelände südlich der Bahnlinie entwickelte sich nach 1870 in der Dresdner Südstadt zu einem wichtigem Gewerbestandort.

1893 wurde die Firma Compagnie Universelle vom Ingenieur Otto Bergsträßer gegründet, die sich auf der Grundlage eigener Patente als Spezialhersteller für Zigaretten- und Verpackungsmaschinen schnell einen Namen machte. In der Zwickauer Straße 48 – 54 wurde 1898 der Hauptsitz neu errichtet, nach dem der ursprüngliche Sitz des Unternehmens zu klein geworden war.

Ab 1915 firmierte das Unternehmen unter dem Namen Universelle-Zigarettenmaschinenfabrik J.C. Müller & Co.

Durch die Übernahme verschiedener Dresdener Maschinenfabriken wuchs das Unternehmen schnell. Hergestellt wurde ein Sammelsurium an Maschinen: Spezialmaschinen für die Tabakbe- und Verarbeitung, Rohtabak-Mischanlagen, Röst- und Schneidemaschinen, Spezialmaschinen zur Herstellung von Zigaretten-Mundstücken, Schokoladenzigarettenmaschinen, Kühlmaschinen, Buchdruckmaschinen. Das drückte dann auch der neue Name des Unternehmens aus: Universelle-Werke J.C. Müller & Co.

Ab 1936 stieg der Anteil der Rüstungsproduktion. Hergestellt wurden nun unter anderem Flugzeugteile, Scheinwerfer, Torpedos und Maschinengewehre.

Die Anfang der 1940er Jahre neu errichteten Fabrik- und Verwaltungsgebäude gelten als markantes Zeichen der Industriearchitektur jener Zeit: repräsentativer und wuchtiger Kopfbau, rechteckiger Trakt mit langen Fensterachsen, die dem Gebäudeensemble ein wuchtiges Aussehen verleihen.

 

Im zweiten Weltkrieg wurden fast alle Betriebsteile zerstört oder schwer beschädigt und nach 1945 teilweise als Reparationsleistung demontiert. 1946 wurde das Unternehmen enteignet und zunächst als VEB Universelle Werke Dresden fortgeführt. Neben Maschinen für die Herstellung von Zigaretten wurden nun auch Stanz- und Druckmaschinen hergestellt.

1948 erfolgte eine Umbenennung in VEB Tabak- und Industriemaschinen (Tabakuni).

1972 erfolgte die Zusammenlegung mit dem VEB Verpackungs- und Schokoladenfabrik Dresden zum VEB Verpackungsmaschinenbau Dresden und war spezialisiert auf die Herstellung von Verpackungsmaschinen für die Nahrungs- und Genußmittelindustrie.

Der Produktionsstandort in der Dresdner Zwickauer Straße wurde zum Stammbetrieb des VEB Kombinat NAGEMA.

1990 erfolgte eine Teilprivatisierung – aus dem VEB Verpackungsmaschinenbau Dresden wurde die Verpackungsmaschinenbau GmbH Dresden und firmierte fortan unter dem Namen Pactec.

1994 wurde Pactec durch die Kölner Firma Rose-Theegarten übernommen und firmiert seit dem unter dem Namen Theegarten-Pactec.

1997 wurde der Standort in der Zwickauer Straße aufgegeben.

Pläne zur Nachnutzung der unter Denkmalschutz stehenden Gebäude als Innovationszentrum sollen ab 2017 umgesetzt werden.

Dresden – Teekanne

Das Gelände südlich der Bahnlinie entwickelte sich nach 1870 in der Dresdner Südstadt zu einem wichtigem Gewerbestandort.

In der Zwickauer Straße 27 siedelte sich die 1882 als Tee-Importfirma gegründete Firma Importhaus R. Seelig & Hille an. Hier wurde Tee und Teemischungen unter dem Markennamen „Teekanne“ verkaufte.

Die weltweite erste Teebeutelpackmaschine war 1929 serienreif und wurde weltweit vermarktet.

Nach 1945 wurde das Unternehmen enteignet. Das im zweiten Weltkrieg weitgehend unbeschädigt gebliebene Gebäude war nach 1948 der Sitz der Bau-Union Süd GmbH, die als Betrieb Brückenbau in den VEB Autobahnbaukombinat eingegliedert wurde.

1990 wurde das Unternehmen an die österreichischen Maculan-Gruppe verkauft und ging 1996 in Konkurs.

DD - Teekanne Seelig und Hillig Zwickauer Straße

Dresden – Alte Posthalterei

Entlang der Bahntrasse siedelten sich ab 1870 in der Dresdner Südstadt verschiedene Unternehmen an.

In der Feldschlößchenstraße 40 / Ecke Kunadstraße entstand dieses imposante Gebäude, das der Reichspost gehörte. Hier wurden Pferde und später Lastkraftwagen untergestellt; das Gebäude war auch Lager- und Versandort – heute würde man Postversandzentrum dazu sagen.

In den 1920er Jahren war hier auch der Sitz der Dresdner Motorwagen Gesellschaft m.b.H. Unter dem Namen „Hofmanns Rund und Vergnügungsfahrten“ wurden Stadtrundfahrten in Dresden angeboten.

Als einziges Gebäude der Vorkriegszeit überstand es die Zerstörungen des zweiten Weltkrieges.

DD-Posthalterei 02 - Feldschlösschenstraße