Bad Sülze – Sanatorium Moor- und Solebad

Norddeutschlands ältestes Sole- und Moorbad befand sich in der mecklenburgischen Kleinstadt Bad Sülze. Der lustig klingende Ortsname leitete sich vom lateinischen Wort für Saline ab und bedeutet frei übersetzt etwa „Ort an der Salzquelle“. Salz war viele Jahrhunderte der wirtschaftliche Motor dieser (heute) beschaulichen Stadt.

Solequellen wurden hier für die Salzgewinnung seit dem Mittelalter genutzt. Der wirtschaftliche Höhepunkt der Salzgewinnung war Anfang des 19. Jahrhunderts. Die ab 1774 mittels Gradierwerken angereicherte Salzlösung wurde etwa ab 1820 auch zu therapeutische Zwecken (Solbäder und Inhalation des salzhaltigen Sprühnebels) genutzt. Dies war so erfolgreich, das auf Initiative des großherzoglichen Leibarztes Samuel Gottlob Vogel zwischen 1822 und 1824 eine Sol-Badeanstalt  in der Nähe eines der fünf Gradierwerke gebaut wurde. Architekt war (ebenso wie für das etwas später gebaute Moorbad in Bad Doberan) der bedeutendste Architekt des Klassizismus in Norddeutschland: Carl Theodor Severin.

Glatt verputzt war nur der sogenannte Ostflügel, der die Zufahrt zum Sanatorium bildete. Eine halbrunde Vegetationsfläche mit zwei großen Bäumen schmückte den Zufahrtsbereich.

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Die anderen Gebäudeteile waren in Fachwerkbauweise ausgeführt.

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Seit 1871 befand sich hier auch eine Kinderheilstätte. In den Gartenanlagen wurden extra Spiel- und Tennisplätze angelegt. Im Jahre 1881 wird ein eigenes Kinder-Kurgebäude neben dem Hauptgebäude eingeweiht – die Kinderheilantalt „Bethesda“. Um das Jahr 1900 weilten jährlich zwischen 300 und 400 Kinder zu einem Kuraufenthalt in Bad Sülze. Die stark salzhaltige Wasserlösung (Sole) wurde für verschiedene kurative Anwendungen genutzt. 1901 kamen Moorbäder hinzu.

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Die gewerbliche Salzherstellung endete im Jahre 1907, das Gradierwerk „Friedrichsbau“, um das herum inzwischen ein Kurpark angelegt worden war, wurde nun ausschließlich zu kurativen Zwecken genutzt. Im „Bäder-Almanach“ aus jenem Jahr findet sich folgender Eintrag:

Bad Sülze in Mecklenburg-Schwerin. Grossherzogliches Sol- und Moorbad.

Hart an der Grenze von Pommern, Station der Bahnlinie Rostock –Tribsees – Grimmen ; von Berlin 4 1/2 Stunden, von Hamburg 5 Stunden Bahnfahrt. Das Bad nebst Kurhaus liegt inmitten eines grossen, schattigen Parkes, dicht an den Gradierwerken.

Kurzeit von Mitte Mai bis Ende September. Die Sole, welche seit 1822 zu Heilzwecken verwendet wird, hat in 1000 Teilen folgende feste Bestandteile: Chlornatrium 42,42, Chlorkalium 0,027, Chlormagnesium 3,332, Chlorcalcium 6,231, Eisen 0,035, schwefelsaurer Kalk 1,068, Brom, Jod, Mangan in geringeren Mengen. Das Moor enthält in 100 Teilen = 0,379 lösliches Eisen und 1,256 löslichen Schwefel. Die Sole findet Anwendung zu Bädern und Inhalationen (Inhalatorium: System Wasmuth. Kohlensaure Solbäder: System v. Orth) und hat sich bewährt bei: Skrofulose , Rachitis , Gicht , Rheumatismus , Hautkrankheiten , Frauenleiden und Katarrhen der Respirationsorgane.

An sonstigen Kurmitteln sind noch zu nennen: Milchkuren, Massage, Elektrotherapie.

Badeärzte : Sanitätsrat Dr. Krage, Dr. Frank. – Apotheker P. Meltz.

Das Kurhaus, neu restauriert, hat 50 Zimmer I. und 30 Zimmer II. Klasse. Sonstige Unterkunft in Hotels und Privatlogis. Sülze hat Post-, Telegraphen- und Telephonverbindung. Prospekte und Auskunft erteilen bereitwilligst die Badeärzte und der grossherzogliche Badepächter Emil Harder.“

Vor allem die Zeit der Hyperinflation in den Jahren nach dem ersten Weltkrieg brachte den Kurbetrieb fast zum Erliegen. Um das wirtschaftliche Standbein des Kurbetriebes für die Stadt zu sichern, gab es Bestrebungen der Stadtverwaltung, das Sanatorium zu übernehmen. Die Salzgewinnung war inzwischen vollständig zum Erliegen gekommen, alle Gradierwerke waren bis 1923 abgerissen worden, bis auf den von der Kurklinik genutzten sogenannten „Friedrichbau“.

Am 01. April 1927 wird die Kurklinik von den Heilstätten Mecklenburgischer Landeskrankenkassen e.G.m.b.H. zu Rostock übernommen; die Kurhausverwaltung hat ihren Sitz in Bad Sülze.

Bad Sülze - Lorenbahn 007In den folgenden Jahren wurde vor allem der Kurpark erweitert und umgestaltet, dessen Zentrum das letzte verbliebene Gradierwerk bildete.  Eine kleine Torflorenbahn wurde ebenfalls im Jahre 1927 errichtet. Sie transportierte den Torf von den Torfkuhlen bis zur „Moorküche“ des Badehauses.

Der Kurbetrieb läuft auch während des zweiten Weltkrieges, vorrangig für Kinder. Im Jahr 1944 wird das Gradierwerk durch Blitzeinschlag schwer beschädigt. Nach dem Krieg dienten die Sanatoriumsgebäude vermutlich als Unterbringungsmöglichkeit für Kriegsflüchtlinge und Vertriebene. Der Kurbetrieb wurde erst nach und nach wieder aufgenommen. In den 1950er Jahren war es die „Rheuma- und Kinderheilstätte Sol- und Moorbad Bad Sülze“. 1960 erhält der Ostflügel einen kleinen Anbau, der als Speisesaal genutzt wird.

Im Jahre 1970 wird das Gradierwerk abgerissen, nachdem sich langjährige  Pläne einer Reparatur zerschlagen hatten. Für die Solebäder wurden nun die oberflächennahen salzhaltigen Quellen genutzt. Im Jahre 1981 war auch damit Schluss; aufgrund des inzwischen schlechten Bauzustandes der Gebäude mussten Teile des Sanatoriums geschlossen werden – insbesondere die Solebad-Anwendungen fanden nun nicht mehr statt.

 

Aufgewertet wurde dagegen der Kurpark. 1980 wurde ein Heidegarten angelegt, zahlreiche Rhododendren und Dahlien angepflanzt. Die erste Dahlienschau 1981 machte Bad Sülze überregional bekannt und findet noch heute statt.

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Nach der politischen Wende 1989 / 1990 träume man von einer umfangreichen Sanierung der Kurgebäude und Anlagen; wahrscheinlich aus Kostengründen wurde jedoch ein Neubau bevorzugt, der im Jahre 1993 am anderen Ende der Stadt und etwas entfernt vom historischen Kurpark fertig gestellt wurde. Seit dem stehen die historischen Gebäude des Moor- und Solebades leer.

In den Jahren 2020 und 2021 wurde der Kurpark denkmalerecht saniert; seit 2021 hat das ehemalige Sanatoriumsgebäude neue Eigentümer.

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Quellen:

[Hrsg.]  Deutsche Stiftung Denkmalschutz „Historischer Kurpark in Bad Sülze wird denkmalgerecht restauriert“, online, veröffentlicht 05.07.2021 unter denkmalschutz Punkt de

[Hrsg.]  Stadt Bad Sülze – Verschiedene Informationstafeln vor Ort (Text und Redaktion: HORTEC Berlin, Salzmuseum Mecklenburg Bad Sülze); 2022

[Hrsg.] Statistisches Landesamt Mecklenburg – Schwerin „Mecklenburg – Schwerinsches Staatshandbuch“, Schwerin, 1930

[Hrsg.] Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Mecklenburg-Vorpommern  „Regionale Zentren der Gesundheitswirtschaft auf Basis der Thermalsolevorkommen in Mecklenburg-Vorpommern“, Expertise verfasst von „Reppel und Partner – Institut für Tourismus- und Kurorteberatung, Freizeit und Kulturmanagement (Karlsruhe)“, Kurzfassung 14. September 2007

„Bäder-Almanach. Mitteilungen der Bäder, Luftkurorte und Heilanstalten in Deutschland, Oesterreich, der Schweiz und den angrenzenden Gebieten für Aerzte und Heilbedürftige“, Berlin, 1907

„Baedeker. Reiseführer Mecklenburg – Vorpommern“, 2013, Eintrag zu „Bad Sülze“, S. 216

„Polyglott. Ostseeküste und Inseln on Tour“, Eintrag zu „Bad Sülze“, 2019


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waswostatus
Sanatorium Sol- und Moorbad Bad SülzeSalinenstraße 21a, Bad Sülzedenkmalgeschützte Gebäudehülle des Ostflügels